Unter dem Teebaum
fühlst dich wie neugeboren.«
Amber sah auf ihre Armbanduhr. Es war gerade zwei Uhr am Nachmittag. Sie hatte Zeit. Und Maggie hatte recht. Wann hatte sie sich je ein neues Kleid gekauft? Wann einen neuen Lippenstift? Sie konnte sich nicht daran erinnern.
»Wie wär’s?«, fragte sie Maggie. »Hast du Lust auf einen Stadtbummel? Ich glaube, ich könnte eine Beraterin gut gebrauchen.«
24
Du siehst wunderschön aus!« – Ralph stand vor Amber und betrachtete sie mit großen Augen.
Amber griff sich verlegen in die neue Frisur und strich dann über das Kleid, das sie mit Maggie zusammen gekauft hatte. Sie fühlte sich noch ein wenig unwohl in dem eng anliegenden, durchgeknöpften Kleid, das ihre Figur betonte und sich wie Seide an ihre Oberschenkel schmiegte.
Doch die schlammgrüne Farbe betonte ihre Augen und das satte, glänzende Braun ihrer Haare. Der neue Lippenstift, ein warmer rotbrauner Ton, gab ihrem Gesicht einen weichen Zug.
»Gefalle ich dir?«, fragte Amber und schwankte zwischen Verlegenheit und Stolz. »Wie findest du mein Haar? Und was sagst du zu meinem Kleid? Meinst du, der Lippenstift steht mir?«
Ralph zog sie in seine Arme, roch an ihrem Haar. »Du bist wunderschön, Amber. Deine Frisur macht dich jung und frisch, das Kleid ist wie für dich gemacht, und der Lippenstift macht Lust, dich zu küssen.«
Lachend machte Amber sich los. Sie liebte Ralph. Ja, das tat sie. Von ganzem Herzen sogar. Aber zwischen ihrem letzten Zusammensein in Sydney war so viel Zeit vergangen. Sechs Jahre beinahe. Amber war älter geworden. Erst kürzlich hatte sie bemerkt, dass die Haut an ihren Oberarmen schlaffer geworden war. Auch der Bauch war nicht mehr so flach wie früher. Würde sie ihm noch gefallen? Sie hatte Angst und fühlte sich ein bisschen wie ein junges Mädchen vor dem ersten Rendezvous. Ich habe so wenig geliebt in meinem Leben, dachte sie. Ich weiß gar nicht, ob ich das überhaupt noch kann.
Sie nahm Ralph am Arm. »Lass uns in die Outback-Station gehen. Emilia hat einen Tisch unter den Akazien für uns reserviert. Und Maggie hat gekocht. Ich bin sehr gespannt, was sie uns servieren werden.«
Hand in Hand schlenderten sie hinüber zur Station. Emilia hatte den Tisch mit besonderer Sorgfalt gedeckt. Die Korbsessel hatten grüne Kissen, die Tischdecken waren mit Weinranken bestickt, in der Mitte stand ein silberner Leuchter.
Ralph und Amber waren die einzigen Gäste. Normalerweise hatte die Outback-Station an diesem Tag ihren Ruhetag. Doch für Ralph und Amber hatte das Team eine Ausnahme gemacht.
Die Arbeiter des Gutes kamen aus den Weinbergen und schlenderten müde an ihnen vorüber. Sie nickten zum Gruß und tippten sich an ihre Hüte, ehe sie in ihrem Steinhaus verschwanden.
Harry war nicht dabei, doch Amber maß diesem Umstand keine Bedeutung zu. Vielleicht kam er noch, vielleicht hatte er anderswo zu tun gehabt.
Während Emilia den Wein holte, saßen sich Amber und Ralph gegenüber. Auch bei ihm war eine leichte Befangenheit zu spüren. Zögernd griff er über den Tisch nach ihrer Hand.
»Es ist wundervoll, hier mit dir zu sitzen«, sagte er leise. »Ich hatte nicht mehr daran geglaubt, jemals wieder mit dir allein zusammen sein zu können.«
Amber lächelte. Ich muss ihm erzählen, warum ich Steve rausgeworfen habe, dachte sie. Doch der Abend war so schön, der Wein so gut und Maggies Essen so köstlich, dass Amber es auf später verschob. Genüsslich kostete sie von dem Lammbraten, der in einer Soße aus Wildhonig und in einem Bett von Buschsamen lag.
Auch Ralph fragte nichts. Es schien, als würde es ihm genügen, Amber in seiner Nähe zu wissen. Nur einmal sagte er: »Ich habe all die Jahre auf dich gewartet, Amber. Aber das war keine Heldentat. Wie gern hätte ich mich wieder verliebt, nachdem du mich zurückgewiesen hast. Aber welche Frau ich auch traf, ich musste immer an dich denken, habe die anderen immer mit dir verglichen.«
»Ich habe Steve nie geliebt. Das weißt du, Ralph, nicht wahr?«
Ralph nickte. »Deshalb habe ich auch nie verstanden, warum du bei ihm geblieben bist. Es schien, als würdest du eine Pflicht erfüllen.«
Amber sah ihn an. Sie sah in seine Augen und fand darin die Liebe, nach der sie sich so gesehnt hatte. Sie konnte ihm vertrauen, das wusste sie ganz sicher.
»Ja, es war eine Pflicht. Eine Schuld musste abgetragen werden. Es war nicht meine Schuld. Jetzt ist alles vorbei. Jetzt bin ich frei.«
Frei für dich, hätte sie am liebsten gesagt, doch
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