Unter dem Schwertmond
dass Beklemmung und Grauen mit jedem Schritt geringer wurden. Er erreichte Kalathee und Samed und sagte: »Wir lagern hier am Ende der Straße. Seid darauf vorbereitet, schnell wieder aufzubrechen.«
»Was hast du vor?« fragte sie. Die Prinzessin saß schreckerfüllt im Sattel. Kalathee hielt die Zügel des Pferdes.
»Warte. Es dauert nicht lange.«
Einige Fackeln warfen ihr zuckendes Licht auf die kleine Gruppe. Luxons Männer banden die Pferde fest und luden einige Vorräte von den Diromen-Tragegestellen ab. Hektische Unruhe beherrschte die Karawane.
Kalathees Augen, die eben noch Luxon fest angestarrt hatten, verloren ihr Ziel und schweiften zur Seite. Dann blickte sie, außerhalb Luxons Blickfeld, auf die Felsen. Luxon folgte der Richtung und sah einige Silhouetten, die sich schwach gegen den Horizont abhoben. Auf einigen Hügeln oberhalb der Geisterstadt tauchten Vogelreiter auf. Fast jeder, den er sehen konnte, trug eine Fackel.
Luxon knurrte verblüfft: »Es müssen die Rebellen und Wegelagerer von Hodjaf sein!« stieß er hervor.
»Diese Nacht, Luxon«, sagte Kalathee schaudernd, »wird viele von uns umbringen.«
»Die Nacht hat eben erst angefangen«, entgegnete er.
»Und wenn jemand umgebracht wird, ist er selbst daran schuld.« Luxon gab Samed den Zügel des Pferdes, ging zu dem unruhigen Diromo und holte die Waffen Mythors hervor. Er wechselte den Helm aus und schloss die Schnalle, die Mythors Helm der Gerechten hielt. Ihm war plötzlich, als würden die Schrecken der Dämonen und dieses geisterhaften Tals zurückgedrängt.
»Ein magischer Helm, ich weiß!« sagte sich Luxon und vertauschte seine eigenen Waffen gegen die Ausrüstung Mythors. Er war plötzlich sicher, dass er sie in dieser Nacht brauchen würde. Immer wieder blickte er über die Karawane hinweg und auf die Hügel. Inzwischen sah er mindestens zweihundert der Krieger, von denen er überfallen worden war. Falls Hodjaf in dieser Nacht angriff, würde es ein Desaster geben.
Eine Gruppe Vogelreiter kam von den Hügeln herunter. Sie ritten ohne jede Eile auf das Felsentor zur Geisterstadt herunter.
Noch immer ertönte, unverändert, das wimmernde Heulen aus dem Tal.
»Verdammt! Bei den Sünden Shallads!« knurrte Luxon und fühlte sich im Schutz der magischen Waffen weitaus wohler als noch einige Momente zuvor. Er sah, dass seine Krieger für die Zeit der Rast nicht einmal ihre Schilde ablegten. Zwei Feuer brannten im Zentrum des Kreises.
Über das Heulen der Ausgestoßenen hinweg erscholl eine Stimme zur Karawane herunter: »Hodjaf, der Vogt der Schrunde, der Herrscher über dieses Gebiet, wartet nicht mehr lange. Ergebt euch, und ihr behaltet euer Leben!«
Algajar kam herangeritten und gesellte sich zu der Gruppe, die aus der Prinzessin, Kalathee, Samed und Luxon gebildet wurde. »Ich habe nicht erwartet, dass uns Hodjaf folgt«, erklärte er hart. »Ich werde mit euch kämpfen, Luxon. Aber es ist besser, die Karawane reitet in schärfster Geschwindigkeit mitten durch die Geisterstadt und am anderen Ende hinaus. Die verdammten Rebellen wagen es nicht, Deneba zu betreten.«
Du gewissenloser Schuft, dachte Luxon und antwortete so ruhig wie möglich: »Wir werden sehen. Meine Männer jedenfalls sind bereit, sich bis zum Letzten zu verteidigen.«
Die Mitglieder der Karawane aßen und tranken, ohne in ihrer Wachsamkeit nachzulassen. Einige Zeit verging, ohne dass sich viel änderte. Nur einige Dutzend der fackeltragenden Wegelagerer kamen näher heran. Erwartungsvolle, lastende Stille lag über der Karawane. Plötzlich tauchten zwischen den ersten leuchtenden Felsen seltsame Gestalten auf: ein einzelnes Diromo, auf dessen Körper eine kleine, dürre Gestalt kauerte, und einige Krieger, die neben dem Vogel auf ihren Pferden saßen. Am Zeichen auf dem Schild erkannte Luxon seinen Pfader.
»Shakar!« flüsterte Luxon.
Algajar hatte es nicht verstanden. Aber zusammen mit einigen anderen drängte er sein Pferd nach vorn, um die seltsame Erscheinung zu sehen. Die hell brennenden Fackeln von Socorra und seinen Männern machten die seltsame Szene deutlicher, je näher sich die beiden Gruppen kamen.
Einige Schritte trennten die beiden Gruppen voneinander. Die Gestalt auf dem Diromo hob einen Arm und deutete mit zitternden und weit gespreizten Finger auf Algajar.
Luxon erkannte die Stimme Shakars nicht mehr wieder. Sie war von überraschender Schärfe, grell und hart. Es war, als würde der alte Mann für diesen Moment alle seine
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