Unter dem Vampirmond 3 - Verlangen
muss etwas trinken! Jetzt!« Ich fiel auf die Knie und hielt mir den Magen. Ich war so gut wie blind, und bei Bobbys Geruch, den ich an Milo wahrnahm, lief mir das Wasser im Mund zusammen. Ich stand kurz vor einer Ohnmacht und hatte eine Heidenangst.
»Mist! Okay, halt durch, Alice!« Milo legte den Arm um meine Taille, nicht gerade eine geschickte Bewegung, denn seine Kehle war mir ungeschützt ausgesetzt, und ich musste dem Drang widerstehen, einfach zuzubeißen. Ich schloss die Augen und ließ mich von ihm nach unten führen. Der Schmerz war überwältigend und ich bewegte mich steif wie ein Zombie. Ich hatte das Gefühl, als bräuchten wir ewig, dabei wusste ich später nicht einmal mehr, wie ich die Treppe hinuntergekommen war. Das Nächste, woran ich mich erinnerte, war, dass Milo eine Blutkonserve aus dem Kühlschrank holte, die er mir mit der Beteuerung reichte, dass alles gut werden würde.
Das Blut rann mir kalt die Kehle hinunter und eine wunderbar gleißende Hitze breitete sich in mir aus. Es tat gut, Blut zu trinken, aber es war anders als sonst, nicht pures Vergnügen, sondern mehr das Nachlassen von Schmerz. Ich trank in kurzer Zeit mehrere Konserven leer. Was danach geschah, nahm ich nicht mehr wahr. Sobald mein Durst gestillt war, schlief ich ein.
Schlimmer noch: Als ich in Jacks Bett aufwachte, saß er neben mir und sah mich sorgenvoll und bewundernd an. Ich hatte gerade seinen Bruder geküsst und er sorgte sich um mein Wohlbefinden. Wenn er es gewusst hätte, hätte er wahrscheinlich nie wieder ein Wort mit mir gesprochen.
Nachdem ich Jack versichert hatte, dass mit mir alles in Ordnung war, bestand ich darauf, eine ausgiebige heiße Dusche zu nehmen. Er wollte mich küssen, doch es gelang mir, ihm auszuweichen, ohne sein Misstrauen zu erregen. Er hätte Peter an mir geschmeckt, und ich wollte, dass er nie etwas davon erfuhr.
Die warme Dusche löste meine Probleme nicht, gab mir aber Gelegenheit nachzudenken. Warum hatte ich Peter geküsst? Natürlich, mein Hunger hatte mich verletzlich und schwach gemacht, doch wenn ich daran dachte, seine Lippen auf meinen, sehnte ich mich noch nach seinem Kuss zurück. Ein warmer Schauer lief mir über die Haut. Ich stellte das Wasser kälter.
Natürlich durfte sich das nie wiederholen. Niemand durfte je davon erfahren. Ich liebte Jack tief und aufrichtig. Was ich für Peter empfand, mussten Überreste unserer Bindung sein, nicht mehr.
Meine Blutgier hatte völlig abwegige Wünsche in mir geweckt, wie den nach Milos oder Bobbys Blut. Das bedeutete noch lange nicht, dass ich Peter tatsächlich liebte und mit ihm zusammen sein wollte. Ich hatte keine echten Gefühle für ihn - oder? Das konnte nicht sein. Nicht wenn ich Jack liebte, und nicht, nachdem ich alles darangesetzt hatte, mich von Peter zu befreien.
Ich hatte doch alles, was ich wollte - oder?
Als ich aus dem Bad kam, war der Fernseher an, und es lief eine Dokumentation über Haie. Ich fragte mich, ob Jack sie absichtlich angestellt hatte. Immerhin sind Haie bekannt dafür, dass sie durchdrehen, wenn sie Blut riechen, und mir war es nicht anders ergangen.
Jack sah allerdings gar nicht hin. Er stand vor dem Spiegel, in seinen Dickies-Shorts, den Skatersocken und einem weißen Polohemd, und versuchte, eine schwarze Krawatte richtig zu binden. Jedes Mal wenn die Musik dramatischer wurde, sah er sich zum Fernseher um.
»Hey, wie geht es dir?« Jack drehte sich nicht ganz zu mir um, als ich aus dem Bad kam, sondern bedachte mich über die Schulter mit einem sorgenvoll schiefen Grinsen.
»Viel besser.« Ich zwang mich zu einem strahlenden Lächeln und gesellte mich zu ihm.
Ich hatte meine gemütliche Unterwäsche und eines seiner T-Shirts an, meine übliche Schlafkluft also. Der Himmel würde bald hell werden, was bedeutete, dass ich, obwohl ich die Nacht überwiegend verschlafen hatte, sehr bald müde werden würde.
»Du siehst besser aus. Eine Dusche hilft immer«, grinste er und drehte sich dann wieder zum Spiegel.
»Was machst du da?«, fragte ich.
»Ich will lernen, die Krawatte zu binden.« Die Konzentration stand ihm ins Gesicht geschrieben. Dabei wusste ich, dass er mit halbem Ohr auf den Fernseher horchte, denn einen Haiangriff würde er sich nicht entgehen lassen. »Ezra bindet sie immer für mich, aber er hat es so langsam satt.«
»Und, klappt es?«
»Keine Chance.« Er betrachtete traurig sein Spiegelbild. »Weißt du, Vampire sind angeblich klüger und begabter und so weiter.
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