Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
du ein Abschiedsgeschenk erhältst. Wenn Stellan ihn ausgeweidet hat, gebe ich dir höchstpersönlich sein Herz.«
Ich sah ihn einen Augenblick mit offenem Mund an, ganz darauf konzentriert, mich nicht zu übergeben. Entweder musste ich meine beste Freundin umbringen oder sie brachten meinen Bruder um. Das einzig Gute daran war, dass ich nicht lange genug leben würde, um meine Entscheidung zu bedauern, egal welche ich traf.
»Nein«, sagte Jack. »Lasst mich spielen. Ich bin viel schneller als Alice.«
Ich weiß nicht, ob er einen Plan hatte, wie er Jane retten konnte. Vielleicht wollte er auch nur mich retten, indem er sie selbst umbrachte.
»Also, Jane ist nicht so in Stimmung zum Rennen. Ich glaube nicht, dass es um Geschwindigkeit geht.« Da hatte Gunnar auch wieder recht.
Jane hatte sich den Arm verbunden, jedoch vorher viel Blut verloren. Ihr einziger Vorteil war, dass ihr Körper daran gewöhnt war, mit wenig Blut auszukommen, und dass sie in den letzten Tagen viel neues gebildet hatte. Dennoch hätte sie sich nicht einmal auf den Beinen halten können. Als Gunnar mir auftrug, sie zu töten, schrie und kreischte sie. Ihre Haut war aschfahl und das Blut auf ihrem Arm gefror.
»Es muss doch eine andere Möglichkeit geben!«, rief Jack.
Er ließ mich los und marschierte herausfordernd auf Gunnar zu. Stellan versuchte, ihn einzuschüchtern, doch Gunnar hielt ihn mit einer Handbewegung auf. Er war der Einzige, der Stellan davon abhalten konnte, Jack das Herz herauszureißen, das wussten wir alle.
»Ich hätte auch noch andere Ideen, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass sie euch auch nicht besser gefallen würden!«, knurrte Gunnar.
Ich sah in Milos weit aufgerissene Augen. Wenn ich wählen musste, würde ich mich für ihn entscheiden. Ich liebte ihn so sehr, dass ich alles für ihn getan hätte. Aber ich wollte Jane nicht umbringen. Weder hatte sie den Tod verdient, noch konnte ich mir vorstellen, überhaupt jemandem das Leben zu nehmen, geschweige denn meiner besten Freundin.
»Tu es einfach, Alice«, murmelte Jane. Ihre Stimme war kaum hörbar. Ihr Herz schlug so langsam, dass mir schleierhaft war, wie sie sich überhaupt bei Bewusstsein hielt. Sie stützte sich auf ihren gesunden Arm und hielt den verletzten nach oben, sodass die Schnittwunde oberhalb des Herzens lag. »Ich sterbe sowieso.«
»Nein. Ich kann das nicht.« Ich schüttelte den Kopf und Tränen traten mir in die Augen. »Ich kann das nicht.«
»Dann sei es so.« Gunnar zuckte die Schultern und blickte zu Milo hin. Stellan machte einen Schritt auf ihn zu.
»Nein! Warte!«, schrie ich. Bear festigte seinen Griff um Milo und Milo kratzte nach ihm. »Milo! Nein! Hört auf! Lass ihn los! Ich tue es! Milo!«
»Tu es und wir lassen ihn gehen«, sagte Gunnar mit einem gezwungenen Lächeln.
»Gut! Tut ihm einfach nicht mehr weh!«, flehte ich ihn an. »Hör auf damit!« Gunnar verdrehte die Augen und nickte Bear zu, der umgehend den Griff lockerte. Milo rang nach Atem.
Meine panischen Schreie waren lauter gewesen, als ich es gedacht hatte. Ich hörte ihn, ehe ich ihn sah. Bobby rannte über das Gras auf uns zu. Er schlitterte und fiel, und ich hätte ihn am liebsten angeschrien, betete jedoch stattdessen, dass er die Situation richtig einschätzen würde.
»Milo!« Bobbys Ruf traf mich wie ein Schlag. Seine einzige Überlebenschance war gewesen, unentdeckt zu bleiben, doch nun hatte er alle auf sich aufmerksam gemacht. Er rappelte sich wieder auf. »Milo!«
»Lauf weg!«, schrie Milo, so laut er konnte, doch da war es schon zu spät.
Stellan war auf dem Weg zu Bobby, doch nur den Bruchteil einer Sekunde, bevor er ihn packen konnte, war bereits ein anderer Lykan zur Stelle. Bobby schrie überrascht auf und Stellan knurrte wütend. Hätte er Bobby zuerst erwischt, so hätte er ihn wahrscheinlich ohne zu zögern zerfetzt.
Da sah mich der Lykan, der Bobby festhielt, mit traurigen braunen Augen an. Es war Leif, der freundliche Lykan, der Ezra und mir geholfen hatte, Peter zu finden. Mir war sofort klar, dass er Bobby soeben das Leben gerettet hatte, indem er ihn sich vor Stellan geschnappt hatte.
»Das ist alles ziemlich ermüdend«, erklärte Gunnar gelangweilt. »Ich habe das Spiel satt«, sagte er zu Bear. »Töte den Jungen.«
Bevor Jack mich daran hindern konnte, stürzte ich mich auf Bear. Ich sprang ihm auf den Rücken, schlug ihm die Fingernägel ins Fleisch und biss ihn. Dodge wollte auf mich losgehen, doch Jack gelang es, ihn
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