Unter dem Zwillingsstern
inzessin na m ens Miranda, die auf ei n er einsa m en I n sel aufwuchs, m it einem Vater, der z a ubern konnte und eines Tages einen Sturm heraufbeschwor, der eine Menge Leute an Land spülte. Die Geschichte spann einen sicheren K okon um sie, der sie vor ihrer Furcht schützte, und noch ehe er an das Ende gelangte, war sie eingeschlafen.
Der Tod v o n Joac h im Gottschalk und sei n er F a m ilie h atte ei n e W i rkung bei den Schauspielern, die von Goebbels so nicht vorausgesehen worden war. Dem Schock und der Furcht des ersten Tages folgte ein Sturm von En t r üstung und Scha m . Ganz gleich, wie sie zu dem Reg i me standen, die Mitglie d er der Fil m und Theaterwelt hatten s ich m it ihm arran g iert. Das R e gi m e sch m ückte sich m it s e inen Stars, und die Stars ließen sich zum größten Teil durchaus nicht ungern durch Einladungen zu E m pfängen hofieren, ganz zu schweigen davon, daß Goebbels persönlich für seine nicht nur den Film betreffende Vorliebe für Schauspiele r innen berühmt war, die ihm den Spitzna m en »Der Bock von Babelsberg« eingebracht hatte. A l s er a m Tag nach Gottschalks Beerdigung einen E m pfang gab, erwartete er, daß die Geladenen wie üblich, vielleicht etwas eingeschüchtert, erscheinen würden. Pl ö t z lich la u ter Absagen zu erhalten war ein ungewohnter Schock. Sein Kultursenator und Sonderbeauftragter, Hans Hinkel, der Gottschalk den Befehl, sich scheiden zu lassen, überbracht hatte, wurde off e n geschn i tten, und als Goebbels in Babelsberg erschien, traf er nur auf eisige Mienen und stum m e Ablehnung. Zudem ver m ittelte ihm der SD Beric h te von n ichts als au f sässigen Gesprächen.
Das alles w ar höchst beunruhigend. Schauspieler waren ein karrierebedac h tes, selbstsüchtiges Völ k chen, die wußten, was gut für sie war. W enn sie es dermaßen verga ß en, stellte d as ein sc h l echtes O m en für den Rest dar, und außer d em waren Anzeichen von Rebellion ganz und gar nicht gut für den Kulturbetrieb. Ganz abgesehen davon, daß er wir k lich in d ie Fil m welt vernar r t war u nd sie n ic h t m issen wollte. Also entsc h ied e r sich, nach dem Gotts c halk-Fiasko gut W etter zu m achen. Er verkündete, Gottschalk habe die Nerven verloren, m it der Reaktion habe keiner rec h nen können, was so nahe an eine Entschuldigung heranka m , wie es Goebbels möglich war. Es gab
keine weiteren Aufforderungen m e hr, nichtarische Ehepartner loszuwerden, und die Teilneh m er an Gottschalks Beerdigung m ußt e n keine Konsequenzen tragen. Nun ja, fast keine. Gottschalks Bruder, der SS-Mann, der nicht zur W elt des Fil m s und des Theaters gehörte, wurde von der Partei ausgeschlossen. Und Robert König wurde m itgeteilt, m an benötige zw ar weiterh i n sei n e Dienste als Sc h auspi e l er, doch als Regisseur dür f e er m it keinem einzigen Engage m e nt, weder beim Fi l m noch beim Theater, m ehr rechnen.
Es war ein h erber Sc h l ag für Robert, doch er kam nicht unerwartet, und m it irgend etwas hatte er gerechnet. Ge m essen an dem Anlaß war es ohnehin beschä m end ha r m l os. Gottschalk und seine Fa m ilie waren tot, und die Zahl der Menschen m it d e m aufgezwungenen gelben Stern, denen m an begegnete, nahm weiter s tetig ab. Das ei n zig positi v e Re s ult a t sei n es Verhaltens lag f ür ihn darin, daß s ich das Verhält n is z u sein e r T o chter g ebe s sert h atte u nd sie nicht länger blind alles nachplapperte, was sie in der Schule und i m Radio hörte. Sie m ußte sogar ihr e r Mutt e r die T e ilnah m e an Gottschalks Beerdigung verschwiegen haben, denn sonst h ä tte er sicher einen erzürnten Telefonanruf von Monika erhalten. Bei Martinas nächstem Besuch riskierte er es, sie zu dem wöche n tlichen Essen m itzuneh m e n, das die Her m iaden unter sich veranstalte t en und bei dem nicht nur Neuigkeiten aus g eta u scht wurde n . Er ließ sie die T a sche voll e r Leb e ns m itt e l m ittragen, die er brachte, und sie fragte, ob sie d enn auch beim Kochen m i t m a chen würden.
»Nein, das hat Nina schon erledigt. A ber einige von m einen Freunden bekom m en keine Lebens m ittelka r ten f ür Obst oder Flei s ch od e r weißes Mehl. Deswegen legt der Rest von uns im m er zusam m en, was sich entbehren läßt.« Er gri n ste. »Und m ir insbesondere schadet eine Diät nie!«
» W ieso bekom m en sie kein Obst und kein Fleisch ? «
» W as denkst du ? « fragte er ernst.
»Oh.« Im F l ur von Ninas Haus fielen ihr die Mäntel
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