Unter dem Teebaum
würden sie vielleicht einen Kaffee oder ein Glas Wein auf der Veranda trinken. Was weiter geschah, überließ Amber dem Zufall und der Stimmung. Aber sie freute sich darauf. Wenn sie an Ralph dachte, spürte sie ein Kribbeln im Bauch.
Was werde ich anziehen, überlegte sie. Ob ich mein Haar färben soll?
Sie hatte noch keine Antwort gefunden, als das Licht von Autoscheinwerfern, die vom Feldweg in die gekieste Auffahrt bogen, seine Spuren an die Decke malte.
Amber stand auf. Sie schlüpfte in eine Hose, zog ein T-Shirt über den Kopf und eine Strickjacke darüber. Sie wollte nicht im Nachthemd vor Steve erscheinen.
Mit angehaltenem Atem und klopfendem Herzen löschte sie das Licht der Nachttischlampe und stellte sich seitlich ans Fenster, sodass sie ihn gut sehen konnte, aber selbst unentdeckt blieb.
Steve stieg aus dem Wagen und schlug die Tür lässig und ohne Rücksicht auf die Schlafenden ins Schloss. Dann pfiff er – ebenfalls sehr laut – einen Schlager, der gerade auf allen Radiostationen lief.
Er war bester Laune, riss sich auf dem Weg zum Haus den Schlips vom Hals, doch plötzlich stutzte er. Er musste seine Sachen auf der Veranda entdeckt haben.
Sein Blick huschte an den Fenstern des Gutshauses entlang, doch alles war dunkel und still.
Er fluchte leise, kratzte sich am Hinterkopf, dann angelte er den Schlüssel aus seiner Hosentasche, und wenig später hörte Amber ihn im Schloss rumoren.
Sie hielt den Atem an. Ihr Herz klopfte mit schnellen Schlägen gegen ihre Rippenbögen. Kurz dachte sie an Emilia. Stand sie jetzt ebenso neben dem Fenster wie sie selbst? Weinte sie gar? Wie weh tat es ihr, den Vater vor der verschlossenen Tür zu sehen? Doch dann fiel Amber ein, dass Emilia bei Jonah in der Jagdhütte war. Sie war nicht allein, konnte ihren Schmerz teilen.
Als die ersten Schläge gegen die Tür wummerten, atmete Amber beinahe vor Erleichterung auf. Sie hatte mit Steves Zorn gerechnet. Jetzt war er da. Zuerst schlug er nur mit den Fäusten dagegen. Sie hörte ihn schreien: »Amber, mach sofort die Tür auf! Los, habe ich gesagt. Peena, komm her!«
Er hielt inne, doch als im Haus alles ruhig blieb und sich niemand anschickte, ihn einzulassen, begann er gegen die Tür zu treten. Seine genagelten Stiefel traten gegen das Holz, und Amber glaubte, bei jedem Tritt die Tür splittern zu hören.
Dabei schrie er nach Leibeskräften. »Mach sofort die Tür auf, Amber. Meine Geduld ist am Ende. So einfach wirst du mich nicht los. Du wirst den Rest deines Lebens an mich denken. Mach sofort auf, wenn du nicht willst, dass ein Unglück geschieht.«
»Langsam, Boss, langsam.« Bobs Stimme hatte etwas Beruhigendes.
Ohne dass Steve ihn bemerkt hatte, war er von seinem Korbsessel aufgestanden und auf die Veranda gekommen. Nun stand er hinter Steve und legte ihm begütigend eine Hand auf die Schulter.
»Was willst du? Scher dich ins Bett, damit du morgen bei der Arbeit ausgeruht bist«, herrschte Steve den Arbeiter an. »Los, hau ab, du Laus, ehe ich dir Beine mache. Das hier ist eine Angelegenheit zwischen meiner Frau und mir. Ein Missverständnis.«
Amber sah, wie Bob den Kopf schüttelte. »Ich glaube nicht, dass hier ein Missverständnis vorliegt. Die Lage ist eindeutig. Dort stehen Ihre Sachen, Boss, und die Schlösser wurden ausgewechselt. Verstehen Sie die Botschaft?«
Steves Stimme klang jetzt drohend. Amber sah, dass er Bob am Kragen gepackt hatte. »Misch dich hier nicht ein, habe ich gesagt. Hau ab, Mann!« Er schüttelte Bob, dann ließ er ihn so überraschend los, dass der Mann ein wenig nach hinten taumelte. Doch er fing sich sofort wieder und begann sich ganz langsam die Ärmel hochzukrempeln.
»Die Missus möchte Sie nicht mehr hier haben. Nehmen Sie es hin, Boss. Ich helfe Ihnen, die Sachen in den Landrover zu packen. Die Missus wird nichts dagegen haben, dass Sie das Auto benutzen.«
Amber hörte keine Antwort. Alles, was sie hörte, war ein Schlag. Sie trat nun an das Fenster und sah hinaus. Bob lag am Boden, schützte mit den Armen seinen Kopf und versuchte, Steves Stiefeltritten auszuweichen. Amber riss das Fenster auf: »Hör auf! Hör sofort auf damit, Steve, oder ich rufe die Polizei!«
Dann schlug sie das Fenster zu, um den Tobenden von Bob wegzuholen.
Als sie herunterkam, waren die anderen Arbeiter schon da. Zwei hielten Steve fest, der keuchte, als habe er mit einem Bären gerungen, einer kniete neben Bob, der am Boden lag und sich die Seiten hielt.
Nur Harry stand
Weitere Kostenlose Bücher