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Unter dem Zwillingsstern

Titel: Unter dem Zwillingsstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Kinkel
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m an nicht ein m al m ehr ungeplant husten darf ? «
    Philipp starrte an ihm vorbei in die nächtlichen Schatten. »Das kann nicht so geplant gewesen sein. Nicht von Anfang an. Ich weigere m i ch, das zu glauben. Der Führer wollte ein neues Deut s chlan d , ein starkes Deutschland, dafür hab e n wir gearbeitet, nicht für… einen Massen m ord.«
    Abrupt stand Robert au f . »Bevor Sie m it der Propaganda an f angen, sollten Sie lieber verschwinden, Philipp. Ich bin nicht gut im Anhören von Geständnissen von Mitwirkenden an einem Massen m ord, aber im m er noch besser als im A n hören d e r n a tionals o zi a li s tisc h en Phrasenplatte. Besonders unter diesen U m ständen.«
    Philipp lachte, rauh und krächz e nd und ohne den geringsten Funken Heiterkeit. »Sie kapieren es immer noch nicht. W i r sind alle Mitwirkende. Deswegen kann ich nicht aufhören, einfach m eine Sachen packen und die Fabrik in Polen schließen, deswegen m üssen wir den Endsieg erreichen. W as glauben Sie denn, was m it Deutschland ge s chi e ht, was m it den Deutsc h en gesc h i eht, wenn die Alliierten siegen und da s entdecken? Es gibt jetzt kein Zurück m ehr.«
    »Sie sind wahnsinnig. Sie und die ganze Partei.«
    »Und Sie profitieren v o n diesem Wahnsinn. Ich m eine nic h t nur Ihre nette kleine Karriere. Oder bilden Sie s i ch ein, Sie h ätten saubere Hände, wegen der paar Freunde, die Sie decken oder außer Landes geschafft haben ? «
    »Nein. W enn ich saubere Hände hätte, dann hätte ich m it ihnen Flugblätter geschrieben wie diese Münchner Studenten und wäre tot. Oh, ich weiß, was ich bin, Philip p , aber sel bs t Prag m atismus hat Grenzen. Und Sie wissen, was Sie sind, sonst wären Sie heute nacht nicht hier, u m Ihre Seele zu erleic ht ern. W as erwarten Sie eigentlich von m ir? Absolution? Dafür?«
    »Ich weiß es nicht«, mu r m elte P hilipp, »ich weiß e s wirklich nicht.«
    Roberts knochentiefe Erschöpfung ver a nlaßte ihn, sich wieder zu setzen und die Augen zu schließen.
    »Nur so, ganz nebenbei werden Sie m i ch m orgen anzeigen, da m i t dieses Gespräch wirklich unter uns bleibt? W e nn ich sterben soll, wüßte ich es gerne. Die letzte Mahlzeit, der letzte Brief und so weiter. W i r Schauspieler legen W ert auf einen korrekten Abgang.«
    Ein klirren d es Geräusch ließ ihn a u fschrecken; zu sei n er Ü berraschung hatte die Be m erkung Phili p p dazu veranlaßt, sein Portweinglas gegen die W and zu schleudern.
    »Sie«, stieß er hervor, mühsam um Atem ringend, »sind eine einzige wandelnde Zu m utung. W as gl a uben Sie eigentlich, warum S i e noch am L e ben sind? N ach all den Unvorsichtigkeiten und Sperenzchen, die Sie sich in den letzten J a hren gel e istet habe n ? W eil m an Ihre werte Person für so unentbeh r lich für die deutsche Fil m wirtschaft hält ? «
    »Soll das Ihre subtile Art sein, a n zudeuten, ich schulde Ihnen m ein Leben und sei ausgesprochen undankbar ? «
    »Manch m al wünschte ich, ich hätte da m als Sie a ngezei g t und nicht Ihre Freun d e. Ja, das w a r m eine subtile Art. S ie hatten rec h t da m als wenn ich Sie töte oder zulasse, daß Sie sterben, verliere ich den letzten Rest m einer Seele. Es m uß etwas geben, irgend etwas, das m a n nicht tun kann. Ein letztes Tabu.«
    » W issen Sie was«, sagte Robert m i t einem plötzlichen Entschluß,
    »da Sie m i ch für heute dauerhaft um m einen Schlaf gebracht und m i r außerdem den besten Anlaß aller Z eiten geliefert haben, werde ich m ich tatsächlich betrinken.« Er stand auf und ging in die Kü c he, um ein neues Glas und eine weitere Fla s che zu holen, doch ehe er beides vor Philipp abst e llte, f ügte er hinz u : »Ihr He f t m it Lebens m ittel m arken, wenn ich bitten dar f .«
    » W as?«
    »Ich bin nicht in sehr großzügiger Stimmung Ihnen gegenüber, Philipp, das ist schon die zweite Flasche, und wir haben, wie uns der Minister für Propaganda im l e tzten Monat verkündete, unseren selbst g ewollten t o talen Krieg. Das He f t .«
    » W ie können Sie jetzt an so etwas denken ? «
    »Man nennt es Motivation. Das Heft.«
    Kop f schüttelnd kra m te Philipp in seinen M anteltasc h e n , f and schließlich seine Brieftasche und legte das Gewünschte auf den Tisch. Nach de m , was Gründgens über die Em pfänge in Karinhall erzä h lt hatt e , wo selbst im totalen Krieg Lachs aus Norwegen und Burgunder aus Frankreich serviert w urden, konnte sich Robert vorstellen, daß m an in Philipps K r eisen

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