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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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Gastspiel und Käthes Unterbrechung die Idee, nach der er seit einiger Zeit suchte.
    »Als Eröffnungsstück? Caesar«, sagte er. » W ir können kein neues Dra m a neh m en, sonst müssen wir den Autor b ezahlen. Aber nic h t in Togen. Nein, m eine Lieben, wir holen uns die G estik und die Szenerie aus einem ganz anderen Bereich.«
    »Ein ja p ani s cher Ca e sa r ?« f r agte Lilli, s e ine ge genwärti g e Freundin, eifrig. Sie hatte d a s Gefühl, daß er sie loswerden wollte, und versuchte, Carlas Rat in die T a t umzusetzen und ihn m it ihrer Auffassungsgabe zu beeindrucken.
    »I wo. Ein faschistischer natür l ich. Mussoli n i tönt in Itali e n doch die ganze Zeit, er sei der neue Caesar, und unser Adolf m a c ht es ihm offen nach.«
    »Aber«, m e i nte Hugo Merke langsam, »in Juli u s Caesar siegt der I m perialis m us am Schluß. Die Republikaner werden besiegt.«
    »Ja und ? «
    » W illst du etwa W erbung für die Nazis m achen?«
    »Nein«, sagte Carla spöttisch, »er will Brutus spielen und von aller Welt dabei bewundert werden, wie er die Republik nicht rettet.« Robert hob beide Hände. »Nachd e m ich das ganze letzte Jahr entsagungsvoll war und nur Regie geführt habe, kannst du m i r ruhig einen Helden gönnen.«
    »Du m einst, du hast das ganze letzte Jahr den Diktator bei ein paar ohn m ächtigen Arbeitslosen gespielt und willst jetzt die Fronten wechsel n ?«
    »Tiefschlag!« röhrte Hugo; Robert griff sich m it beiden Händen ans Herz und ließ sich unter Gelächter und Applaus von der Bank fallen, auf der er saß, wobei er sie fast u m riß.
    Natürlich bewunderten sie ihn alle wegen seiner Teilnah m e an dem »Projekt 491«; es war keine Klein i gkeit, v e rbitte r te Berlin e r Arbeiter, für die er nur ein verwöhnter, reicher Junge aus dem Süden sein konnte, dazu zu bewegen, ihn nicht nur als Mitarbeiter, sondern sogar als Vor g esetzten zu akzeptiere n . Er hatte Hilfe gehabt, gewiß, in der Person von Peter W er m ut, der ihn für das Projekt rekrutiert hatte und m it seinem systematischen, logischen Verstand den genauen Gegenpol zu Robert darstellte, do c h Peter W ermut war für die Arbeiter nicht weniger ein Fre m der. Die drei Inszenierungen, die sie auf die Beine g est e llt h a tt e n, hal f en Robert zu dem Status ein e r lokal e n Berüh m theit. Ja, sie be w underten ihn alle, doch die Sticheleien zwischen ihm und Carla bildeten für sie ein notwendiges Gegengewicht und erfreuten sich daher höchster Beliebtheit.
    »Und das von der Sklavin der Aristokratie«, ächzte Robert, als er wieder aufstand. »Kinder, die Abenteuer des Sherlock Hol m es warten auf m ich, und ich wette, der H err von Schloß Leopoldskron auf Carla die Schreckliche.«
    »Aber ich dachte«, sagte Lilli sch ü chtern, »du hättest heute nach m ittag f rei.«
    Sie erhielt einen flüchtigen Kuß und den Bescheid, nein, er m üsse irgend e inen chine s isc he n Manda r in sprechen, der Hol m es heute an die Kehle wolle; sie könne doch m it Carla Spazierengehen, ehe Carlas Frondienst bei Reinhardt beginne. Da er genau wußte, daß die Probe er s t am Spätnach m ittag an f i ng, hatte er da m it Carla seine Freundin für die nächsten Stunden aufgehalst, und Carla warf ihm einen erbosten Blick zu, ehe sie resignierend m it Lilli in den W aschraum ging, um sich die Hände zu waschen und das Gesicht zu pudern, ehe sie den Sender verließen.
    »Carla«, fragte Lilli, während sie vor dem großen Spiegel standen,
    »glaubst du, er betrügt m i ch ? «
    Carla seufzte. Seit einem Jahr lud ihr Robert die Mädchen und gelegentlich a uch die He rr en m ittleren Alters a u f , m it denen er ins Bett ging. Man konnte auch sagen, er legte sie ihr zu Füßen, m it der gleichen Befriedigung, wie eine Katze ihren Menschen die Mäuse anschlep p te. Solange sie sich in Dar m stadt befand, hatte s ich d ie Zeit, in der s ie Ver m ittle r in u nd Kum m erkasten f ür Roberts Ver h ält n is s e spielen m ußte, auf gelegentliche W o chenendarbeit beschränkt, doch hier in Berlin wurde daraus ein Dauerzustand. E s folgte i mm er d e m gleic h en M u ster; die Leute waren anf a ngs irritiert, weil sie nicht sicher waren, ob es sich bei i h r n icht um eine Rivalin handelte, und dann bat m an sie unaufhörlich um Ratschläge, die nie befolgt wurden. Mittlerweile hatte sie einen W eg gefunden, um wenig s tens für sich selbst N utzen aus ihrer ungewollten Tätigkeit zu schlagen.
    »Lippensti f t«, sagte sie jet z t knapp zu

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