Unter dem Safranmond
Rücken bekommen möchte …«, er strich über den ziselierten Griff und die Scheide des Dolches, den er im Gürtel trug, dann grinste er und wies auf Mayas linke Hand. »Nur den Ring müssen Sie abnehmen. Er ist zu verratend.«
»Verräterisch« , korrigierte Maya ihn schnippisch in einem Anflug von Trotz, über den sie selbst erschrak. Doch Rashad schien ihr diese vorlaute Bemerkung nicht übel zu nehmen.
»Verräterisch«, wiederholte er mit einem Neigen des Kopfes, als wollte er sich für seine fehlerhafte Ausdrucksweise entschuldigen.
Sie streifte den Ring ab, angelte unter dem Hemdkragen nach ihrer Kette, löste den Verschluss und fädelte den Ring auf, der unter feinem Klingen mit dem Medaillon zusammenstieß, ehe sie die Kette wieder umlegte und unter das Hemd gleiten ließ.
»Gehen wir.«
»Meine Sachen!«, rief Maya und hatte sich schon nach ihren Kleidern gebückt.
Rashad schüttelte den Kopf. »Nein, die bleiben hier.«
Maya schluckte. Es ging ihr nicht um das Kleid als solches, das konnte sie ohnehin nicht mehr anziehen, aber ihre vertraute, englische Kleidung hierzulassen gab ihr das Gefühl, unter keinen Umständen mehr in ihr altes Leben zurückkehren zu können. Doch da Rashad ihr offenbar keine Wahl ließ, atmete sie tief durch, mühsam ein Schluchzen unterdrückend, und folgte ihm.
Der Wachposten ging voraus, und am Ende des schmucklosen Korridors ließ Rashad Maya den Vortritt – vielleicht, um rasch eingreifen zu können, sollte sie einen weiteren Fluchtversuch wagen, wie sie überlegte. Den ganzen Weg die hohen Steinstufen hinab, die sich in rechtwinklig aufeinanderfolgenden Absätzen zwischen glatten, fensterlosen Wänden hindurchschoben, spürte Maya seine Anwesenheit in ihrem Rücken, wie die eines lebendigen Schattens. Abrupt endete die Treppe vor einem Türrahmen, durch den gleißend helles Sonnenlicht sie blendete, und sie traten über die Schwelle ins Freie.
Maya hatte in ihrem Kämmerchen, kühl gehalten durch die dicken Mauern des Gebäudes, schon fast vergessen, wie heiß es war. Drückend und kaum gemildert von der leichten Brise des nahen Küstenstreifens, schlug ihr die Luft entgegen, und sie kniff die Augen zusammen, um sie vor dem grellen Sonnenlicht zu schützen. Zu Pferd warteten schon drei von Rashads Männern, die Enden ihrer Turbane vor Nase und Mund geschlungen, was ihnen ein finsteres Aussehen gab und keine Rückschlüsse auf ihren Gesichtsausdruck erlaubte. Zwei reiterlose Pferde hielten sie von ihren quastengeschmückten Sätteln aus am Zaumzeug, und Maya runzelte die Stirn, als sie auf einem weiteren Djamila zu erkennen glaubte – im Herrensitz. Ihre Kleidung war so geschnitten, dass durch die seitlichen Schlitze des Gewandes ein violetter Futterstoff hervorschaute, darunter wurde ein weiter Hosensaum sichtbar, der einen Fußknöchel und einen festen Pantoffel sehen ließ, wie er für Arabien so typisch war: spitz zulaufend und aus braunem Leder mit eingeprägtem Muster und dünner, flacher Sohle.
»Warum muss ich mich als Mann verkleiden, wenn Djamila auch mitkommt – in ihren eigenen Sachen?«, beschwerte sie sich bei Rashad.
Einer seiner Mundwinkel hob sich leicht. »Für den Fall, dass Ihre Leute uns einholen, werden sie Djamila für Sie halten oder zumindest verwirrt sein. Das kann uns kostbare Zeit verschaffen. Außerdem«, eine Augenbraue zuckte, »gibt es sicher Dinge, bei denen Ihnen die Nähe einer Frau angenehmer ist als die eines meiner Männer.« Sein Blick ließ keinen Zweifel daran, welche Dinge er damit meinte, und Mayas Wangen brannten.
»Und der Sultan von Fadhli stellt Ihnen dafür gerne eine seiner Dienerinnen zur Verfügung – sowie ein Gefängnis für Ihre Geisel?«, entfuhr es ihr ein wenig zu rasch, um über ihre Verlegenheit hinwegzutäuschen.
Rashad antwortete nicht sofort, als müsste er ihren hastigen Wortfluss noch einmal überdenken, um ihn verstehen zu können, dann lachte er. »So ist es. Wie es bei uns heißt: Zwei Brüder gleichen zwei Händen – eine wäscht die andere.« Sein Lachen ging über in ein Lächeln. »Aber bitte, nicht Geisel – betrachten Sie sich als meinen Gast .« Maya schnaubte verächtlich, sagte aber nichts darauf.
Sie hatten die Reiter erreicht, und Rashad legte eine Hand auf die Kruppe des Fuchses mit leerem Sattel, der aber wie die anderen Pferde mit reichlich Gepäck beladen war, während er mit der anderen auf den Braunen daneben wies und Maya bedeutete aufzusteigen. »In solch einem Sattel
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