Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
verstanden?«
»Warum haben Sie ihn festgenommen?«
»Soll das ein Witz sein?«
»Warum?«
»Na ja, schaun wir mal. Vielleicht, weil er einen Polizeibeamten angegriffen hat? Weil er einen gottverdammten Hokkeyknüppel auf dessen gottverdammter Nase kaputtgeschlagen hat? Brauchen Sie etwa noch mehr?«
»Er ist auf einen Mann namens Lonnie Bruckman losgegangen«, sagte ich. »Einen Mann, der einem anderen Indianer Drogen verkauft hat. Haben Sie vielleicht auch Bruckman festgenommen? Haben Sie ihn vernommen? Haben Ihre Jungs ihn überhaupt bemerkt ? Oder haben sie sich nur den Indianer ausgeguckt und sind auf ihn los?«
»Das geht Sie alles nichts an. Wir wissen Bescheid über Bruckman. Wir kümmern uns drum.«
»Wer ist ›wir‹?« fragte ich. »Das County sucht ihn. Er hat letzte Nacht eine Frau entführt.«
»Ich weiß«, sagte er. »Ich kenne die ganze Geschichte.«
Ich lehnte mich im Stuhl zurück und betrachtete ihn von oben bis unten. »Das ist in Paradise passiert. Es gibt keinen Grund für Sie, da tätig zu werden.«
»Wollen Sie, daß wir sie finden, oder nicht? Das County kann alle Hilfe gebrauchen, die es kriegen kann.«
Ich sagte nichts.
»Außerdem«, fuhr Maven fort, »wohnt Bruckman im Soo.«
Da hatte ich’s, dachte ich. So viel mußte er preisgeben, um die Muskeln spielen zu lassen. »Natürlich«, sagte ich. »Und Dorothy wohnte auch da.«
»Natürlich.«
»Bill hat es mir erzählt. Die Wohnung da an der …« Ich hielt inne.
Maven schüttelte nur den Kopf. »Netter Versuch, McKnight. Aber, wie ich schon sagte, das geht Sie alles nichts an.«
»Sie war in meiner Hütte. Er hat sie aus meiner Hütte entführt.«
Jetzt war es an ihm, sich im Stuhl zurückzulehnen. »Ja, gut, daß Sie’s erwähnen. Lassen Sie uns mal sehen, ob ich das richtig verstanden habe. Der letzte Bursche, den Sie beschützt haben, ist auf dem Grund vom Lake Superior geendet. Jetzt kommt diese Frau zu Ihnen und bittet Sie, sie zu beschützen, und Sie stecken sie mutterseelenallein in eine Hütte mitten im Wald, damit ihr Ex-Freund sie mitten in der Nacht entführen kann. Habe ich das richtig verstanden?«
Ich sah ihn nur an.
»Ich habe nur noch eins, was ich Ihnen sagen möchte, McKnight. Ich bete zu Gott, daß Sie diesen Leuten wenigstens einen saftigen Preisnachlaß eingeräumt haben.«
»Sind Sie fertig?« fragte ich.
»Ich bin fertig. Gehen Sie schön nach Hause und bleiben Sie uns aus den Füßen. Lassen Sie die richtigen Polizisten ihre Arbeit tun.« Damit griff er zum Telefon und wartete darauf, daß ich ging. Einfach so.
Ich stand auf und ging. Es gab nichts, was ich ihm hätte erwidern können. Nichts, außer über den Tisch zu langen und ihn zu erwürgen. Also ließ ich ihn einfach da sitzen, ging raus und machte die Tür hinter mir zu.
Mehrmals ging ich im Korridor auf und ab und war mir nicht einmal sicher, ob ich eher wütend war oder eher verwirrt. Der ganze Wortwechsel mit Maven hatte einen Dreh gehabt, der irgendwie nicht stimmte. Die Beleidigungen, die ausweichenden Antworten, das ganze Macho-Gehabe, mit alldem hatte ich gerechnet. Aber da war noch etwas anderes. Und das konnte ich nicht rausfinden.
Als ich in die Eingangshalle zurückkam, sah ich, wie Prudell gerade reinkam und sich den Schnee aus den roten Haaren schüttelte. Er trug einen Steppmantel, der mindestens zwei Nummern zu klein an ihm wirkte. Vermutlich hatte er ihm gepaßt, als er ihn auf der High School trug – vor fünfundzwanzig Jahren.
»Alex«, sagte er, als er mich sah. »Ich bin gerade auf dem Weg zur Geschäftsstelle. Ich habe die Kaution dabei.«
»Wie haben Sie es so schnell hierhin geschafft?« fragte ich.
»Ich war sowieso in der Stadt«, erklärte er. Dann, nach einer langen Pause: »Ich habe einen neuen Job. Wenigstens für den Winter.«
»So?«
»Ich verkaufe Schneemobile«, sagte er.
»Oh Gott.«
»Im Sommer verkaufe ich dann vielleicht Außenbordmotoren. Was soll ich groß sagen, es ist ein Job.«
»Ich weiß«, sagte ich. »Und das alles nur, weil ich Ihnen den alten Job als Privatdetektiv weggenommen habe. Das hatten wir alles schon.«
»Nein, nicht doch«, sagte er. »Das ist doch lange her. Jetzt sind wir doch Partner.«
Ich sah an die Decke. »Prudell …«
»Vergeuden wir keine Zeit. Ich muß unsern Mann rausholen. Vincent LeBlanc, stimmt’s? Anschuldigungen seitens der Stadt, nicht wahr?«
»Ja«, sagte ich. »Holen Sie seinen Arsch raus, während ich zur Toilette gehe.«
Er setzte
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