Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
Ich hielt ihm das Buch vor die Nase. »Wusste ich doch, dass du das warst!«
»Es ist mein Buch! Du hast es mir gestohlen!« Trotz seiner harschen Worte konnte er nicht verbergen, dass es ihm peinlich war, erwischt worden zu sein.
»Na und?« Ich zögerte einen Moment, da er nicht unrecht hatte. »Du hast es sowieso gerade nicht gebraucht. Ich habe es mir nur ausgeliehen.«
»Und ich wollte es wiederhaben.« Er griff nach dem Buch, doch ich zog die Hand zurück, ehe er es sich schnappen konnte. Er schien das nicht besonders lustig zu finden, denn er hielt die Hand auf und wartete darauf, dass ich es ihm zurückgab. »Kann ich es bitte wiederhaben?«
»Ich bin noch nicht fertig damit. Ich will wissen, wie es ausgeht.« Das war natürlich Unsinn. Es war ja kein spannender Krimi, sondern eine Mischung aus Tagebuch und Ratgeber. Trotzdem öffnete ich das Buch, blätterte es durch und suchte die Stelle, bis zu der ich gekommen war.
Peter sah mich über das Buch hinweg finster an, doch ich achtete gar nicht auf ihn.
»Rosebud ist ein Schlitten«, sagte Peter flapsig und verriet mir damit das Ende von Citizen Cane .
»Warum willst du nicht, dass ich es lese?«, fragte ich und sah ihm ins Gesicht.
»So ist es ja gar nicht«, sagte er, ohne jedoch meinen Blick zu erwidern, und gab mir damit das Gefühl, dass er nicht ganz aufrichtig war.
»Warum hast du es dann aus meinem Zimmer mitgenommen?«
»Weil ich ...« Er zögerte eine Minute, was bei ihm nicht oft vorkam, und rieb sich dabei die Augen. »Ich wollte einfach nicht, dass du es hast.« Ich hatte ihn noch nie so verunsichert. Daher genoss ich den Augenblick, denn normalerweise machte er mich wahnsinnig. »Weißt du noch, wann ich es mitgenommen habe?«
»Ja, das war in der Nacht, als du dich in mein Zimmer geschlichen hast«, sagte ich. Er hatte in jener Nacht mehr getan, als sich nur hereinzuschleichen.
»Und ich habe dich gebissen.« Sein Blick huschte durchs Zimmer und sein Herzschlag beschleunigte sich. Er musste Gefühle mit diesem Biss verbinden, doch ich wusste nicht, welche. »Dein Blut hat nach Jack geschmeckt, deshalb ... wollte ich nicht, dass du das Buch hast.«
»Das ist dein Buch, nicht wahr?« Ich wurde ernst. »Ich meine, du hast es geschrieben?«
»Ja«, sagte er leise. »Vielleicht verstehst du jetzt, warum ich nicht wollte, dass du es hast, nach allem, was mit Jack passiert war.«
»Ja, das verstehe ich.« Ich hielt ihm das Buch hin, doch er starrte es nur einen Augenblick an und richtete dann den Blick auf mich.
»Willst du es noch lesen?«
»Nur wenn es dir nichts ausmacht.«
»Ich glaube, es spielt gar keine Rolle, ob es mir was ausmacht.« Seine Stimme war kaum zu hören. Er wandte sich von mir ab.
»Das ist nicht fair, Peter! Ich habe wirklich alles getan, was mir möglich war, um es wiedergutzumachen!«
»Das weiß ich doch«, seufzte er. »Nimm das Buch. Lies es. Das lenkt dich von deinem Hunger ab, damit du Jack endlich vögeln kannst.«
Mir klappte der Mund auf. Genau das hatte ich vorgehabt, aber als er es mir so brutal ins Gesicht schleuderte, klang es schmutzig und schlecht. Ich war zutiefst verletzt. Ich warf ihm das Buch gegen die Brust und stürmte an ihm vorbei.
»Alice, warte!«, seufzte Peter und packte mich am Arm, ehe ich aus dem Zimmer rennen konnte. »Es tut mir leid. Das war gemein.«
»Du musst mir auf halbem Weg entgegenkommen.« Ich flehte ihn nun fast an. »Ich habe es immer wieder versucht. Und sogar Jack bemüht sich jetzt. Aber du musst mir da raushelfen. Du musst ...« Ich brach ab und sah weg.
»Warum ist es dir so wichtig, dass ich dir vergebe?«, fragte Peter.
Das war tatsächlich die Kernfrage. Warum war es mir so wichtig, was Peter von mir hielt? Es ging nicht nur darum, dass Jack und er ihr Verhältnis kitteten oder der Schaden, den die Familie genommen hatte, wiedergutgemacht wurde. Es ging um mehr, doch ich konnte es nicht richtig fassen.
»Warum bist du zurückgekommen?«, flüsterte ich. Seine Hand brannte auf meinem Arm. Ich hätte sie abschütteln müssen, schaffte es aber nicht.
»Du hast mich überredet.«
»Nicht in Finnland. Ich meine in der Nacht, in der du das Buch genommen hast. Du warst monatelang verschwunden und dann bist du plötzlich eines Nachts in meinem Zimmer aufgetaucht und hast mein Blut getrunken.« Ich biss mir auf die Lippen, denn ich war mir unsicher, warum ich das überhaupt wissen wollte. Oder warum mir jene Nacht wichtig war. »Brauchtest du mein Blut
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