Unter dem Zwillingsstern
du nicht leben kannst, und es war nicht ich.«
Sie erhob sich und drehte sich zu Carla u m . »Siehst du, ich könnte ohne dich nicht weiterleben. A b er du könntest es ohne mich. Du wärst traurig, du wärst bestürzt, aber du würdest darüber hinwegkom m en. Das wußte ich schon vorher, aber ich dachte, so ist sie nun ein m al. Bis heute. W enn dein Freund Robert tot wäre, dann wäre das wirklich das Ende der Welt für dich.«
Was Carla darauf als erstes in den Sinn ka m , schluckte sie herunter. Es lag eine gewisse Wahrheit in Nancys W o r t en, doch sie trafen nicht den K ern. Sich die W elt ohne Robert vorzustellen wäre unerträglich, ja, und sie würde sich verkrüppelt fühlen, um ei nen Teil ihrer Seele gebracht. Aber sie hätte dennoch einen Grund weiterzuleben. Solange es m öglich war, sich zu verwandeln, solange es Rollen gab, die sie spielen konnte, solange der Film da war und das Theater am Horizont winkte, solange hat t e das Leben, ihr Leben, einen Sinn. Es gab niemanden, der der alleini g e Sinn ihres L ebens war, und daß Nancy sie zu d e m ihren g e m acht hatte, erschreckte Carla tiefer als all e s seit d e m Tod ihrer Stie f m utter.
Das Nancy zu er k l ären war leider sinnlos. Soweit es Nancy anging, lief es nur auf die Bestätigung hinaus: Ja, ich könnte ohne dich leben, und das war es nicht, was sie jet z t hören wollte. Also verzichtete Carla darau f . Statt dessen tat sie, was sie seit dem Beginn i hrer Beziehung m it Nancy noch nie getan hatte: Sie log, bewußt und unter Aufbietung all ihres Talents. S i e holte Helenas Ausdruck bedingungsloser Liebe aus dem Sommernachtstraum zurück und schwor Nancy, ohne sie auch nicht leben zu können. Sie nutzte das in drei Jahren angesam m elte Wissen über Nancys Reaktionen und entdeckte, daß m a n auch m i t seinem Körper lügen konnte. Als Nancy schließlich, getröstet und überzeugt, schlief, lag Carla noch lange wach und dachte, daß es, nicht ausgeschlossen Nancys Selbst m ordversuch, die traurigste Nacht war, die sie je mit e inander v erbr a cht hatten, und das Schli mm ste war, daß Nancy es nicht wußte.
Die loc a tion scouts, die Alexander Korda, der britische Koproduzent von Armadale, auf die Suche nach dem perfekten Handlungsort losgesc h ickt hatte, waren auf ein wali s isches A nwesen in d er Nähe der Küste gestoßen. Der Besitzer w ar wie die m eisten Angehörigen des Landadels verar m t genug, um dankbar für das Geld zu sein, das ihm das Ver m ieten seines Schlößch e ns einbrachte. In der Nähe befanden sich m ehrere kleinere Dör f er, die ebe n falls genutzt werden konnten. Ein Teil der Aufnah m en w ü rde in London gedreht werden müssen, aber für das Gros des Fil m s fanden die Dreharbeiten in Wales statt. Eine unerwartete Verzögerung ergab sich, da die Kostü m e einen Tag später als geplant eintrafen.
» W underbar«, sagte Robert, dessen Anwesenheit vom R e st des Tea m s ohne große Verwunderung akzeptiert wurde; schließlich begleitete Fairbanks eben f alls s e i n e d erzeiti g e E h efrau, und Valerie Der m ott, d e r jungen Engländerin, die Lydias Schülerin und Rivalin Neelie spielte, wich ihr Verlobter auch nicht von der Seite. »Das gibt uns Zeit für einen Ausflug. In der Nähe soll einer von diesen Steinkreisen sein und eine nor m annische Burg. W as würden Sie lieber besuchen, Nancy ? «
W ie versprochen, legte er sich i n s Z eug, Nancy für sich zu gewinnen, erkundigte sich nach den Methoden, m it denen in A m erika Werbung für einen F ilm ge m acht wurde, nach dem Einfluß des Hays Office, d e m es gelungen war, e i ne freiwilli g e Selbstkontrolle der Fil m wirtschaft zu etablieren, erzä h lte ihr von seiner ständig schwankenden Karriere und bat sie um i h re Meinung, wie er die Bankiergesellschaft, die ihm einen Teil von Endlos finanziert hatte, dazu bringen konnte, ihm noch d e n Rest der P roduktionskosten vorzustrecken. Er erzählte ihr einige Anekdoten über Carla, heitere Geschichten, nichts, was sie beunruhigen würde, und fragte sie über einige Ereignisse der letzten Jahre aus, vorg e bend, er traue Carlas Version des Geschehenen nicht.
» W ir sind beide so gut im Übe r treiben und stecken in einem per m anenten Wettbewer b , aber durch Sie habe ich endlich die Möglichkeit, alles zu überprüfen, was sie m i r so schreibt!«
Seine Kampagne sc h i e n Er f olg zu haben; zu m i ndest wechselte Nancy im Laufe des Tages ihm g e genüber von distanzierter Höflichkeit zu
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