Unter dem Zwillingsstern
unterhaltend«, entgegnete s i e. »Frag sie selbst.« Sie stellte ihm die beiden vor. Er fa n d die Frau in etwa so, wie Carla sie beschrieben hatte; sehr schön, m it einer verletzten Seele unter der ru h i gen Oberfläche. Aber er erkannte auch noch etwas anderes. Sie nahm eine entschieden bes i tzergreifende H altung Carla gegenüber ein. Da er annahm, daß sie s onst diskreter war, schlußfolgerte er, daß es sich gegen ihn richtet e . Der letzte Mensch, der einen solchen Ausschließlichkeitsanspruch a u f Carla erhoben hatte, war Philipp gewesen, was nichts Gutes für die Zukunft der fragilen Nancy verhieß.
Was den Mann anging, so bedurfte es kaum eines Blickwechsels m it Carla, um ihn einzuordnen. Jean-Pierre würde jetzt wahrscheinlich eine seiner Lektionen darüb e r loswerden, daß m an nicht m it d e m Feuer spielen und nicht Dinge versprechen sollte, die m an nicht zu liefern bea b sichtigte, a b er es war für sie beide ein vertrautes Spiel.
»König, König«, sagte Feiton lang s a m , »da war doch etwas… Ich wußte gar nicht, daß Sie e m igrie r t sind. Letztes Jahr war ich wegen der Oly m pischen Spiele in Berlin, u nd soweit i c h m ich erinnere, ist da ein Film von Ihnen oder m it Ihn e n gelaufen. Ihr Führer ist sonst nicht so tolerant gegenüber aus g erissenen Künstlern, oder etwa doch ? «
»Lassen Sie die Hoffnung nicht sin k en«, riet R obert, der nicht widerstehen konnte, in seinem väterlichsten Ton f all. » W enn Sie die Absicht haben zu e m igrieren, bin ich sicher, der Führer würde einen Flüchtling aus dem grausa m en A m e rika m it offenen Ar m en e m pfangen. So tolerant ist er alle m al.«
Die Augen des Mannes verengten sich. Dann wandte er s i ch an Carla.
»Carla, Teuerste, Sie hätten m i r sagen sollen, daß Sie so darauf aus sind, m it Nazis zu verkehren. Selbst in Holly w ood gibt es ein paar davon; deswegen m üssen Sie doch nicht die weite Reise über den Atlantik m a chen.«
D a m it schlenderte er zu ein e m anderen Grüppchen des P r oduktionsstabs. Der Para m ount-Vertr e ter teilte Nancy m it, daß die Kof f er direkt zum Hotel gebracht würde n , wo die Re i segruppe über Nacht blieb, um dann a m nächsten Tag nach Cardiff und von dort aus zu dem vorgesehenen Drehort an der w a lisi s chen Küste zu fahren. Die Wagen warteten schon, f ügte er bedeutsam hinzu.
» W ir kommen«, m einte Nancy beschwichtigend und fragte höflich:
» W ohnen Sie ebenfalls im Liverbird, Mr. König?«
»Nein, das hat Ihr Studio ausgebucht, wie m ir Ihr Freund dort m itteilte. Um ehrlich zu sein, ich h a be noch überhaupt kein Zimmer, ich habe heute erst den Kanal übe r quert und bin m it d e m Zug direkt hierhergekommen.«
»Fahr schon voraus, Nancy«, sagte Carla. »Robert und ich haben eine Menge zu besprechen, was dich nur langweilen würde, und a m besten tun wir das, während wir ein Zimmer für ihn suchen. W i r sehen uns dann beim Ab e ndessen, ich finde das Hotel schon.«
» W ie du möchtest«, erwiderte Nan c y, aber der Blick, m it dem sie Robert m us t erte, ehe sie den anderen folgte, verlieh dem Wort Abneigung eine neue Di m e nsion.
Liverpool, f and Carla, glich Ha m burg; wenn m an am Mersey en t langspazierte, konnte man sich gelegen t lich einbilden, an der Elbe zu sein. Die Schreie der Möwen, d e r kühle, unregel m äßige W i nd und der U m stand, daß sie sich m it der Hotelsuche Zeit ließen und m it keinem der Einhei m ischen sprache n , vervoll s tä n digten die I llusio n , nur daß sie H a m burg f a rblich m it Schwarzweiß in Verbindung brachte, während Liverpool durch all die Backsteine eine rote Stadt war.
»G e m essen an der Zeit, die Dada brauchte, um ein Visum zu bekom m en«, be m erkte Robert, »weiß ich nicht, w as es über m i ch aussagt, daß ich m eines so schnell erhielt. W as m e inst du, sollte ich belei d igt od e r gekrän k t s ei n ? O ffe nbar glauben weder die deutschen noch die englischen Behörden, daß ich die Absicht haben könnte zu bleiben.« Er lachte ohne sonderliche Erheiterung. »Schließlich steht m i r noch eine weitere Auslandsreise bevor. Du hast vielleicht schon von der Biennale in Venedig gehört. In diesem Som m er werde ich einen der Beiträge liefern… wenn ich einen Verleih für Endlos finde, wenn er von der Fil m kammer freigegeben wird, und wenn der Film bis dahin fertig ist.«
»Hat Dr. Gold m ann ein Visum für England bekommen? Bei all den Papieren, die ich f ür e in a m erika n
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