Unter dem Weihnachtsbaum in Virgin River (German Edition)
zu öffnen, auf dem Weg durch die Küche mit dem Ellbogen die Lichtschalter zu betätigen und schließlich zu verschwinden. Für eine solche Küche wäre Annies Mutter gestorben. Alle Geräte waren groß und neu, ein Sechsflammenherd, Doppelofen und eine Arbeitsinsel mit Spüle. Sie war traumhaft schön und sah aus, als wäre sie erst vor Kurzem neu eingerichtet worden.
Annie ließ sich Zeit und spähte über eine breite Frühstückstheke in ein geräumiges Zimmer mit großen einladenden Möbeln und einem schönen Kamin. Auf beiden Seiten wurde er von Regalen flankiert, die vom Boden bis zur Decke reichten und mit Lederbänden gefüllt waren.
„Annie? Wo bist du?”
Sie hörte auf, Maulaffen feilzuhalten, und folgte der Stimme. Dabei kam sie an einer Ecke vorbei, in der ein sehr langer alter Eichentisch stand. Sie befand sich in einem Erker, dessen Fenster einen Blick auf den rückwärtigen Teil des Geländes freigaben. Sie machte eine scharfe Biegung nach links, und ihr Weg führte sie über einen kurzen Flur an einem Schlafzimmer mit Bad vorbei in die Wäschekammer. Außer Schränken stand dort neben einem großen Spülbecken eine Waschmaschine mit Trockner aus Edelstahl. Eins stand fest – das war kein altes Farmhaus mehr.
„Ich nehme einfach Handtücher aus der Praxis und lege damit ihre Kiste aus”, erklärte Nate. „Hier sind sie gut aufgehoben. Und hör mal, ich weiß, dass du es als deine Pflicht ansiehst, aber ich will nicht, dass du das Gefühl hast, du müsstest deinen Terminkalender umstellen, um jeden Tag hier rauskommen zu können, sowie du dich von der Arbeit freischaufeln kannst. Meine Assistentin Virginia kann tagsüber mit anfassen, und ich werde zwar manchmal rausgerufen, aber um diese Jahreszeit ist bei keinem der Tiere die Trächtigkeit so weit fortgeschritten, dass mit einer Geburt gerechnet werden muss, weshalb es in der Regel nicht allzu hektisch zugeht. Aber …”
„Alles klar”, unterbrach sie ihn. „Dann werde ich nicht kommen. Ich lass dir eine Nummer da, falls du mich mal brauchst.”
„Nun, könntest du nicht trotzdem manchmal kommen?”, fragte er lachend. „Wenn du mich ein bisschen beim Füttern und Säubern unterstützt, werde ich ein ordentliches Stück Fleisch auftauen, das ich auf den Bratrost werfen kann oder so. Nichts wie von Preacher, aber essbar. Sag mir nur vorher Bescheid, wann du hier sein kannst.”
„Du hast deine Assistentin …”
„Wenn wir keine besonderen Patienten haben, bitte ich Virginia nur ungern, länger als bis fünf zu bleiben. Sie will nach Hause und mit ihrem Mann zu Abend essen. Ich gebe dir einen Schlüssel, falls ich mal bei einem Fall aufgehalten werde und du vor mir eintriffst.”
„Natürlich. Sag mir nur genau, was du willst.”
Er stemmte die Hände in die Hüften. „Ich will wissen, was los ist. Warum schaust du so finster drein? Das geht jetzt schon so, seit ich Jacks Bar betreten habe.”
Annie versuchte bewusst, ihre Gesichtsmuskeln zu entspannen, konnte die Stirnfalte aber noch fühlen. Sie hatte versucht, sich Nate mit einer Vorzeigefrau am Arm vorzustellen, das war der Grund. Oder mit einer Reiterin, die von einer dieser stinkreichen Ranches stammte und überall in der Welt an Turnieren teilnahm oder ihre Pferde vorführte. Möglich wäre auch eine etwas ältere attraktive Frau, die so klug und erfolgreich war wie er selbst. Und er sah so verdammt gut aus, dass es ihr gar nicht schwerfiel, sich das alles vorzustellen. Aber anstatt ihm das zu erklären, erwiderte sie: „Du wirkst richtig vergnügt. Das hier ist
genau
das, was du unbedingt vermeiden wolltest, aber jetzt scheinst du regelrecht begeistert zu sein, die Welpen hier zu haben. Wie kommt das?”
Er lachte. „Nee. Aber ich wusste, dass es auf mich zukommen würde. Ich bin nur froh, dass Jack und Preacher sie in dieser ersten Woche versorgt haben, und zwar aus zwei Gründen: Sie mussten sie füttern, trocken halten und sich pausenlos um sie kümmern. Abgesehen davon hat es mir auch Spaß gemacht, auf dem Weg nach Hause jeden Tag in der Bar vorbeizuschauen.“ Er rieb sich den flachen Bauch und fügte hinzu: „Ich weiß nicht, wann ich schon einmal so gut gegessen habe. Jetzt, wo klar ist, dass sie durchkommen werden, muss man nur alle paar Stunden einmal nach ihnen schauen und sie füttern. Das ist etwas, das Virginia und ich tagsüber schaffen können. Ich bin mit dir einer Meinung, was das Tierheim angeht. Wahrscheinlich würde es ihnen dort schon gut
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