Unter dem Zwillingsstern
Aufführungen. Derzeit probte sie für Arnold Kerrys Hyppolita und wäre, soweit es ihren Beruf anging, rundum glü c klich gewesen, wenn P a ra m ount nicht gerade Looking for Greta verfil m en würde. Mit Greta Garbo in der Hauptrolle und Ernst Lubitsch als Regisseur. Sie hatte die Rolle krei e r t, s i e h atte P a ra m o unt m it Armadale bewiesen, was sie konnte, und der W i tz, Garbo eine Garbo-I m itatorin spielen zu lassen, war doch billig. Daß Eddie F eiton und M ilo S t urges Para m ount die Rec h te verkauft hatten, ohne auf ihre B esetzung als Maria zu bestehen, war ein Dolchstoß in den Rücken, und sie hatte beschlossen, das Eddie nicht so schnell zu verzeihen. Mit Ausna h m e dieser Wolke am Horizont war das Berufsleben für sie jedoch derzeit rundum erfüllend. W as Carla belastete und m it jeder W o c he, die verging, m ehr beschwerte, war die fortgesetzte U n gewißheit über Kathis S chicksal.
V o m Roten Kreuz ließ sich auch nach Monaten immer noch nichts erfahren, und zu hören, sie sei n i cht die einzige m it verschollenen Freunden oder Verwandten in Europa, half nicht, es m achte sie höchstens wütend. Dann las sie in der Zeitung, daß Lion Feuchtwanger in New York eingetroffen sei. F euchtwanger war, genau wie Käthe und die übrigen S t aatenlosen in Frankreich, im Mai erneut interniert worden, doch da er zu den wenigen in Am erika bekannten und beliebten deutschen Schriftstellern zählte, herrschte hier ein gewisses ö ff entliches Int e res s e a n seinem Schicks a l. Im Septe m ber hatte die New York Ti m es berichtet, er sei in Paris u n ter d er Guilloti n e hingeric h tet wor d en. Nun stellte sich heraus, daß ihn das a m erikanische Konsulat von Marseille auf Ver a nlassung Eleanor Roosevelts, die durch ein Photo von Feuchtwanger h i nter Stacheldraht auf m erks a m geworden war, aus Les Milles herausgeholt hatte. Ge m einsam m i t Heinrich Mann, dessen Frau, Golo Mann sowie Al m a und Franz Werfel war er zu Fuß ü ber die P y renäen bis nach Portugal gelangt und hatte in Lissabon eines der letzten Schiffe n a ch A m erika neh m en können. In dem Artikel, den Carla las, stand, daß er eine Rede zur Eröffnung des Palä s tina-Pavillons in der W eltausstellung halten werde. Es war sehr weit hergeholt und nur ein Strohhal m , doch Käthe hatte im m erhin ei n ige Z eit f ür ihn g earb e it e t, u n d Carla hielt es nic h t für ausgeschlossen, daß Feuchtwanger oder seine Frau ihr in den letzten Monaten begegnet waren o d er vielleicht von ihr gehört hatten.
Dr. Gold m a nn begleitete sie. E r hatte die Erlaubnis beantragt und erhalten, in Kalifornien praktizieren zu dürfen, und m it ihrer Hilfe ein kleines Haus in Santa Monica gefunden, das ihm gefiel. Eigentlich wollte er in den nächsten Jahren so wenig wie m öglich reisen, es genießen, an ein und de m selben Ort bleiben zu können, und wieder versuchen, wie ein nor m aler Mensch zu leben. Allein sch o n Polizi s ten oder anderen Unifor m i erten zu begegnen, ohne unwillkürlich Furcht und Abneigung zu verspü r en, kostete Überwindung, und die engli s che S prache bereitete ihm noch einige Proble m e. Aber das wurde alles besser, und die m ilde, trockene kalifornische L uft, die Sonne und die Nähe des Meeres beka m en ih m . Unglaublich, jeden Tag schwim m en zu können, wenn m an wollte. Das Salzwasser tat seinem Rücken gut, und all m ählich fühlte er sich wieder seinem Alter g e m äß, statt wie ein vorzeitiger Greis. Dennoch, die Reise nach New York hatte ihn einiges an Anstrengung und Nerven gekostet, m ehr, weil es eine so ungewohnte Erfahrung gewesen war. Carla hatte darauf bestanden, daß er flog, statt drei Tage lang m it dem Zug unterwegs zu sein. Flugzeuge w u rden als Verkehrs m ittel immer populärer, doch Dr. Gold m ann hatte noch nie in einem gesessen, hingegen alles über den Absturz der Hindenburg vor einigen Jahren gelesen.
»Das war ein Luftschiff«, versi c herte ihm Ca r l a, »ein Ze ppelin, kein Flugzeug. Flugzeuge sind viel, viel sicherer.«
Als die Maschine abhob, hatte er sich fest an seine Sitzlehnen geklam m ert, und der Druck auf seinen Ohren verursachte ihm zunächst Übelkeit, d o ch nach ei ni ger Z e it hatte Dr. Gold m ann begonnen, die neue Erfahrung zu genießen. Die Fortschritte der Technik erstaunten ihn im m er wieder. Im let z ten Krieg waren Flugzeuge noch etwas Außergewöhnliches gewesen er er i nnerte sich an den Ku l t um den Roten Baron, Manfred von Richthofen -,
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