Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
so sagen.« Milo lachte.
Milo wechselte einen dieser abscheulich liebevollen Blicke mit Bobby. Der beugte sich zu ihm hinunter und küsste ihn auf die Lippen. Ich konnte sein Herz rasen hören. Mir drehte sich der Magen um vor Ekel und Hunger, eine Kombination, die mir ganz und gar nicht gefiel. Es missfiel mir nicht so sehr, dass Milo einen Kerl küsste, sondern dass er überhaupt jemanden küsste.
»Ich schlafe gleich ein«, sagte Peter. Er sah Jack an, der den Griff um meine Schulter festigte, als erwarte er, dass Peter mich ihm entriss. »Ist mein Zimmer noch zu haben?«
»Es ist genau so, wie du es verlassen hast«, sagte Jack so gleichmütig, wie es ihm möglich war.
»Gut.« Peter nickte Jack zu, drehte sich dann um und ging nach oben.
»Der Typ hat unheimliche vibrations «, sagte Bobby. Es waren die ersten Worte, die ich aus seinem Munde hörte.
Er starrte Peter nach und schüttelte sich den Pony aus den dunklen Augen. Als Milo ihm besänftigend über den Rücken strich, lächelte Bobby und rutschte neben ihm in den Sessel. Nun war ich mir völlig sicher: Ich hasste Bobby.
»Also, Bobby«, sagte ich, und er lächelte verlegen. »Bist du schwul?« Jacks Lachen erfüllte mich mit dem vertrauten Glücksgefühl. Nachdem Peter gegangen war, wurde er etwas lockerer.
»Alice!«, fuhr Milo mich an.
»Was denn?«, fragte ich.
Bobby machte auf mich keinen besonders schwulen Eindruck, abgesehen von der Tatsache, dass er meinen Bruder geküsst hatte. Seine Kleider waren einfach nur modisch - schmale Jeans und Skaterschuhe. Möglicherweise hatte er Wimperntusche aufgetragen, aber vielleicht hatte er auch nur dunkle Wimpern.
»Nein, ist schon gut«, sagte Bobby. »Jepp. Ich bin schwul.«
»Wie alt bist du?«, fragte ich.
»Zwanzig«, erwiderte Bobby. Mir stellten sich sämtliche Nackenhaare auf.
Milo war ein Vampir und sah dank seiner Verwandlung, die ihn schnell hatte reifen lassen, wie neunzehn aus, obwohl er in Wahrheit knapp sechzehn war. Und da saß er und machte mit einem Zwanzigjährigen herum. Ich fand das nicht besonders cool. Im Gegenteil, es war so uncool, dass ich fest vorhatte, Jack eine saftige Szene zu machen, weil er das Ganze in meiner Abwesenheit zugelassen hatte. (Nicht dass ich auch nur einen Gedanken daran verschwendet hätte, dass Jacks Geburt mehr als vierzig Jahre zurücklag, ich aber noch keine achtzehn war.)
»Alice, du warst wochenlang in Finnland!« Milo, der meine wachsende Verärgerung spürte, übertrieb mal wieder schrecklich. »Ich bin mir sicher, es gibt interessantere Gesprächsthemen als das Alter meines Lovers.«
Lover?
Lover? So lautete also die neue Sprachregelung? Ich hätte es nicht gewagt, Jack als meinen »Lover« zu bezeichnen. Es klang zu seltsam. Wenn ein Partner älter als fünfundzwanzig ist und beide keine Menschen mehr sind, passt das Wort aber ohnehin nicht mehr so richtig.
»Jaja. Was ist denn nun in Finnland passiert?« Jack sah mich fragend an.
»Ich kann jetzt noch nicht darüber reden«, wehrte ich ab.
»Ernsthaft?« Jack zog eine Augenbraue hoch. »Damit muss ich mich zufriedengeben? Nachdem ich wochenlang auf dich gewartet habe? Du kommst nach Hause und erzählst mir, dass du noch nicht darüber reden kannst?«
»Ich will dich einfach nicht unnötig beunruhigen.«
»Du warst mit Peter in Finnland! Und du hast nicht auf meine Anrufe reagiert!« Jack schrie mich jetzt an. »Du hast mich bereits gewaltig in Unruhe versetzt und es schien dir nicht besonders viel auszumachen!«
»Natürlich hat es mir etwas ausgemacht.« Ich rutschte von ihm weg. »Ich habe ständig an dich denken müssen. Aber wenn ich etwas erzählt hätte, dann hättest du dich sofort auf den Weg gemacht, und dann hätten sie dich womöglich umgebracht.«
»Sie hätten mich umgebracht?« Er sah mir in die Augen und sein Gesichtsausdruck wurde noch ernster. »Was zum Teufel ist da abgegangen, Alice? Und was ist mit Ezra passiert?«
»Genau, was ist mit Ezra passiert?«, echote Milo wenig hilfreich.
»Das ist alles sehr kompliziert.« Ich schüttelte den Kopf, denn ich hatte Angst davor, dass Jack, wenn ich ihm alles erzählte - ja, was? Mich anbrüllen und anschließend Peter und Ezra verprügeln würde?
»Ich weiß, dass ihr bei Lykanen wart. Dass sie Peter hatten.« Jack biss sich auf die Lippen. »Ich hätte kommen sollen, als du es mir erzählt hast, aber ...« Wenn er gekommen wäre, wäre alles noch viel schlimmer geworden, und das wusste er wohl selber.
»Lykane?«
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