Unter dem Teebaum
quietschte vor Freude, als Margaret ihre Nase sanft an seiner rieb.
»Ich bin gekommen, um zu helfen«, sagte sie und sah sich suchend um. »Zu Hause ist es einfach zu langweilig.«
Amber hatte sich trotz des Verbotes von Dr. Lorenz angezogen und saß nun in der Küche. Ihr Gesicht war sehr blass, und feine Schweißperlen standen auf ihrer Oberlippe. Sie fand Margaret vom ersten Augenblick an sympathisch. Am meisten aber amüsierte sie sich über Aluunda, die misstrauisch die weiße Frau betrachtete, als wäre Margaret bereits im Begriff, Aluunda den Kochlöffel zu stehlen.
»Missus, wenn Sie wirklich helfen wollen, dann schaffen Sie unsere Amber wieder zurück ins Bett«, sagte Aluunda. »Es sind ohnehin zu viele Menschen in der Küche.«
Margaret war keineswegs beleidigt über den dezenten Rauswurf. Sie streckte der schwarzen Frau ihre Hand entgegen und sagte: »Ich glaube, wir sind ungefähr in einem Alter, nicht wahr? Wie wäre es, wenn Sie Margaret zu mir sagen würden?«
Aluunda wischte ihre Hand an der Schürze ab, dann sah sie auf, und ein Lächeln, das so breit war wie der Murray River nach der Regenzeit, überzog ihr Gesicht.
»Ich heiße Aluunda«, sagte sie, ergriff Margarets Hand und schüttelte sie herzhaft.
Ist das der Beginn einer Freundschaft zwischen einer schwarzen und einer weißen Frau?, überlegte Amber, doch ihr blieb wenig Zeit zum Nachdenken. Margaret hatte sie schon beim Arm genommen und führte sie aus der Küche.
»Wie geht es Ihnen heute, meine Liebe?«, fragte sie.
»Es geht mir besser«, erwiderte Amber.
Margaret blieb stehen und lauschte nach unten in die Küche. »Ich setze Sie jetzt im Arbeitszimmer ihres Vaters ab. Sie bleiben ja ohnehin nicht im Bett. Also können Sie ruhig auch über den Büchern sitzen. Ich werde Aluunda helfen und mich um Jonah kümmern. Zu Mittag aber legen Sie sich hin. Ich habe meinem Sohn versprechen müssen, dass ich für Ihre Mittagsruhe sorge.«
Amber nickte. Von Margaret ging so viel Herzlichkeit und Wärme aus, dass sie nur zu gern bereit war, ihren Anweisungen zu folgen.
Sie hatte heute Morgen den Vorarbeiter in die Küche gerufen und ihm die Aufgaben für den Tag zugeteilt.
Der Mann, er hieß Bob, war schon auf dem Gut, seit sie denken konnte.
Er hatte beinahe ebenso viel Erfahrung im Weinbau wie Walter Jordan. Doch niemand traute ihm zu, fehlerfrei bis drei zählen zu können.
Er hatte vor Amber gestanden, den Hut in den Händen knüllend, und sie gefragt: »Missus, der … der Boden muss gelüftet werden, die Reben gehören beschnitten, und beim Traktor muss das Öl gewechselt werden.«
»Gut«, hatte Amber gesagt. »Es wäre schön, wenn ihr das heute erledigen könntet.«
Sie nickte ihm freundlich zu, doch Bob blieb stehen und sah sie weiter an.
»Ist noch etwas?«, fragte Amber.
»Ja. Ich … dachte, ich könnte heute nach dem Weinkeller sehen. Dann können Sie sich ausruhen … Missus.«
Der Mann kratzte mit der Schuhspitze auf dem Boden herum, dann hob er den Kopf und sah Amber an: »Ich war immer dabei, wenn der Master im Keller gearbeitet hat. Ich habe schon oft die Flaschen gedreht und kann auch ein Fass öffnen und den Wein abfüllen.«
Amber sah ihn verwundert an.
»Sie sehen nicht gut aus, Missus. Das Kind braucht Ruhe.«
Amber war gerührt über den Arbeiter, von dem sie nicht viel mehr wusste als seinen Namen.
Sie griff nach seiner Hand und drückte sie. »Danke, Bob, das ist sehr freundlich von dir. Vielen Dank. Wäre es in Ordnung, wenn du mich rufst, nachdem du die Arbeit im Keller erledigt hast?«
Bob nickte kräftig. »Sie können dann sehen, dass ich alles richtig gemacht habe.«
Amber schüttelte den Kopf. »Nein, Bob, ich brauche dich nicht zu kontrollieren. Du hast recht, du bist schon so lange bei uns, du wirst es auch allein schaffen. Aber du kannst bei der Gelegenheit gleich den neuen Wein verkosten und mir sagen, ob er dir schmeckt.«
Bob strahlte über das ganze Gesicht, dann nickte er. »Ich werde rufen, Missus.«
Amber sah ihm nach und überlegte: Bob war hier, seit sie denken konnte. Auch die anderen Arbeiter gehörten schon lange zum Gut. Wie kam es, dass sie unter Steves Regiment taten, als sähen sie die Arbeit nicht?
Amber fand keine Antwort, doch sie nahm sich vor, darauf zu achten. Bobs Angebot erfreute sie. Jetzt wusste sie, dass sie es schaffen würde. Ja, sie würde weiterhin die Kellermeisterin auf Carolina Cellar sein, und sie wusste, dass es Menschen gab, die ihr dabei halfen.
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