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Unter dem Teebaum

Unter dem Teebaum

Titel: Unter dem Teebaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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er trotzdem nicht. Er verfügte über etwas, das in diesem Landstrich unerlässlich war: Bauernschläue. Käme zum Gut seines Vaters Jordans Carolina Cellar dazu, dann gäbe es in ganz Australien keine größere Kellerei.
    »Wieso?«, fragte er und wirkte plötzlich hellwach. »Du hast mir schon immer gefallen, Amber.«
    Amber warf den Kopf in den Nacken und schloss die Augen: »Wenn ich dir schon immer gefallen habe, dann beantworte mir doch bitte zwei Fragen. Erstens: Wie viele Fässer lagern in unserem Keller? Und zweitens: Welche Farbe haben meine Augen?«
    Die Antwort kam wie aus der Pistole geschossen: »Ihr habt derzeit 500 Fässer, davon 200 aus französischer und 300 aus amerikanischer Eiche. Damit ist euer Keller aber nicht ausgelastet. Ihr habt Platz für 300 weitere Fässer, wenn …«
    »Und meine Augen? Welche Farbe haben meine Augen?«, unterbrach ihn Amber.
    »Deine … äh … Augen?«
    »Ja. Meine Augen.«
    »Ich … äh … glaube, sie sind … äh … braun.«
    Amber schüttelte den Kopf. »Meine Augen sind grün. Nicht braun, nicht blau, sondern grün. Ich schlage deshalb vor, Harry, dass du besser mal mit unserem Verwalter Steve abends spazieren gehst. Er wird dir bestimmt sagen können, was zu tun wäre, um den Platz für 300 weitere Fässer zu nutzen.«
    »Heißt das … äh …, dass du dich nicht mit mir treffen möchtest?«, fragte Harry.
    Amber nickte mehrmals heftig. »Genau das heißt es. Im Grunde willst du dich auch nicht mit mir treffen, sondern mit dem Besitz, den ich einmal erben werde. Es wäre doch zu schön, nicht wahr, Harry, wenn sich das zweitgrößte mit dem drittgrößten Weingut verheiraten würde, um dann das größte Weingut zu sein.«
    Harry strahlte bei diesen Worten. »Dann sind wir uns ja einig, Amber.«
    Amber verdrehte die Augen. »Noch einmal, Harry, und ganz langsam: Ich werde kein Weingut heiraten, sondern einen Mann, den ich liebe. Und ich bin so gut wie sicher, dass du es nicht sein wirst.«
    Das Lächeln auf Harrys Gesicht verlosch. »Ich wette, Mr Lambert hat bereits mit deinem Vater gesprochen. Ist es so?«
    Amber stand auf. »Ich bin hierhergekommen, um zu tanzen. Wenn du wissen möchtest, ob die Tochter des drittgrößten Winzers in Heiratsverhandlungen mit dem Sohn des größten Winzers Lambert steht, dann, verdammt noch mal, erkundige dich bei der Winzergenossenschaft. Die können dir bestimmt auch gleich noch sagen, wie viel Platz für weitere Fässer beim viert-, fünft- und sechstgrößten Winzer vorhanden ist. Und jetzt lass mich in Ruhe – oder noch besser: Kümmere dich um Cathryn. Wie ich gehört habe, hat ihr Vater den Aborigines weiteres Land für neue Weinberge abgekauft. Wer weiß, vielleicht gehört sie auch bald zu den Erben der zehn ertragreichsten Güter? Du solltest dir diese Chance nicht entgehen lassen.«
    Sie nickte Harry noch einmal zu, dann stand sie auf und ging zur Theke. Sie hatte nicht so barsch zu Harry sein wollen, doch sie kam sich seit ihrer Rückkehr vor wie die Attraktion auf dem Heiratsmarkt des Barossa Valley. Sie wusste längst, wer sich über sie oder besser: das Gut Gedanken machte, und wusste auch, dass Gefühle bei diesem Nachdenken keine große Rolle spielten.
    »Hallo, Amber«, sagte Steve Emslie und machte ihr Platz. »Wie ich sehe, kannst du dich vor Verehrern kaum retten.«
    Amber lachte unfroh. »Es scheint, als wäre in ganz Barossa Valley das Heiratsfieber ausgebrochen.«
    Steve wies den Barkeeper mit einem Fingerzeig an, Amber ein Glas Bier hinzustellen.
    »Wundert dich das?«, fragte Steve. »Eure Vorfahren sind alle ungefähr zur selben Zeit hierhergekommen. Und sie haben zur selben Zeit Kinder gezeugt, und die wiederum und so weiter. Nun, und jetzt ist deine Generation im heiratsfähigen Alter.«
    »Und damit alles so bleibt, wie es immer war, heiratet man am besten untereinander, nicht wahr?«
    »So ist es«, bestätigte Steve.
    In diesem Augenblick begann die Combo »Blue Star«, den Bill-Haley-Hit »Rock around the clock« zu spielen. Die Mädchen zappelten an den Tischen und ließen die Blicke schweifen, die jungen Männer wippten mit den Füßen. Doch noch blieb die Tanzfläche leer, noch hatten sich die Jungs nicht genügend Mut angetrunken, um allein oder in kleinen Grüppchen die Tische der kichernden Mädchen zu stürmen.
    Amber begann sich zu langweilen. Sie sah zum Fenster und entdeckte eine Reihe von Aborigine-Jungen, die sich dort die Nasen platt drückten. Jonah fiel ihr ein. Jonah, der

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