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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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ein Ziegelstein treffen, und dann wuchs Martina m it nichts als den Lügen von der schönen, neuen, arischen W elt auf. Er war viellei c ht kein guter V a ter, doch er konnte ihr zu m i ndest etwas von der W ahrheit m itgeben.
    Die kleine Trauerge m einde lös t e sich nach den Beileidsbezeugungen rasch auf. Gustav Knuth, der ein m al für Roberts Julius Caesar vorgesprochen, aber dann andere Verpflichtungen hatte einhalten müssen, sah ihn an und zitierte aus dem Stück: »Gehab dich wohl, mein Brutus, für und für!/ Sehn wir uns wieder, lächeln wir gewiß,/ Wo nicht, so war dies Scheiden wohlgetan. «
    » W as hat er da m it gemeint, Pap a ?« fragte Martina, als sie wieder in sei n em Wagen saßen. Also sprach sie wieder mit ih m .
    » W illst du das wirklich wisse n ? « E r st r eckte de n Arm zu ihr hinüber, zog an ihrer Schleife und löste sie auf. »Oder soll ich dir ein nettes Märchen erzählen? Mit so rotgeschwollenen Augen kannst du nicht gut se hen, und ich wollte dich heute noch ins Kino m itneh m en.«
    Sie biß sich auf die Lippe. »Ich will’s wissen. Aber das ist doch dann die letzte sc h rec k liche Gesc hi c h te heute, oder ? « setzte sie bittend hinzu.
    »Ganz gewiß. Er hat einen Satz a u s einem Theaterstück gesagt, in dem zwei F r eunde voneinander Abschied neh m en, die sich entweder siegreich wiederse h en od er überhaupt nicht.«
    Ihre Augen, von einem tiefdunklen B l au, wie es ganz ihr eigen und von keinem ihrer E ltern ererbt war, weiteten sich, und sie schluckte.
    »Meint er, d u stir b st v i elleic ht ? W i e Herr Gotts c hal k ? «
    »Eigentlich m einte er uns alle, die wir bei der Beerdigung waren, außer dir«, fügte er beruhigend h i nzu. »Und nein, ich glaube nicht, daß wir sterben. Aber es könnte sein, daß wir bald keine Rollen m ehr bekommen, und dann hast du doch noch zwei Väter an der Front.«
    Er überlegte, wie realistisch eig en tlich die I d ee z u r De s ertation war. An der Ostfront überhaupt nicht; ihn schauderte bei dem Gedanken an einen sibirischen Gulag. Und im Westen wur d e derzeit kaum mehr gekä m p ft, außer bei der Luftwaffe, und er konnte nicht fliegen. Um zu desertieren, brauchte es eine akzeptable feindliche Ar m ee. Sich f ür Hitler umbringen zu lassen o d er andere u m zubringen war eine scheußliche Vorstell un g, aber we n n die einzi g e Alternative darin bestand, Stalin in d i e H ände zu fallen… Sei kreativ, befahl er sich. Da m ußte es doch noch andere Möglichkeiten geben. Auf illegale W eise in die neut r ale Schweiz zum Beispiel, über die Berge. Das wäre ideal, m it Die t er und Jean-Pierre als Bürgen, die einen doch wohl vor der W iederauslieferung bewahren würden. Ja, das war der beste Plan für den Notfall.
    Der Gedanke versetzte ihn wieder in etwas bessere Stim m ung, und er begann, Martina eine Geschichte über die Unfälle bei seinem letzten Film zu erzä h len, u m sie aufzuheitern. Nachdem er Macbeth wie versproc h en im Eilte m p o gedreht, a bgelie f e r t u nd einen b e achtlichen Er f olg da m it erzielt hatte, war d a s Stierkä m pfer e pos unter der Regie von Gustav Ucicky an die Reihe gekommen, wobei der Versuch, Babelsberg in ein glaubwürdiges Spanien zu verwandeln, zu allerlei Malheurs führte, ganz zu schwe i gen davon, daß die ar m e Marianne Hoppe m it schwarzer P erücke eine glutäugige Fla m enco-Tänzerin abzugeben hatte, weil die ursprün g lich für diese Rolle v orgesehe n e Marika Rökk nicht zur Verfügung stand.
    »Also m uß t e Marianne in aller E i le Fla m enco lernen, g anz zu schweigen von m einer W enigkeit. W i r sahen zusam m en wie zwei Tanzbären aus, aber der Ucicky wollte es ja nicht anders haben.«
    Sie kicherte bei der Vorstellung von ihm als Tanzbären, und er riskierte es, sie erneut m it einer Zi g arette aus ihrem Ohr zu nec k en.
    Martina streckte ihm die Zunge h e raus, und sie entspannten sich alle beide ob dieser W iederherstellung des Status quo. Der Film, den er für sie aus g esucht h atte, war schon ein paar J a h re alt, wur d e jed o ch wegen seiner Beliebtheit im m er wieder gezeigt und gefiel auch ihr: Der Mann, der Sherlock Holmes war.
    »Kennst du Hans Albers auch, Papa?«
    »Das will ich m einen. Er hat m al in ei n em meiner Fil m e m itgespielt. Da fällt m ir ein, du kennst ihn eben f all s , m ein Schatz, intim sogar. Er hat dir die W i ndeln gewechselt.«
    »Hat er nicht!« rief sie, halb entzückt, halb peinlich berührt.
    »Hat er doch. Frag deine

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