Unter dem Zwillingsstern
beschloß, das zu ignorieren, und bat statt d e ssen darum, seiner Gattin v orgest e llt zu werden. Das Mädchen, dessen Sc hw angerschaft s i ch bereits d eutlich a b ze i c h nete, t a t i h r l e id; o ff enbar h a tte keiner der übrigen jungen Leute Int e resse daran, m it ihr zu reden; sie wurde von allen nur mit einem Kopfnicken als Roberts Anhängsel begrüßt.
»Fräulein Brod, m eine Frau Monika. Monika, das ist Fräulein Brod, einer der bedauernswerten Menschen, die in m einer Kindheit vergeblich versuchten, mir etwas beizubringen.«
»Es freut m i ch, Sie kennenzulernen«, sagte Monika König mechanisch.
Obwohl Kä t he versuchte, sie in ein Gespräch zu verwickeln, blieben ihre Bemühungen erfolglos; Monikas Antworten waren zweifellos höflich, aber unverbindlich u n d nicht zu weiteren Äußerungen einladend, bis Käthe kurz, ehe d e r V orhang sich hob, etwas darüber sagte, daß R obert doch sehr viel Glück habe, in diesen Zeiten und in diesem Beruf so stetig beschäftigt zu bleiben.
»Bei der A r beit s losig k eit, m eine ic h «, erläuterte sie. »Das war auch einer der Gründe, warum ich es töricht von Carla hielt, ausgerechnet Schauspielerin…«
Die unvorhergesehene L ebhaftigkeit, m it der Monika König ihr das W ort absch n itt, er s t aunte sie.
»Sie… sind die Gouvernante ? «
»Ich war Carlas Lehrerin«, präzis i erte Käthe ein wenig gekränkt.
»Sind Sie stolz auf das, was S i e da hervorgebracht haben ? «
Carla hatte erwähnt, daß Monika sie nicht b es o nders m ochte, aber dieser plötzliche Bruch m it jedwe d er Höflichkeit und der fieberhafte Glanz in ihren Augen sprachen von einem weitaus stärkeren Gefühl. Kein Zweifel, die junge Frau König haßte Carla.
» W ar sie schon als Kind so ein Ungeheuer ? «
Käthe wußte nicht, wie s ie auf so etwas reagieren sollte, und wurde glücklicherweise einer Antwort en t hoben; das Stück fing an. Aber sie beschloß, Carla noch m als zu er m ahnen, sich mit Monika König zu versöhnen und jegliche Mißverständnisse hinsichtlich ihrer Beziehung zu Robert aus dem W eg zu r äu m en. W ä hrend der S chwangerschaft neigte m an als Frau nun ein m al zu irrationalen Ausbrüchen, darauf sollte Rücksicht genommen werden, statt sie zu verstärken.
Carla hatte an und für si ch die Absicht gehabt, den Abend zu benutzen, um sich bei Monika zu e n tschuldigen, denn Käthe hatte ihr schlec h tes Gewissen h öchst effektiv gewec k t, aber das Geschehen auf der Bühne verdrängte alle guten Vorsätze. Gründgens war als Jago gut gewesen, routiniert gut, doch sie hatte bezweifelt, ob es ihm gelingen würde, neben Werner Krauß zu bestehen. Ihr Zweifel überdauerte den Prolog im H i m m el nicht lange. N eben ihr sagte Hugo leise: »O mein Gott«, und sie v e rstand, was er m einte. Manchen Schauspielern, wie Kra u ß, war d i e Gabe der v ölli g en Verwandlung geschenkt; andere m achten die R o llen, die sie spielten, zu ein e m Ausdruck ihrer eigenen Persönlich k eit. Beides hatte sie nun schon öfter erlebt und im unterschiedli c hen Grad bewundert oder abgelehnt. Aber heute abend sah sie zum ersten Mal etwas, von d e m sie bisher nur gehört hatte; daß ein Schauspieler und eine Rolle so zueinander fanden, daß jeder einzelne Zuschauer wußte, es war die Rolle eines Lebens.
Der Mephisto auf der B ühne do m inierte Faust nicht n u r, er stellte ihn völlig in den Sch a tt e n; e in ge f allener Eng e l, der g leic h z e itig Kabaretti s t w a r, ge m ein, witzig, zwi s chen prov o zierender P erver s ion und un m enschlicher Abgründigkeit hin und her wechselnd, oft in ein und de m selben Satz: »Allwissend bin ich nicht«, klang noch rein sarkastisch, »doch«, und Gründgens setzte eine Pause, in der sich sein gänzlich weiß gesch m inktes G esicht von F aust abwandte, »viel ist m i r be w ußt«, und m an hatte plötzlich den E i ndruck von Trauer; ein Mephisto, der Faust nur benut z te, um wieder m it Gottvater i n s Gespräch zu kom m en.
In der Pause dachte sie nicht m ehr an ihr Vorhaben, Monika zur Seite zu ziehen; statt dessen erleb t e Käthe, wie ein Haufen erwachsener Menschen begeistert wie Schulkinder aufeinander einredeten und darin wetteiferten, m öglichst schn e ll m öglichst viele E i ndrücke loszuwerden.
»Keine Ahnung, wie Pallenberg war, ich habe ihn nie erlebt, aber das ist d er d e f i niti v e M e phisto!«
»Ich habe noch nie erlebt, daß je m a nd W erner Krauß so i m Alleingang ausgeschaltet
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