Unter dem Weihnachtsbaum in Virgin River (German Edition)
gehen. Die Mitarbeiter geben sich die größte Mühe und befragen und durchleuchten die Leute gründlich, bevor sie ein kleines, verwaistes Tier aus der Hand geben. Aber warum ein Risiko eingehen? Falls wir auf ein Tierheim zurückgreifen müssen, werden wir es einfach nach Weihnachten tun.”
„So ist das? Du wusstest die ganze Zeit, dass sie bei dir landen würden?”
Dazu lachte er nur. „Komm mit, ich zeige dir das Haus, in dem ich aufgewachsen bin, dann machen wir uns einen Kaffee, füttern die Welpen und machen sie für die Nacht fertig. Was hältst du davon?”
„Du musst mir das Haus nicht zeigen. Ich habe nicht vor, hier herumzuschnüffeln.”
Er griff nach ihrer Hand. „Ich mache mir keine Sorgen, dass du hier herumschnüffeln könntest. Komm mit”, sagte er und zog sie in einen weitläufigen Raum mit hohen Decken. „Hier haben meine Schwestern sehr oft ihre Kämpfe ausgetragen. Als ich noch klein war, standen hier nur alte abgewetzte Möbel mit Blumenmustern, aber nachdem dann alle ihre Ausbildung abgeschlossen hatten und Mom und Dad nicht mehr auf der Tasche lagen, tauchten im ganzen Haus immer mehr neue Sachen auf. Es wurde modernisiert und restauriert.“ Dann zog er sie hinter sich her über den Flur und zeigte ihr, wo sich das Hauptschlafzimmer und drei weitere Schlafzimmer befanden. „Ich hatte das kleine Zimmer mit Bad auf der anderen Seite der Küche. Da hatte ich meine Ruhe vor den Mädchen.“ Anschließend zeigte er ihr noch, was rechts neben dem großen Zimmer lag. „Das Repräsentationszimmer. Es wurde nur an Feiertagen wie Weihnachten benutzt. Und hier noch das Esszimmer für den Ansturm bei großen Familienessen.“ Und dann standen sie auch schon wieder in der großen Küche.
„Es ist riesig”, sagte sie leicht atemlos. „Ein sehr schönes Haus. Wie war es für dich, in einem so großen Haus aufzuwachsen?”
„Ich werde es wohl als selbstverständlich hingenommen haben, wie es jedes andere Kind auch täte”, antwortete er achselzuckend. „Es ist immer noch das Haus meiner Eltern, obwohl ich bezweifle, dass sie jemals wieder hierher zurückziehen werden. Komm, ich setze Kaffee auf.”
„Du musst mir nichts anbieten, Nate.”
„Vielleicht biete ich mir ja selbst etwas an. Ich habe nicht sehr oft Besuch hier draußen.”
Erst als der Kaffee eingegossen war, fiel es Annie wieder ein. „Verdammt”, rief sie. „Rühr dich nicht von der Stelle. Ich habe etwas für dich.“ Sie sprintete durch die Garage zu ihrem Wagen, holte die Plätzchen heraus und trug sie ins Haus. Wie auf dem Lande üblich waren sie auf einem durchsichtigen Plastikteller arrangiert und mit einer Folie abgedeckt. „Die sind für dich”, erklärte sie. „Warm schmecken sie am besten, aber inzwischen sind sie fast eingefroren. Meine Mutter hat darauf bestanden.”
„Die hat sie für mich gebacken?”, fragte er überrascht, entfernte die Plastikfolie und bediente sich.
„Nun ja, sozusagen.”
„Sozusagen?”
„Wir haben heute zusammen gebacken. Den ganzen Tag. Das machen wir so vor den Feiertagen. Sachen, die man einfrieren kann, Geschenke für die Nachbarn und die Mädels in meinem Laden. Vor Weihnachten backen wir wochenlang an allen meinen freien Tagen.”
„Du backst?”, fragte er und wirkte ganz fasziniert, wenn nicht erschrocken.
Mit einem süffisanten Lächeln antwortete sie: „Alle Mädchen vom Lande backen. Ich kann auch patchworken, gärtnern, Marmelade einkochen und einem Huhn den Kopf abschlagen. Ich könnte zwar eigenhändig keine Kuh schlachten, aber ich weiß, wie es geht, und habe auch schon dabei geholfen.”
„Wow.”
Durch seine Reaktion fühlte sie sich keineswegs geschmeichelt. Sie hatte nicht gerade ein glamouröses Leben geführt und sehr viel lieber würde sie ihm erzählen, dass sie auf einem Schweizer Internat war und in England zur Dressurreiterin ausgebildet wurde. „Ich wette, das erinnert dich an deine Mutter, hm?”
Er schmunzelte. „Nicht direkt. Was ist mit Jagen und Fischen?”
„Habe ich beides schon gemacht, aber am liebsten bin ich auf der Farm. Na ja, einmal habe ich einen Berglöwen geschossen, aber das ist schon lange her und ich hatte ihn nicht gejagt. Der kleine Schurke hatte es auf die Hühner meiner Mutter abgesehen, und die Jungs waren damals schon aus dem Haus, deshalb habe ich …”
„Wie alt warst du da?”
Sie zuckte mit den Schultern. „Keine Ahnung … dreizehn oder vierzehn. Aber ich bin nicht besonders scharf aufs Jagen.
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