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Unter dem Safranmond

Unter dem Safranmond

Titel: Unter dem Safranmond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: N Vosseler
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versuchte sie ihren Aufbruch hinauszuzögern, wie sie es sich nach ihren Grübeleien der letzten Nacht zurechtgelegt hatte, in der Hoffnung, Coghlans Männer folgten vielleicht schon ihrer Spur. Sie sah, wie Rashad einen Blick auf den zu gut zwei Dritteln leeren Teller warf, den die Frau in den Händen hielt, er seine Lippen zu einem verhaltenen Schmunzeln aufwarf, und ihre Röte vertiefte sich. »Djamila und ich werden vor der Tür warten, bis Sie fertig sind«, sagte er nur, und bedeutete der Frau mit einem Rucken des Kopfes, ihm zu folgen.
    Mit betretenem Gesichtsausdruck saß Maya noch einen Augenblick lang da, seufzte dann tief auf und fügte sich. Noch während sie aufstand, öffnete sie die Knöpfe an der Vorderseite des Kleides und schälte sich heraus, hakte das Taillenmieder auf, schlüpfte aus den zwei leichten Sommerunterröcken und ließ achtlos alles auf das Strohlager fallen, neben dem sie in der späten Nacht ihre Schuhe abgestellt hatte. Gründlich und voller Wohlbehagen wusch sie sich und trödelte dabei mit genüsslicher Boshaftigkeit herum, entwirrte ihr Haar mit dem Kamm und steckte es mehr praktisch denn kunstfertig zu einem festen Knoten auf. In Strümpfen und Unterwäsche stand sie einen Moment lang da, unschlüssig, ob sie sie anbehalten sollte, ehe sie das verschlusslose Hemd und die weiten Hosen mit der Kordel im Bund darüberzog, den breiten Gürtel um ihre Taille schnallte. Ebenso wie das Hemd war ihr dieser etwas zu groß, sodass er ihr auf die Hüften hinabrutschte. Mit spitzen Fingern griff sie zu den Stiefeln, hielt sie in vorsorglichem Abstand von sich und schnupperte hinein. Erneut seufzte sie. Sie waren unzweifelhaft getragen, aber mit Strümpfen würde es gehen, und so schlüpfte sie tapfer in die Stiefel, die nur ein wenig zu groß für sie waren. Blieb nur noch der mehrere Hand breite Tuchstreifen für den Kopf. Maya ließ ihn nachdenklich durch die Finger gleiten und blickte zum Fenster hinüber. Ob er wohl lang genug wäre, um … Mit Blicken tastete sie die Umgebung des Fensters ab, schließlich den ganzen Raum, und stellte enttäuscht fest, dass es nichts gab, woran sie den Stoff hätte festknoten können, um wenigstens einen Versuch zu unternehmen, sich durch die Öffnung hindurchzuschieben und dann abzuseilen. Missmutig wickelte sie das Tuch rein nach Gefühl um ihr Haar und ließ das Ende locker auf ihre Schulter herabhängen. Sie kam sich reichlich lächerlich vor, wie ein Mohr in einer Weihnachtsaufführung. »Fertig«, rief sie unfreundlich zur Tür hin. Als Rashad hereinkam, brach er in lautes Lachen aus, ein Lachen, das von tief unten aus seinem Körper kam und zwei Reihen ebenmäßiger, weißer Zähne sehen ließ. Maya kochte vor Wut und sah im wütend entgegen.
    »So sieht jeder auf große Entfernung, dass Sie keiner von uns sind!« Er deutete auf seine eigene Kopfbedeckung. »Sie tragen es falsch.« Zornig riss Maya sich den Turban in einem Stück herunter und strich sich über das Haar, stopfte zwei Strähnen, die sich gelöst hatten, zurück in den Knoten.
    »Darf ich?« Noch immer leise lachend, streckte er die Hand nach dem Tuch aus. Maya antwortete nur mit einem Achselzucken, reichte es ihm aber. »Die keffiyeh gibt es in ganz Arabien«, erzählte er, während er die Wicklungen des Stoffes entfaltete. »In verschiedenen Formen, Farben und Mustern. Am Tuch und wie man es trägt, erkennt man, wo ein Mann hingehört, zu welchem Stamm.« Unwillig ließ Maya es geschehen, dass er die Stoffbahn erneut um ihren Kopf schlang, spürbar darum bemüht, sie nicht mehr als nötig dabei zu berühren. »Das hier«, er hielt das freie Ende vor ihren Mund und ihre Nase, »können Sie gegen Wind und Sand hier rüberlegen und da festmachen«, er wies auf eine Stelle über ihrem rechten Ohr. Maya nickte ungeduldig und bog den Kopf nach hinten. Seine unmittelbare Nähe, so dicht, dass sein Atem sie streifte, löste Unbehagen in ihr aus, obwohl Rashad einen angenehmen Geruch verströmte, zedernholzähnlich, nach Leder, sonnengebleichter Baumwolle und Salz. Als hätte er etwas gespürt, trat er drei Schritte zurück und musterte sie eingehend, was Maya sich keineswegs wohler fühlen ließ. Er nickte, scheinbar zufrieden mit seinem Werk. »Gut. So können Sie aus der Ferne als junger Stammeskrieger durchgehen. Eigentlich gehört noch so eine djambia dazu, wie sie jeder Knabe erhält, sobald er in den Kreis der Männer aufgenommen wird. Aber da ich so eine nicht des Nachts in den

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