Unter dem Zwillingsstern
aber nun wurden sie von Zivilisten benutzt, um einfach nur zu reisen. Oder, und die alte Beklem m ung kehrte wieder zurück, während er das dachte, von Politikern. Hitlers W ahlka m p f um das Amt des Präsidenten 1932 hatte v o r allem auch durch die V erwendung eines Flugzeugs, m it dem er von Stadt zu Stadt flog, Aufsehen erreg t . Kein anderer P o litiker tat das, obwohl m an hörte, daß es bei den A m erikanern so praktiziert wurde; angesic h ts d ieses rie s igen Landes war das auch verständlich.
In New Y o rk war es viel kälter als in Los Angeles, und er war dankbar, daß Carla ihm war m e Sachen gekauft hatte. Trotzdem gefiel ihm die Stadt. W i eder Theater und Museen b e s uchen zu k ö nnen, ohne nach s einer »Rasse« gefragt zu werden oder auf etwas wie die Ausstellung »entarteter Kunst« gefaßt sein zu müssen, war ein kleines W under für sich, und er ließ es auf sich einwirken. Der Hauptgrund seiner Reise nach New York war, Carlas Pre m iere beizuwohnen. Er hätte es nie zugegeben, a b er er ver m ißte die Aufregung von Roberts Pre m ieren, das Gefühl, dabei zu sein, m ehr als nur ein Zuschauer zu sein. Und obwohl er es Carla nicht eingestand, fühlte er
sich einsam ohne sie. Sie war das e i nzig vertraute Ele m ent in dieser neuen W elt, die einzige Verbindung zu seinem alten Leben, und er hatte Albträu m e, in denen er sich wieder in Berlin befand, in der Nacht, als rings um ihn die Hölle ausbrach, nur daß Robert dies m al nicht ka m , um ihn zu holen, son d ern ein Haufen gesicht s loser SS-Männer. Nach solchen Träu m en war es beruhigend, Carla besuchen zu können, und sei es nur für ein paar Minuten; es gab ihm m ehr als all e s ande r e die Gewißh e it, in S iche r heit zu sein.
Hin und wieder kam Dr. Gold m ann die Befürchtung, sie könne ihn als lä s tig em p f inden. Schlie ß lich war e r Robe rt s Ziehv a ter, nic h t i h rer, und aus Pflichtgefühl gespendete Al m osen waren ihm nach wie vor verhaßt. Eines Tages deutete er so etwas an, und sie schüttelte den Kopf.
»Ich habe Sie immer gemocht«, sagte sie, »aber jetzt ist es mehr als das. Sie kennen m i ch besser als jed e r andere hier. Für den R est sind Kathi und Robert nur N a m en. Schauen Sie, wenn ich m it m einen hiesigen Freunden über Kathi sprec h e, dann tut sie ihnen zwar leid, aber es i s t auch nicht viel anders f ü r sie als die Berichte in den Zeitungen. Und was Robert angeht man m uß Robert kennen, um das zu verstehen.«
Ein m al war Dr. Goldmann bei Carla Eddie Feiton begegnet und hatte sich recht gut m it ihm unterhalten, b i s Mr. Feiton sich erkundigte, woher seine Bekanntschaft m i t Carla rühre, um dann zynisch zu kom m entieren: »Tja, wenn m an weit genug sucht, haben wir wohl alle Na z i s in der Fa m ilie . «
»Sie m i ßv e rstehen m i ch«, hatte D r. Gold m ann bestürzt erklärt,
» m ein Zieh s ohn ist nicht Philipp Bach m aier, so n dern Robert König.«
»Den m einte ich auch. Wer zum T e ufel ist Philipp Bach m aier? W ie viele Nazis kennt das Mädchen eigentlich ? «
Es war ein peinlicher Mo m ent g e wesen, aber zum Glück hatte sich Feiton nicht darauf versteift, N ä heres über Philipp Bach m a i er zu erfahren, da Dr. Gold m ann gekränkt erklärte, Robert sei kein N azi.
»Doc, wir haben hier ein Sprichwort: W as schwarzweiß aussieht und stinkt, ist ein Stinktier. Je m and, der für die Nazis arbeitet und sich von ih n en bezahlen läßt, ist n a ch m einer Definition ein N azi.«
Nein, er begriff durchaus, daß Carla m it ihren a m erikanischen Freunden lieber nicht über Robert redete. Die Stim m ung i m Land schlug all m ählich u m , und Anfang Septe m ber hatte Roosevelt in seinem B e mühen um d e n Abbau der Neutralit ä t s geset z e immerhin so weit Erfolg gehabt, daß er m aterielle Hilfe für Frankreich und England durchsetzen konnte.
Bei dem Pro m enieren durch die W eltausstellung schnappte er häufig Gesprächsfetzen au f , die s ich u m die Frage eines a m erikanischen Kriegsbeitritts drehten. Allerdings schienen die m eisten, die er hier hörte, dagegen zu sein, daß sich »unsere Jungs schon wieder für die da in Europa in die Nesseln s e tzen«. Je näher sie dem Palästina-Pavillon ka m en, desto m ehr hörte m an jedoch auch Äußerungen, die befanden, man m üsse »etwas tun«. Das Gebäude m it seinen Ausstellungsstücken, die m an während des W artens auf die Eröffnung jenseits der Absperrung e r k a nn t e, b erü h r t e i h n e i
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