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Unter dem Weltenbaum - 01

Unter dem Weltenbaum - 01

Titel: Unter dem Weltenbaum - 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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ich nicht länger verweilen, sonst mundet einigen das Dessert nicht mehr.«
    Der Bruderführer zwickte ihn tadelnd in den Arm, aber seine Augen lächelten. »Ruh dich aus, Axtherr, Furche weit, Furche tief.«
    »Furche weit, Furche tief, Vater«, antwortete Axis und küßte den Smaragdring des Bruderführers, ehe er sich anschickte, das Podest zu verlassen. An dessen Rand blieb er stehen und verbeugte sich vor Priam, dann schritt er mit weiten Schritten aus dem Saal. Auf dem Weg nach draußen warf Axis einen Blick in Richtung des Edelfräuleins, das ihn so angestarrt hatte. Sie errötete tief und drehte rasch den Kopf weg. Am vierten oder fünften Tisch vor dem Podest fiel sein Blick auf eine Adlige, die Herrin von Tare, und sie nickte ihm unmerklich und mit einem leisen Lächeln zu.

3 Die Herrin von Tare
    Embeth, die Herrin von Tare, schlich vorsichtig durch die dunklen Gänge des Palastes. Die meisten Festgäste vergnügten sich noch im Mondsaal, während es ihr endlich gelungen war, sich von dort zurückzuziehen. Die Hofetikette verlangte, daß jeder an seinem Platz blieb, bis der König und die Königin sich entfernt hatten.
    Die Herrin hatte nicht erwartet, Axis beim Bankett zu sehen. Als er dort auftauchte, durchfuhren sie Gefühle der Überraschung und Freude. Der junge Mann wäre eigentlich erst im Frostmond von Koroleas zurückerwartet worden. Wie schön, daß der Axtherr seinen Weg zum Palast gefunden hatte und nicht im Turm des Seneschalls geblieben war. Der Turm bot ihnen nur wenige Möglichkeiten, sich heimlich zu treffen; ganz davon zu schweigen, daß Embeth sich schon eine sehr gute Ausrede einfallen lassen mußte, um sich länger dort aufzuhalten.
    Axis war acht Jahre jünger als sie, aber sie hatte sich in ihrem Aussehen gut gehalten. Seit der Seneschall den Knaben als Elfjährigen nach Tare geschickt hatte, um dort unter der Anleitung des Burgherrn im Waffengang geübt zu werden, waren Embeth und er miteinander befreundet. Damals war die Herrin selbst noch fast ein Mädchen gewesen, und der schweigsame Knabe war ihr bald zum Gefährten geworden. Als sie dann Kinder bekommen hatte, hatte er sich auch mit ihnen angefreundet. Einer ihrer Söhne, Timozel, diente unter Axis bei den Axtschwingern.
    Vor fünf Jahren war ihr Gatte verschieden, und seitdem waren die beiden sich immer näher gekommen. Mittlerweile waren sie Geliebte, die sich jedoch nur ab und an trafen. Für mehr mangelte es an geeigneten Gelegenheiten; und dann galt es auch noch, den Makel von Axis’ Geburt zu bedenken. Die Schande, die Rivkah über sich gebracht hatte, haftete auch an ihrem Sohn. Embeth mußte auf ihren Ruf achten, denn sie war noch jung genug, um sich wieder zu verheiraten und einem anderen Gatten Söhne zu schenken. Die wenigen Nächte, die der Herrin und dem Krieger blieben, waren von viel Vorsicht und Heimlichtuerei begleitet – und darum vielleicht um so süßer.
    Embeth hatte keine Kerze dabei und vertraute ganz auf das Licht der wenigen Lampen, die hier und da in den Gängen brannten. Selbstredend hob sie auch die Röcke hoch, um sich nicht durch ein Rascheln zu verraten. Jetzt zahlte es sich aus, daß sie zum Fest das schwarze Seidengewand angezogen hatte. Immer wieder zitterte sie in der kühlen Nachtluft – möglicherweise lag das aber auch daran, daß sie Axis’ Kammer immer näher kam.
    Artor sei Dank, daß einem Axtherrn eine eigene Räumlichkeit im Palast zustand und er nicht bei den gemeinen Soldaten in der Kaserne unterkommen mußte. Die Herrin mußte im Halbdunkel lächeln. Hätte sie sich auch dann zu ihm geschlichen, wenn er in den Mannschaftsunterkünften gelegen hätte? Embeth stellte sich vor, wie sie mitten in der Nacht in einem Raum voller Soldaten entdeckt würde, die Korsage aufgeschnürt und mit bloßem Busen … Fast hätte die Herrin laut gelacht.
    Plötzlich hielt jemand sie von hinten fest. Ein starker Arm legte sich um ihre Hüften, und eine Hand verschloß ihr den Mund, um jeden Laut zu ersticken. Im ersten Moment erstarrte die Herrin vor Schrecken, doch dann entspannte sie sich und lehnte sich gegen den Mann, der sie da hielt. Selbst noch im schwärzesten Loch des Nachlebens hätte Embeth die Berührung seiner Hände und seinen Geruch wiedererkannt – Axis.
    »Ihr seid an meinem Raum vorbeigegangen«, flüsterte er ihr ins Ohr, und sein Atem strich ihr warm über die Wange. »Da habe ich mich gefragt, ob Ihr vielleicht den Gang weiter hinunter zu einem anderen Stelldichein wolltet.«

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