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Unter dem Räubermond

Unter dem Räubermond

Titel: Unter dem Räubermond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jewgeni Lukin
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blutsverwandt. In Größe und Körperbau unterschieden sie sich zwar ein wenig, doch die stumpfnasigen, breitknochigen Gesichter der Sekretäre waren sich erstaunlich ähnlich.
    Und erneut streckte der alte Verdacht seine zitternde, kalte Pfote unter die Rippen des ehrwürdigen Tamsaa aus.

15
    Die Wüste ist klein
    H ör mal, was soll ich denn nun mit diesem Lako machen? Er kommt ja heute und wird eine Antwort haben wollen …«
    Aliyat blickte von der auf dem Teppich ausgebreiteten Karte auf. »Nichts. Er war schon da.«
    »Und?«
    »Ich habe ihm gesagt, dass du einverstanden bist. Es wäre natürlich besser, ihn nicht zum Miteigentümer des Weißen Skorpion zu machen, aber …« Sie seufzte. »Wir brauchen das Geld. Hier in Turkla ist der Proviant sehr teuer …«
    »Ich versteh dich nicht«, sagte Ar-Scharlachi. »Mal meldest du mir alles, mal fragst du nicht einmal. Und wenn ich nun dagegen bin? Wenn er mir nicht gefällt?«
    Aliyat schüttelte nur widerwillig den Kopf und blickte erneut auf die Karte herab.
    »Suchst du, wo Scharlach sein könnte?«
    Statt einer Antwort hieb Aliyat mit der kleinen kräftigen Faust auf die Karte, und zwar nicht aufs Geratewohl, sondern gezielt, anscheinend auf eine Oase. Nachdem sie sie in Gedanken von der Karte getilgt hatte, blickte sie wieder auf, streckte den Rücken. Anscheinend galt ihr Zorn jemandem, der nicht in der Kajüte anwesend war.
    »Was wäre denn einfacher gewesen?«, fragte sie, wobei sie mit Mühe ihren Unmut bezwang. »Einfach in Turkla aufkreuzen! Nein, einen anderen hat er geschickt, um sich ja nicht blicken zu lassen …«
    »Vielleicht tut er recht damit …«, bemerkte Ar-Scharlachi, während er mit einer Goldmünze mit dem Profil Ulqars spielte. »Wozu ein unnützes Risiko eingehen?«
    Die Münze fiel immer wieder mit dem Kopf zuoberst. Man konnte dem Unerforschlichen und Unsterblichen einfach nicht entgehen … Ah, nein! Endlich zeigte sie Schrift und Blitz.
    »Na schön«, sagte er und steckte die Münze weg. »Ange nommen, wir haben Scharlach gefunden, und ich verschwinde … Und wie willst du das alles ebendiesem Lako erklären? Erst war da ein Scharlach, dann ist es ein anderer …«
    »Ich erklär’s irgendwie …« Aliyat runzelte die Stirn und rollte sehr langsam die Karte zusammen. »So ein Pech aber auch! Wenn ich am zweiten Tag bei dem Aufkäufer vorbeigeschaut hätte, dann hätte ich diesen … Abgesandten … getroffen. Aber eigentlich ist es gar nicht so schlecht! Wenn er ein Schiff kauft, heißt das, er hat den Schatz gehoben. Und dort muss man ihn suchen …«
    Wo genau das war, sagte sie nicht, und Ar-Scharlachi verspürte auch keinen besonderen Drang, das Versteck der Räu berschätze in Erfahrung zu bringen. Es war gefährlich, so etwas zu wissen.
    Jemand klopfte mit selbstsicherer Hand an die Tür der Kajüte.
    »Herein …«
    Mit wogenden, weiten weißen Mantelfalten trat Lako ein, schon nach Nomadenart gekleidet. Er war sichtlich beunruhigt.
    »Wann brechen wir auf?«
    »Morgen früh«, sagte Ar-Scharlachi.
    »Heute Nacht!«, warf Lako hin.
    Ar-Scharlachi und Aliyat schauten ihn fragend an.
    »Eine Galeere aus Sibra ist eingetroffen«, erklärte er. »Deinetwegen rüsten sie drei Karawanen aus. Eine fährt in den Trunkenen Schatten, zwei hierher, nach Turkla …« Lako schnalzte und blickte Ar-Scharlachi respektvoll an. »Na, das hat es noch nicht gegeben, dass sie wegen eines Räubers die ganze Flotte mobilmachen!«
    »Weißt du das genau?«, fragte Ar-Scharlachi kleinlaut.
    »Ich habe in Sibra«, erklärte Lako gewichtig, »einen Schreiberling, den ich bezahle. Also, vorgestern ist dort ein Befehl im Namen des Herrschers eingetroffen. Heute Morgen sollte er verkündet werden. Sie wären schon gestern ausgelaufen, es war nur nichts bereit, sie sind überrascht worden …«
    Lako hielt inne und begann wieder, Ar-Scharlachi besorgt zu mustern. »Irgendwas verheimlichst du mir«, tadelte er ihn träge. »Wegen zweier Schiffe und des Überfalls auf Ar-Maura würden sie nicht so einen Trubel machen. Und noch dazu im Namen des Herrschers!«
    »Na, du kannst immer noch aussteigen«, knurrte Ar-Scharlachi. »Wenn du es dir anders überlegt hast – ich halte dich nicht …«
    Lako grinste. »Du kränkst mich …«
    Er schaute abermals besorgt drein, schwieg. Anscheinend hatte er nicht nur diese eine Neuigkeit in petto.
    »Wir müssen also nachts auslaufen …«, wiederholte Lako nach einem Räuspern. »Denn morgen früh werden hier alle

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