Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
mit einem roten Lesebändchen.
Als ich den roten Fleck auf seinem weißen Teppich sah, zuckte ich unwillkürlich zusammen.
»Du solltest besser etwas Blut trinken«, sagte Peter, doch in seiner Stimme klang ein unbehaglicher Unterton mit. Er sah, dass ich den Fleck anstarrte. Es war Blut, mein Blut, das geflossen war, als er mich fast umgebracht hatte.
»Warum wirfst du den Teppich nicht weg?« Nervös verdrehte ich den Saum meines T-Shirts und wandte mich dann zu ihm um.
»Wie du unschwer erkennen kannst, bin ich nicht in der Stimmung, mich zu unterhalten«, sagte er, meine Frage ignorierend.
Er wich meinem Blick aus und deutete auf sein Zimmer, als hätte mir der Zustand etwas zu sagen. Unter seiner glatten gebräunten Haut konnte ich das Pochen seiner Adern sehen, das sich fast unmerklich beschleunigte. Ich machte ihn nervös, und das gefiel mir, obwohl es meinen qualvollen Hunger in keinster Weise linderte.
»Du hast die Tür hinter mir zugemacht«, sagte ich. »Ich glaube, ein kleines Gespräch kriegst du schon hin. Immer muss alles nach deinem Kopf gehen.«
»Was ist daran so falsch? Ist es bei dir nicht genauso?« Er fuhr sich mit der Hand durch das kastanienbraune Haar. Er hatte es seit seiner Rückkehr nicht schneiden lassen, und obwohl mir langes Haar bei Männern nie besonders gefallen hatte, fand ich, dass es ihm stand.
Aber Peter stand ohnehin einfach alles. In seinen schmalen Jeans und dem weißen Pulli, der leger über den muskulösen Oberkörper fiel, war er nach wie vor der bestaussehende Vampir, den ich kannte, und das will schon etwas heißen. Ich hasste ihn dafür, dass er den Tag in seinem Zimmer vertrödelte und dabei so fantastisch aussah. Noch schlimmer fand ich, dass ich mich immer noch zu ihm hingezogen fühlte.
»Ich möchte auch gern alles so haben, wie es mir gefällt, aber ich zwinge nicht andere, nach meinen Regeln zu leben«, sagte ich.
»Ich auch nicht. Oder zwinge ich dich zu etwas?« Peter durchbohrte mich mit seinen leuchtend smaragdgrünen Augen. Sie blendeten mich geradezu, nicht mehr so schlimm wie früher, aber vielleicht verstärkte mein Hunger die Wirkung. Alles an Peter kam mir in diesem Moment verlockend vor.
»Nein, aber ... ich weiß auch nicht.« Ich schüttelte den Kopf, wandte mich von ihm ab und ging im Zimmer auf und ab. Er lehnte sich gegen einen Pfosten seines Bettes, die Arme vor der Brust verschränkt.
»Warum trinkst du nicht einfach etwas, statt mich zu nerven?«, fragte er.
»Ich kann nicht«, entgegnete ich. »Außerdem geht es mir gut.«
»Sehr überzeugend«, seufzte Peter. »Bist du deswegen hier? Willst du dich von deinem Hunger ablenken? Wahrscheinlich malst du dir schon innerlich aus, wie du das Spielzeug deines Bruders anzapfst, stimmt’s?«
»Das ist widerlich!«, schnaubte ich, aber da er der Wahrheit ziemlich nahe kam, errötete ich leicht.
»Das ist nicht widerlich. Das ist eine Tatsache.« Er verengte die Augen zu Schlitzen. »Du hast noch niemanden gebissen, oder? In dieser Hinsicht bist du noch eine Jungfrau?«
»Ich bin in jeder Hinsicht eine Jungfrau«, murmelte ich, ehe ich es verhindern konnte.
»Wie bitte?« Peter riss die Augen auf.
»Ach, vergiss es.« Ich schüttelte den Kopf und merkte, wie mir das Blut in den Kopf schoss. »So lange ist meine Verwandlung noch nicht her. Ich brauche noch Zeit, um alles in den Griff zu bekommen.«
»Ich verstehe.« Ein spöttisches Lächeln stahl sich auf seine Lippen.
Ich seufzte tief. »Ach, hör auf! Sieh mich nicht so an«, fauchte ich, doch das erheiterte ihn erst recht. Verzweifelt sah ich mich im Zimmer um, auf der Suche nach einem anderen Thema.
Auf seinem Bett lag, halb unter der Decke verborgen, ein Buch, das mir bekannt vorkam. Es war mindestens hundert Jahre alt, der Einband verschlissen, die Seiten zerlesen, und ich hatte es erst wenige Monate zuvor bei mir gehabt. Peter hatte Jack zufolge Eine kurze Geschichte der Vampire selbst verfasst. Ich hatte es aus Peters Zimmer mitgenommen, ehe es auf rätselhafte Weise verschwunden war.
Ich wollte es mir schnappen, doch als Peter sah, was ich vorhatte, ging er dazwischen. Er war zwar schneller als ich, doch da ich es nun schon gesehen hatte, ließ er mich gewähren.
Als meine Hand das Buch berührte, packte er mich am Handgelenk, das auf seine Berührung hin warm wurde. Ich tat, als bemerkte ich es nicht, und riss die Hand samt Buch weg, ehe er spürte, wie sich mein Puls beschleunigte.
»Du hast es mir also weggenommen!«
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