Unter dem Teebaum
fahren. Sie musste ihm das Haar schneiden und die Nägel, sie musste seine Wäsche in Ordnung halten. Es war, als hätte sie nun, da Jonah und Emilia aus dem Gröbsten heraus waren, ein neues Kind bekommen. Ein Kind, das ohne sie vollkommen hilflos war.
Und sie war es, die nun auf Reisen gehen musste. Auch das noch. Amber war so überfordert, so unglücklich, dass sie nicht mehr wusste, wo sie anfangen sollte.
Am frühen Abend kam Ralph Lorenz. Er sah nach Walter, dann traf er Amber, die im Weinkeller war und die Fässer kontrollierte.
»Du musst dir jemanden holen, der dich hier unterstützt«, sagte er. »Margaret ist nicht mehr die Jüngste. Allein schafft ihr es nicht. Das Beste wäre, du würdest eine Pflegerin für deinen Vater einstellen.«
Amber richtete sich auf und strich sich mit dem Handrücken eine Haarsträhne aus der Stirn. »Ich weiß, Ralph. Ich muss mit Steve darüber reden.«
Die Antwort kränkte Ralph. Er war gekommen, um mit ihr zu reden, wie es weitergehen sollte. Er war als Freund gekommen, der Trost spenden wollte. Aber Amber wollte keinen Trost von ihm. Er war Hausarzt auf Carolina Cellar, mehr nicht.
Betrübt verabschiedete er sich, dann holte er Margaret und fuhr mit ihr zurück nach Tanunda. Amber stand am Ende der Auffahrt und sah ihnen nach.
»Wir sollten eine Pflegerin für Vater einstellen«, sagte sie später zu Steve und war auf Widerstand gefasst. »Ja«, sagte er zu Ambers Verwunderung. »Das ist eine gute Idee. Wir sollten eine Pflegerin kommen lassen. Ich wüsste sogar, wen wir nehmen könnten.«
»Ach ja?« Amber horchte auf.
»Nun, sie ist keine ausgebildete Pflegerin, doch sie ist sehr anständig und vor allem stark und geduldig. Walter würde sie mögen, da bin ich mir sicher.«
In Gedanken ging Amber die jungen Mädchen in Tanunda durch, doch es fiel ihr keine ein, die Lust haben könnte, zu ihnen auf das Gut zu kommen.
»Wer ist das Mädchen?«, fragte sie. »Woher kommt sie?«
»Nun«, Steves Blick irrte ruhelos durch den Raum. »Nun, sie ist eine Schwarze, kommt gerade aus dem Busch.«
»Eine Schwarze?«, fragte Amber entgeistert. »Seit wann zählst du Schwarze zu deinem Bekanntenkreis?«
Steve wich ihrem Blick aus, und Amber erschien es, als würde er ein wenig rot werden.
»Ich kenne sie eben«, erwiderte er barsch. »Was ist? Willst du sie dir ansehen oder nicht?«
Amber nickte. »Gern. Wann kann sie vorbeikommen?«
»Ich werde gleich losfahren und sie holen.«
Steve sprang auf und lief zu seinem Landrover. Wenig später hörte sie ihn die Auffahrt hinunterfahren.
»Peena, versteh doch. Wenn du in meinem Haus arbeitest, dann können wir uns immer sehen. Immer, verstehst du? Du müsstest nie mehr mit anderen Männern schlafen. Und ich könnte jede Nacht bei dir sein.«
Peena hatte gut zugehört und alles verstanden, was Steve ihr erzählt hatte. Sie hatte die Weißen kennengelernt. Und sie hatte ihre Art der Liebe kennengelernt. Eine Art, die sie abstieß, weil sie verachtend und roh war. Nur Steve war anders. Er war zärtlich und scheu wie ein Kind. Peena ahnte, dass er nur bei ihr so war, doch es war ihr recht. Sie mochte ihn.
Ihr Leben im Bordell mochte sie nicht. Missus Amanda, die Besitzerin, war streng, auch wenn sie den Mädchen ihre Freiheiten ließ. Dreiviertel ihrer Einkünfte mussten sie abgeben, den Rest behielten die Mädchen. Das war nicht viel, aber viel mehr, als Peena je zuvor besessen hatte. Sie arbeitete nachts, schlief bis zum Mittag und hatte den Nachmittag für sich. Manchmal bummelte sie durch die Weinberge, manchmal wusch sie ihr Haar und lackierte die Nägel, meist aber saß sie einfach nur in ihrem Zimmer und sang leise vor sich hin.
»Ich weiß nicht, Master«, sagte sie. »Was wird sein, wenn du mich nicht mehr magst? Was soll dann aus Peena werden?«
Steve lachte. Er küsste sie schallend auf den Mund, dann versprach er: »Ich werde dich immer lieben, Peena.«
Doch Peena ließ sich nicht davon beeindrucken. »Peena hat hier ihre Arbeit. Peena zufrieden, weil Peena unabhängig ist.«
»Eines Tages wirst du alt sein. Dann werden nicht mehr so viele Männer nach dir fragen«, gab Steve zur Antwort. Er umfasste ihre Schultern und schüttelte sie sanft. »Herrgott, Peena. Ich möchte dich einfach bei mir haben. Ich liebe dich. Ist das so schwer zu verstehen?«
»Und deine Frau?«
Steve seufzte. »Amber ist es gleichgültig, was ich mache. Für ihren Vater aber tut sie alles. Sie wird dich mögen, wenn du Walter Jordan
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