Unter dem Teebaum
zweites Leben. Und ich schwöre bei Gott, dass es ein gutes Leben werden wird.«
Amber war in Tanunda beim Friseur gewesen, um sich das Haar färben zu lassen.
Zufällig saß Maggie neben ihr auf dem Stuhl und ließ sich das Haar frisch locken.
»Wir sind alt geworden, was, Amber?«, fragte sie und strich sich seufzend über die Falten an den Augenwinkeln.
»Ja«, stimmte Amber zu. »Aber der schönste Teil unseres Lebens beginnt jetzt erst.«
Maggie lächelte. »Du hast Steve rausgeworfen, erzählt man sich.«
»Stimmt«, war alles, was Amber sagte.
Maggie sah sie forschend an, dann seufzte sie. »Mag sein, dass für dich ein neues Leben beginnt. Ich hänge in meinem alten Leben fest und frage mich manchmal, worin eigentlich der Sinn dieses Lebens besteht.«
»Solche Fragen führen zu nichts, Maggie. Du hast eine wunderbare Tochter, einen guten Mann. Du bist gesund, und für das Finanzielle ist auch gesorgt.«
»Diana wird uns bald verlassen. Sie wird heiraten und nach Adelaide ziehen.«
»Aber das ist doch wunderbar, Maggie. Herzlichen Glückwunsch.«
»Dann bin ich allein. Was soll ich den ganzen Tag lang tun? Mit dem Haushalt bin ich schon vormittags fertig. Jake kommt erst am Abend nach Hause. Oh, Amber, du hast einen Beruf und weißt sicher gar nicht, was Langeweile ist. Ich beneide dich darum. Im Grunde habe ich dich immer beneidet.«
Amber zuckte mit den Achseln. »Ich fürchte, ich hatte in den letzten Jahren viel zu wenig Zeit, um über mein Leben und meine Wünsche nachzudenken. Aber du hast recht, Maggie. Ich bin sehr froh, einen Beruf zu haben und unabhängig zu sein.«
Dann kam ihr plötzlich eine Idee. »Du kochst doch so gern, Maggie, nicht wahr?«
»Ja, das schon. Aber für zwei Personen lohnt sich ein großer Aufwand gar nicht. Warum fragst du?«
»Ich würde Aluunda gern entlasten. Und Peena ebenfalls. Sie ist schwanger. Emilia schafft die Arbeit in der Outback-Station nicht mehr allein. Vielleicht hast du ja Lust, ein paar Mal in der Woche für die Station zu kochen?«
Maggie strahlte, dann erstarb das Lächeln. »Ich muss mit Jake darüber reden. Er ist mit Steve befreundet. Ich weiß nicht, ob er es duldet, dass ich bei euch arbeite. Er hat mich ja schon nicht in unserer Firma mitarbeiten lassen.«
»Überleg es dir«, sagte Amber. »Aber vergiss nicht, du hast ein Recht auf ein eigenes Leben, ein Recht auf selbst verdientes Geld, ein Recht auf Erfolg und Anerkennung.«
Maggie seufzte. »Das sagt sich so leicht. Aber schön wäre es schon. Ich wäre wieder mit dir zusammen, so wie früher. Ich habe dich vermisst, Amber. Als Freundin vermisst.«
Amber sah Maggie an. »Ich dich auch. All die Jahre über.«
Plötzlich richtete sich Maggie gerade auf. Sie warf den Kopf nach hinten und reckte das Kinn. »Ich fange morgen bei euch an. Soll Jake sagen, was er will. Es ist mein Leben.«
Dann beugte sie sich zu Amber hinüber und streckte ihr eine Hand hin. »Schlagen wir ein?«, fragte sie und lachte dabei wie früher.
»Das tun wir! Jetzt ist es abgemacht: Ab morgen haben wir eine neue Köchin.«
Die Friseurin kam zu Amber, griff in ihr schweres, langes Haar und fragte: »Was wollen wir machen?«
Amber sah kurz zu Maggie, dann lachte sie und sagte entschlossen: »Weg mit den alten Zöpfen. Es wird Zeit für einen neuen Kopf. Ich hätte gern einen modernen Kurzhaarschnitt.«
Zwei Stunden später sah ihr eine fremde, aber sympathisch aussehende Frau aus dem Spiegel entgegen. Immer wieder griff sich Amber in den Nacken, der nun frei lag. Sie sah sich an, schüttelte verwundert den Kopf, dann lachte sie und drehte sich nach allen Seiten. Der Haarschnitt gefiel ihr gut. Bin ich das?, fragte sie sich und betrachtete ihr Gesicht. Sie sah sich in die Augen, die heute glänzten. Sie sah auch die Falten um die Augen, sah die Haut, die noch immer glatt, aber großporiger geworden war. Sie sah ihre Nase und den Mund. Mit dem Finger fuhr sie behutsam die Linien von den Mundwinkeln zur Nase nach. Es waren Linien, die sie härter aussehen ließen, ein wenig verbittert vielleicht sogar. Ab heute, sagte sie sich, werdet ihr nicht mehr tiefer werden. Ab heute beginnt mein neues Leben. Ab heute will ich nicht mehr leiden, mich nicht mehr quälen und die Interessen anderer höher stellen als meine eigenen. Es wird Zeit, Amber Jordan, dass du beginnst, dein eigenes Leben zu führen.
»Du siehst toll aus«, fand Maggie. »Jetzt fehlt nur noch ein neues Kleid und ein neuer Lippenstift, und du
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