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Unter dem Safranmond

Unter dem Safranmond

Titel: Unter dem Safranmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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kann ich nicht reiten«, verkündete sie, immer noch mit der Absicht, möglichst viel Zeit bis zu ihrem Aufbruch herauszuschinden. Rashad sah sie fragend an. »Nicht so«, erklärte sie, und stellte zur Veranschaulichung des Unterschieds zwischen Herren- und Damensattel die Beine in den weiten Hosen einen Fußbreit auseinander, um sie gleich darauf wieder zusammenzupressen und anmutig seitwärts die Knie zu beugen. »Sondern so.«
    »So ist es aber besser«, nickte Rashad ihr zu und zeigte auf den Sattel.
    »Ich kann das trotzdem nicht«, beharrte Maya und zuckte zusammen, als sie bemerkte, wie dünn und schrill ihre Stimme klang, sie ihre Augen groß und rund machte und ihre Lider flatterten. Wie Angelina , fuhr es ihr durch den Kopf, ich benehme mich wie Angelina! Verblüfft vergaß sie für einen Moment alles um sich herum. Wo Maya ohne Umschweife gefragt und ihre Bitten vorgebracht hatte, hatte Angelina umschmeichelt, becirct, geschmollt, um an ihr Ziel zu gelangen. Weil sie wusste, dass man einem solch charmanten, schwachen Frauenzimmer nichts abschlagen konnte, während Maya mit ihrer direkten Art oft angeeckt war – und nun, da sie nicht einfach sagen konnte: »Ich will nicht mitkommen«, verfiel sie, ohne nachzudenken, auf die gleichen Taktiken wie ihre Schwester. Hatte Angelina sich etwa nicht nur deshalb dieses Getue angewöhnt, weil man von ihr erwartete, sich so zu verhalten, sondern auch aus einer Mischung aus Machtlosigkeit und Unsicherheit heraus, aufgrund derer sie stets ein unverblümtes Nein fürchtete?
    »Auch wenn wir morgen noch hier stehen«, riss Rashads Stimme sie aus ihren Überlegungen, »nützt Ihnen das nichts. In Aden weiß niemand, dass wir hier sind. Ihre Leute wissen nur, dass es nach Ijar geht. Mehr nicht.«
    Noch halb mit ihren Gedanken bei Angelina und beschämt darüber, dass er ihre Verzögerungstaktik so leicht durchschaut hatte, angelte Maya mit dem Fuß nach dem Steigbügel. Erst im vierten Anlauf gelang es ihr, sich hochzuhieven und das andere Bein über den Pferderücken zu werfen. Aber kaum hatte sie sich im Sattel niedergelassen, geriet sie auch schon ins Wanken, sodass Rashad den Arm nach ihr ausstreckte, Halt anbietend, ohne sie dabei zu berühren. »Geht es?«, fragte er leise. Maya nickte hastig mit hochrotem Gesicht, als sie sich zurechtsetzte. Sie sah zu, wie er sich scheinbar ohne Anstrengung auf sein eigenes Pferd schwang und sich von einem seiner Männer ein langes Schwert reichen ließ, die Scheide an einem langen Lederriemen umschnallte, ebenso ein Gewehr, dessen Gurt er sich umhängte. Waffen, wie sie auch jeder der drei anderen Männer bei sich trug, ebenso wie eine djambia im Gürtel über dem weiten blauschwarzen Hemd. Rashad verhüllte die untere Hälfte seines Gesichtes mit dem Ende des Kopftuches, und auf eine entsprechende Geste von ihm hin tat Maya es ihm gleich. Er hob die Hand in Richtung des Wachpostens, der diesen Gruß auf die gleiche Art erwiderte. » Yalla , los!«, ertönte gedämpft Rashads Befehl, und der Tross setzte sich in Bewegung, die Piste aus Sand, Schotter und Palmen entlang, die Maya von ihrem Fenster aus gesehen hatte. Gemächlich, als gäbe es wirklich keine Eile, nach Ijar zu gelangen.
    Maya warf einen ersten, zweiten und letzten Blick auf den »Palast« des Sultans von Fadhli – ein einfacher Steinklotz auf ebenem, staubigem Grund vor einer rauen Wand aus schwarzem Fels. Ockerfarbig wie die Wände in seinem Inneren, bestand der einzige Schmuck dieses Gebäudes aus den verschnörkelten, weißen Bordüren, mit denen die simplen Fensteröffnungen ummalt waren. Sie wandte den Kopf und sah zur Stadt hinüber, deren Mauern die Helligkeit des Morgens fast schmerzhaft zurückwarfen. Lichtfunken blitzten auf der grünblauen Fläche des Meeres, das weiß aufschäumte, wo es sich an Felsen brach. Todesangst stieg plötzlich in Maya auf und nahm ihr die Luft zum Atmen. Bitte, lass Coghlans Männer uns aufspüren, uns den Weg abschneiden – lass sie mich hier herausholen! Ihre Finger krampften sich um die Zügel. Rashad langte herüber und ließ seine Finger sacht für einen Moment auf dem Hals von Mayas Pferd ruhen, schloss die Lider und öffnete sie wieder. Die Haut um seine Augen, die von so dunklem Braun waren, dass sie fast schwarz wirkten, legte sich in Falten, wie zu einer stummen Ermunterung, ehe er seinen Fuchs antraben ließ und sich an die Spitze des Zuges setzte. Die Reiter formierten sich neu – Djamila ritt zu Mayas Linken

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