Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
abzuwehren. Milo biss Bear ins Handgelenk und begann in einem kühnen Schachzug, sein Blut zu trinken. Bear heulte auf. Obwohl er geschwächt war, konnte ich wenig gegen ihn ausrichten.
Stellan war sofort bei mir und riss mich von Bear los. Er warf mich zu Boden, setzte sich auf mich und hielt meine Arme fest. Sein Mund war voller Blut, und als er die Zähne fletschte, sah ich, dass an seinen blutigen Vampirzähnen noch Fleischstücke hingen.
»Stellan! Bring das Mädchen nicht um!«, schrie Gunnar. »Wir brauchen sie noch!« Stellan, der mich unverwandt mit seinen schwarzen Augen anstarrte, schrie auf Finnisch etwas zurück.
Ich versuchte, Stellan zu treten, doch der gab keinen Millimeter nach. Meine Handgelenke waren im kalten Schneematsch wie festgenagelt. Jack kämpfte noch mit Dodge, sodass von ihm keine Hilfe zu erwarten war. Milo war es gelungen, Bear zu Fall zu bringen, doch er hatte ebenfalls alle Hände voll zu tun.
Gunnar mischte sich nicht ein, sondern stolzierte herum und beobachtete unsere vergeblichen Fluchtversuche. Bobby schrie, doch ich bezweifelte, dass Leif ihm etwas zuleide tat.
Stellan verpasste mir einen harten Schlag auf den Kopf. Der Schmerz schoss mir durch den Schädel und eine Sekunde lang wurde mir schwarz vor Augen. Wäre ich ein Mensch gewesen, hätte mich dieser Schlag umgebracht. Ich hörte, dass er etwas auf Finnisch zu mir sagte, doch ich konnte ihn weder sehen noch verstehen.
Als mein Sehvermögen zurückkehrte, gab ich einem natürlichen Reflex nach und hielt mir den Kopf. Erst jetzt merkte ich, dass Stellan mich losgelassen hatte. Er stand über mir und wiederholte immer wieder dieselben Worte.
»Er sagt, du sollst rennen, Alice«, erklärte mir Gunnar. Ich lag zusammengekrümmt am Boden und sah Gunnar durch Stellans gespreizte Beine. Sein Gesicht war beunruhigend ausdruckslos. »Ich rate dir, auf ihn zu hören. Stellan liebt die Jagd, und glaube mir, es ist zu deinem Wohl, wenn er Jagdglück hat.«
Mir war es scheißegal, was Stellan glücklich machte, doch wenn ich losrannte, würde er mich jagen. Und da sie vor allem hinter mir her waren, würden sie mir vielleicht alle folgen. Jane und Bobby würden sie wahrscheinlich dalassen, weil sie sie nur behindert hätten, und vielleicht ließen sie auch Milo und Jack in Ruhe. Ich wusste natürlich nicht, ob das klappen würde, aber einen anderen Plan hatte ich nicht.
Mein Herz setzte einen Schlag aus. Da ich noch benommen war, rutschte ich, als ich mich aufzuraffen versuchte, gleich wieder aus und fiel auf die Knie. Stellan lachte und ich versuchte es noch einmal. Diesmal kam ich auf die Beine und rannte los.
Kapitel 34
Ich schlitterte über das Gras und stolperte mehr, als ich rannte. Stellan musste mir Vorsprung gegeben haben, denn besonders schnell kam ich nicht voran. Er würde mit Sicherheit schrecklich enttäuscht sein, wenn er mich einfing, aber ich wusste nicht, was ich sonst tun sollte. Ich rannte, so schnell ich konnte. Hätte er mir vorher nicht den Schlag auf den Kopf versetzt und wäre der Boden nicht so rutschig gewesen, wäre ich wohl weiter gekommen.
So hatte ich gerade mal zehn Meter zurückgelegt, als er mich ansprang. Es war in etwa so, wie ich mir einen Tigerangriff vorgestellt hätte. Stellan schlug mir die Krallen in den Rücken und schon lag ich völlig entkräftet am Boden. Er drückte mir das Gesicht in die Erde. Ich drohte in dem matschigen Gras zu ersticken.
Als er meinen Kopf endlich losließ, spuckte ich Gras und Erde. Ich versuchte, mich nach oben zu stoßen, doch er saß mir auf dem Rücken.
In der Ferne hörte ich Sirenen. Es hörte sich unglaublich weit weg an, doch das lag daran, dass ich nur noch halb bei Bewusstsein war. Das Adrenalin, die panische Angst und mein Durst gaben mir das Gefühl, als kämpfte ich unter Wasser.
Stellan lachte, und ich spürte, wie sich sein Gewicht auf mir bewegte. Er legte mir seine Hand zwischen die Beine. Ich wollte unter ihm wegkriechen, doch er stieß seine Finger nur tiefer in meinen Oberschenkel.
Und wenn ich sage, »stieß«, dann meine ich das wirklich. Seine Krallen rissen mir die Jeans und das Fleisch auf und drangen tief in die Muskeln ein. Ich schrie wie am Spieß, denn ein höllischer Schmerz durchzuckte mich. Als es mir gelang, mich umzudrehen, zog er die Hand zurück, in der er ein großes Stück von meinem Bein hielt. Er lachte und zeigte mir die Hand voll Fleisch und dann verschwand er.
Ich richtete mich auf, um mein Bein zu begutachten.
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