Unter dem Zwillingsstern
m it den gelben Sternen auf, aber sie sagte nichts mehr dazu. Die Her m iaden, wenn auch nicht deren Ehepartner oder Lebensgefährten, kannten Martina alle, doch ihre Anwesenheit hier r i ef ein paar beunruhigte Blicke hervor.
»Hältst du das für klug, Chef ? « fragte Hel m ut.
»Ich halte es für besser als die A lternative. Ich sehe sie ohnehin kaum ein m a l im Monat, und genau in dieser Zeit den treuen Parteigenossen zu spielen gehört nicht zu m einen zugegebener m aßen beschränkten Vorstellungen vom Vatersein.«
»Hier geht es aber nicht nur um dich, Robert«, gab Hel m ut ungeduldig zurück.
»Ich weiß, doch du unterschätzt sie. Martina kann schweigen, nicht wahr, Martinette?«
Sie nickte. Nicht zu schweigen bedeutete, ihren Vater überhaupt nicht m ehr zu sehen, und Ma m a, die s i ch Sor g en um Papa Larwitz m achte, wu r de von Tag zu Tag pingeliger und strenger. Außerdem war sie b e i all e r Au fg ewecktheit und dem Schock des Begräbnisses noch zu jung, um das Verhalten ihres Vaters und seiner Freunde nicht m it Gehei m bünden und Räuberro m antik in Verbindung zu bringen, und beides übte einen großen Reiz auf sie aus. Als das erste Mal je m and in ih r er Hörweite einen politischen W itz riskie rt e, wenn auch einen von den har m loseren, lachte sie m it, obwohl sie ihn nicht ganz verstand, denn sie begriff, daß sie in dem Gehei m bund akzepti e rt worden war.
» W assereinbruch bei G örings«, sagte Friedel, der wie Helmut im Staatstheater am Gendar m enmarkt arbeitete, nur als Bühnentechniker. »Das H aus m ädchen m eldet, Badezim m er und Küche seien überflutet. Darauf Göring: Man br i nge m ir m eine Ad m iralsunifor m !«
Als Scherz über Görings Ordens-, Titel- und Unifor m sucht war es nicht ein m al besonders bissig, aber weil sie alle immer noch wegen Gottschalk bedrückt waren, zählte es viel, überhaupt wie d er lachen zu können. Es klingelte, und Astrid, die wegen ihres Sohnes etwas später ka m , stürzte herein.
»Kinder«, rief sie, »ihr glaubt nicht, was ich gerade im Radio gehört habe. Die Japaner haben Haw a ii an g egriffen. Die Amerika n er befinden sich jetzt auch im Krieg!«
Martina be m erkte, daß jeder m ann b e treten dreinschaute, besonders ihr Vater, und fragte, was denn Krieg zwischen Japanern und A m erikanern m it ihrem Krieg hier zu tun habe. Sie wußte, wo Japan und A m erika auf der W eltkugel lagen, Ma m a hatte es ihr ein m al gezei g t. Es war ganz weit weg.
»Die Japaner sind unsere V e rbündeten«, erklärte Nina.
»Haben wir A m erika a u ch den Kri e g erklärt?« fragte ihr Vater Astrid. »Oder w urde das nicht erwähnt?«
»Nein, davon sagte der Nachrichten s precher nichts. Aber Robert, du weißt, daß es unausweichlich ist.«
Er nickte, u nd Martina entdec k te, daß sich seine Hände um die Tischkante verkra m pft hatten. Sie überle g te, w arum er es schwerer zu neh m en schien als die übrigen bei Tisch, zögerte eine Weile und fragte ihn dann offen.
»Meine beste Freundin lebt in A m erika«, erwiderte er, »und jetzt werde ich ihr noch nicht ein m al m ehr schreiben können.«
Vier Tage nach dem japanischen A n griff auf Pe a rl Harbour erklärte das Deutsche Reich den USA den K r ieg, und in Hollywood änderten sich schla ga rtig die Pri o ritäten. Bisher war m an Skripts, welche die europäi s che Gegenwart the m atisier t en, eher aus dem Weg gegangen, trotz des m ittlerweile im m ensen Z u stro m s von E m igranten nach L o s Angeles, die ihr Glück früher oder später alle bei der Fil m industrie versuchten. Die Methode von Bruno Frank, in seinem Drehbuch für den Glöckner von Notre-Dame das Motiv der verfolgten Zigeuner als durchsic h ti g e Alleg o rie für die v er f olgten Juden einzuschleusen und Es m eralda ein leide n sc h aftliches Plädoyer für die Aufnahme ihres Volkes an die Staatsgew a lt h a lten zu lassen, w a r lange Zeit die einzig erfolgreiche Variante, um die Abneigung der Studiooberhäupter gegen »politische« Themen zu überlisten. Mit dem Dez e m b er 1941 änderte sich das. Fil m e m it politi s chen The m en waren nun ein patriotischer Kriegsbeitrag, die entsp r echenden Drehbücher erhielten ungeahnte Förderung, und Carla war nur eine von vielen Schauspielerinnen europäischer Herkunft, die auf ein m al eine Flut von Angeboten für Projekte wie Mein Mann, der Nazi-Spion, Helden in Frankreich o d er ( die Univ e rs a l-Variant e ) Sherlock Holmes gegen die Nazis erhi e
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