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Unter dem Teebaum

Unter dem Teebaum

Titel: Unter dem Teebaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Thorn
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Ihr Sohn und das Kind, das bald käme, würden nicht unter ihrer Berufstätigkeit zu leiden haben.
    Bob hielt sein Wort und holte Amber, als sie gerade mit Margaret auf der Veranda saß und Tee trank.
    »Wollen Sie mitkommen, um den Keller zu sehen?«, fragte Amber, und Margaret erhob sich.
    Bob hatte wirklich gute Arbeit geleistet. Die mehr als zweitausend Flaschen waren gerüttelt, ein Fass in Flaschen abgefüllt und verkorkt, alles war sauber und aufgeräumt.
    »Ich danke dir, Bob. Du warst mir eine große Hilfe, und du hast deine Arbeit sehr gut gemacht«, sagte Amber und nickte dem Mann anerkennend zu.
    »Wenn Sie mögen, Missus, kann ich mich gern jeden Tag darum kümmern. Ich meine – bis das Baby da ist.«
    »Das wäre wunderbar, Bob. Aber nur wenn du mir gestattest, hin und wieder in den Keller zu kommen. Ich befürchte, sonst fehlt mir die Kellerluft.«
    Der Arbeiter lächelte. »Das ist der erste Scherz, Missus, seit Wochen. Früher haben Sie viel öfter gelacht und gescherzt.«
    »Ja? Habe ich das? Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern«, erwiderte Amber und sah Bob an. Der Mann senkte den Kopf.
    »Bob«, sagte sie. »Du musst dich nicht schämen. Du hast ja recht. Wir sollten darauf achten, dass wir bald wieder mehr Grund zur Fröhlichkeit haben.«
    Bob nickte. Dann sagte er leise: »Die Leute auf dem Gut mögen Sie, Missus. Wir möchten alle, dass Sie wieder mehr lachen. Wir hören nicht auf das Getratsche der Leute. Sie sind ein guter Winemaker.«
    Seine Worte machten sie verlegen. Sie nahm eine Flasche aus dem Regal, die noch kein Etikett hatte. »Ich möchte dir etwas zeigen und gern deine Meinung dazu hören«, sagte sie, entkorkte die Flasche und füllte zwei Gläser. Im selben Augenblick sagte Margaret: »Ich würde auch gern probieren.«
    Sie hatte inzwischen den Keller besichtigt und war gerade von ihrem Rundgang zurückgekommen. Rasch füllte Amber ein drittes Glas, und ebenso rasch hatte Margaret es ausgetrunken.
    Bob betrachtete den Wein von allen Seiten. »Er hat eine gute Farbe. Schön rot, unten fast schwarz.«
    Margaret ließ sich von Amber ein neues Glas einschenken und prüfte den Inhalt, so wie Bob es vormachte.
    Der Arbeiter schwenkte den Wein und beobachtete, wie die Flüssigkeit an den Rändern zurücklief. Er nickte zufrieden, nahm einen Schluck in den Mund, ließ den Wein über Zunge und Gaumen rollen, dann spuckte er ihn in einen Kübel, der zu diesem Zweck neben den Fässern stand.
    »Hm«, machte er. »Der Wein ist schwer, nicht zu süß, hat ein Aroma von Holzfeuer, Tabak, ein wenig Vanille und im Abgang Zedern.«
    Er nahm noch einen Schluck, trank und fragte: »Was ist das für ein Wein? Ich kann die Rebsorte nicht schmecken.«
    »Warte einen Augenblick, Bob, ich möchte noch hören, was Margaret sagt.«
    Margaret hatte ihr Glas schon wieder ausgetrunken und war nun ein wenig beschämt über ihre Unkenntnis der Gepflogenheiten bei Weinproben.
    »Tja«, sagte sie. »Der Wein ist nicht sauer, aber auch nicht süß. Er sieht schön rot aus, aber er hinterlässt ein pelziges Gefühl auf der Zunge.«
    Sie sah unsicher von Bob zu Amber, dann lachte sie. »Wahrscheinlich habe ich jetzt lauter Unsinn geredet.«
    »Nein, gar nicht. Sie haben alles geschmeckt, was es zu schmecken gab. Das pelzige Gefühl auf der Zunge kommt vom Tannin. Nicht jeder mag diesen Geschmack«, erklärte Amber, dann wandte sie sich an Bob. »Nun, was meinst du? Was ist das für ein Wein?«
    Bob kratzte sich am Kinn, nahm noch einen Schluck, ging sogar zur Tür, um die Farbe bei Tageslicht zu betrachten. Schließlich fragte er zögernd: »Es ist keine reine Sorte. Es ist weder Shiraz noch Cabernet Sauvignon. Aber es könnte ein Verschnitt von beiden sein.«
    Amber riss verblüfft die Augen auf. »Du hast recht, genauso ist es. Ich habe die beiden Sorten verschnitten.«
    »Der Wein schmeckt gut, wenn auch etwas ungewohnt. Ich schätze, in zwei bis drei Jahren hat er die richtige Reife.«
    Er goss sich noch einen Schluck davon ein, ließ den Rebensaft wieder über Zunge und Gaumen rollen. »Ein guter Wein, Missus. Aber noch kein großer Wein. Irgendetwas fehlt.«
    »Es stimmt, Bob. Ich habe einiges ausprobiert, aber das Tüpfelchen auf dem i noch nicht gefunden.«
    Sie sah ihn aufmerksam an und sagte dann: »Nimm dir, so viel du davon brauchst, und mach dir bitte Gedanken, was fehlen könnte.«
    Sie wusste, dass dieser Auftrag den Mann auszeichnete, und war sich ganz sicher, dass er alles daransetzen

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