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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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Er spürte, wie ihre Lippen sich in seiner Hand zu einem breiten Lächeln weiteten.
    Sanft zog Axis sie ein paar Schritte zurück, bis sie eine geschlossene Tür erreichten. Sie öffnete sich sacht unter dem Druck seiner Schulter, und die beiden traten in eine einfache Kammer. Der Hausverwalter Priams hatte Anweisung erhalten, dem Bastardneffen des Königs keinen prächtigen Raum zuzuweisen. Nachdem die Tür hinter ihnen ins Schloß gefallen war, drehte Embeth sich um und legte den Kopf an seine Brust. Schweigend standen sie da, hielten sich fest und spürten, daß im Moment ihre Freundschaft viel wichtiger war als alle Leidenschaft.
    Schließlich löste die Herrin sich von ihm und musterte ihn im Kerzenlicht. »Ihr seht erschöpft aus, Axis. Wie lange seid Ihr geritten?«
    Er verzog das Gesicht und ließ sie los, um ihnen beiden Wein einzuschenken. »Ich bin vor drei Tagen in Nordmuth aufgebrochen.«
    Embeth nahm den Becher entgegen und trank einen kleinen Schluck. Ein wahrhaft harter Ritt von der Hafenstadt nach Karlon. Außergewöhnliche Umstände mußten vorliegen, wenn der Axtherr sich und seinem Roß so wenig Schonung gegönnt hatte. Seine unerwartete Rückkehr – nachdem er doch eigentlich noch sechs Wochen in Koroleas hatte bleiben sollen – bestätigte die Gerüchte, daß schlimme Dinge bevorstünden. Embeth durchfuhr Furcht um ihren Sohn Timozel. Wenn Axis in die Sache hineingezogen würde, dann sicher auch seine Elitetruppe.
    Die Herrin wandte sich ab und tat ein paar Schritte durch die kleine Kammer. Axis hatte seine Satteltaschen und seine sonstige Ausrüstung in eine Ecke geworfen. Embeth hätte dort am liebsten gleich Ordnung geschaffen, widerstand aber diesem Drang. Seine kleine Reiseharfe, ohne die man ihn nur selten sah, lag auf einem der beiden Nachttische. Die Axt, Symbol des Seneschalls und der Axtschwinger, stand an der gegenüberliegenden Wand. Doch wie die meisten Soldaten trug Axis auch ein Schwert und betrachtete dieses als seine Hauptwaffe. Die Scheide mit der griffbereiten Klinge hing am Kopfende des Bettes. Embeth fragte sich, wie viele Männer er damit wohl schon getötet haben mochte. Wie viele hatte er auf Geheiß des Bruderführers im Namen von Artor und dem des Pflugs erschlagen? Sie liebte und achtete Axis, aber sein Amt als Axtherr des Seneschalls flößte ihr Bewunderung ein, und die Macht des Seneschalls selbst und seines Bruderführers ängstigte sie.
    »Wenn Ihr so hart und rasch reiten mußtet«, bemerkte die Herrin leise, »dürften Euch keine erfreulichen Gründe dazu gezwungen haben.«
    Der junge Mann trat hinter sie, rieb ihr sanft mit der Hand über den Nacken und genoß die Berührung ihrer weichen Haut und die seidige Glätte ihres glänzenden braunen Haars. »Man hat mir nur wenig mitgeteilt, Embeth, und die Gerüchte, die am Hof kursieren, dürften genauso zutreffend sein wie meine Vermutungen.«
    Das bezweifelte die Herrin doch sehr, aber sie verstand seine Zurückhaltung. Axis redete nur selten über seine Amtspflichten und so gut wie nie darüber, zu welchem Zweck man ihn wohin schickte. Sie entspannte sich und genoß seine sanft massierenden Finger. »Hat Timozel sich in Koroleas bewährt?«
    »Timozel gefällt mir immer besser, Herrin von Tare, und Ihr habt allen Grund, stolz auf ihn zu sein. Wenn Euer Gemahl Ganelon noch lebte, wäre ihm der Junge ebenfalls ein Wohlgefallen. Timozel ist zu einem stattlichen Jüngling herangewachsen« – er küßte ihren Hals – »hat starke Kräfte entwickelt« – noch ein Kuß – »und gewinnt von Woche zu Woche an Klugheit.« Er drehte Embeth zu sich herum und küßte sanft ihre Lippen. »In zwei oder drei Tagen dürfte er mit den anderen Axtschwingern in Karlon eintreffen. Doch im Augenblick, edle Herrin, fühle ich mich viel zu ermattet, um noch länger zu reden.«
    Axis hatte es immer schon Mühe bereitet, vor Embeth über Timozel zu sprechen. Was sollte er ihr erzählen, wenn der Junge sich eines Tages am falschen Ende von fünf Handspannen gehärteten Stahls wiederfinden sollte? Wie könnte er ihr seinen Tod nahebringen? Der Axtherr zwang seine Gedanken fort von diesem unerquicklichen Bild.
    Er saß in der Falle, konnte sich nicht bewegen, wurde von dem dickflüssigen Haß gefangengehalten, der sich in die Schwärze und Leere zwischen ihnen ergoß. Verzweifelt wand er sich, versuchte die umhüllten Arme und Beine zu befreien und kannte keinen anderen Gedanken mehr, als diesem Schrecken zu entfliehen, der mit jedem

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