Unter dem Wolfsmond – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
»Sie wissen das wirklich nicht, oder?«
»Nein, aber ich nehme an, Sie werden es mir erzählen.«
»Sicher bin ich mir da auch nicht«, sagte er. »Aber ich schätze, es waren zwei Jungs namens Pearl und Roman.«
»Wer sind sie?«
»Bloß zwei Typen, die für Molinov arbeiten.«
»Und wer ist Molinov?«
»Das ist der Typ, dem wir die Drogen gestohlen haben«, sagte er. »Glauben Sie mir, über den wollen Sie lieber nichts wissen.«
»Ist das ein Russe?«
»Ich habe mir nicht die Zeit genommen, ihn zu fragen.«
»Und was ist mit diesen beiden Typen, Pearl und Roman? Wie sehen sie aus? Tragen sie Jagdmützen?«
»Ich habe sie nie gesehen«, sagte er. »Nur von ihnen gehört.«
»Da sind zwei Typen, die mir ständig folgen. Meinen Sie, das sind die?«
»Nach dem, was ich gehört habe, würden die Sie eher umbringen, statt Ihnen zu folgen. Aber wer weiß das schon.«
»Wie könnten die denn überhaupt von mir gehört haben?« fragte ich.
Er rieb sich die Augen. Vermutlich schmerzte ihm der Kopf von all dem Denken, zu dem ich ihn zwang. »Die Nachricht«, sagte er. »Als sie meine Wohnung auseinandergenommen haben, haben sie eventuell den Anrufbeantworter abgespielt. Wenn sie das getan haben, haben Sie ein Riesenproblem.«
»Ihr Mitgefühl ist richtig rührend«, sagte ich. Ich steckte die Pistole wieder in die Manteltasche.
Bruckman saß da und sah mich an.
»Ich gebe Ihnen eine Chance«, sagte ich. »Keine Pistole.«
Er sagte nichts. Er bewegte sich nicht.
»Sie sind ganz schön hart, wenn Sie vier Leute dabei haben, um einen zu vermöbeln. Jetzt wollen wir mal sehen, was Sie alleine so bringen.«
Er sah auf den Boden.
»Sie sind bloß ein mieser kleiner Angeber«, sagte ich. »Als Hockeyspieler haben Sie es nicht gebracht, und das lassen Sie den Rest des Lebens an allen anderen aus. Es sei denn, sie wehren sich.«
»Wenn Sie es sagen, Alter.«
Längere Zeit stand ich vor ihm und wartete, daß er etwas unternähme.
Und dann kam von der anderen Seite der Toilettentür die eindeutige Information, daß dort die Hölle losbrach. Bruckman schoß auf mich los, aber er verlor eine gute halbe Sekunde beim Versuch, vom Toilettensitz hochzukommen. Ich konnte gerade noch rechtzeitig mein Knie hochreißen. Ein stechender Schmerz schoß mir durch die Rippen, aber ich war sicher, daß es Bruckman erheblich schlimmer erwischt hatte. Er ging zu Boden und packte mit beiden Händen an seine Nase.
Als ich die Tür aufmachte, sah ich, daß dort eine gute altmodische Wirtshauskeilerei im Gange war. »Alex, hierher!« Das war Leon drüben an der Tür. Zwei von Bruckmans Rüpeln prügelten sich mit zweien von der Theke. Den dritten Rüpel sah ich nicht. Der Rest der Männer drückte sich in den Ecken rum und versuchte, kampfbereit auszusehen, ohne wirklich eingreifen zu müssen. Ich kämpfte mich durch den Raum, wobei ich einem Queue und einem Barhocker auswich. Als ich Leon erreichte, öffnete er die Tür genau in dem Moment, in dem sich der dritte Rüpel zusammen mit einem Schwall kalter Luft von draußen auf mich stürzte. Er versuchte einen Schwinger, verpaßte mich aber, und so trat ich ihm das Bein am Knie weg, genau wie Leon mir geraten hatte. Der Typ stieß einen schrillen Schrei aus, während er zu Boden ging.
»Nichts wie weg hier«, sagte Leon.
»Ich bin direkt hinter Ihnen«, sagte ich. Wir rannten raus durch den Schnee und sprangen in unsere Autos. Er schlitterte vom Parkplatz und ich folgte ihm, wobei ich äußerste Mühe hatte, durch den von seinen Reifen gegen meine Scheibe geschleuderten Schnee hindurch irgend etwas zu sehen.
Wir fuhren auf der Trunk Road nach Westen, zurück zur Stadtgrenze von Soo Canada. Immer wieder sah ich zurück, ob da keine Scheinwerfer auftauchten. Leon fuhr langsamer, als wir wieder in der Stadt waren. Ich zockelte still hinter ihm her und versuchte meinen Körper zu überreden, es genauso zu machen. Mein Herz raste noch immer, und das Adrenalin schoß durch meine Adern. Jetzt spürte ich auch den Schmerz in meiner Seite und in meinem Knie, wo ich Bruckman getroffen hatte. Morgen werde ich für all das bezahlen müssen, dachte ich. Ich kann von Glück sagen, wenn ich überhaupt aus dem Bett komme.
Leon fuhr auf den Parkplatz eines Restaurants an der Wellington Street. Ich stellte mich neben ihn, stieg aus dem Lastwagen, ging zu seiner Beifahrerseite und öffnete die Tür. »Alles in Ordnung bei Ihnen?« fragte ich.
»Ja«, sagte er. »Ich mußte nur eine Minute Luft
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