Unter dem Zwillingsstern
antun will, da n n fahre ich nach A m erika.«
Etwas an seiner Unbeküm m ertheit klang falsch, und sie hörte es sofort. »Du hast dich schon ein paar m al beworben, stim m t’ s ? Schon von Zürich aus, und sie haben dich abgewiesen.«
»Nein«, entgegnete Robert m echanisch, aber nach einer W eile gab er das Leugnen auf. »Doch. Drei m a l. Aber daran liegt es nicht allein. Erstens bin ich wirklich gerne unterwegs, und z w eitens überlege ich zur Zeit ernsthaft, Eremit zu werden.« Er zog eine Gri m asse. »Ich bin da in einen ganz schönen Schla m assel geraten. Es fing alles da m it an, daß ich wütend auf Dieter und Jean-Pierre war, besonders auf Jean-Pierre, wegen et w as, das er g esa g t h a t t e, a l so zog i ch l os, um m i r und ihm zu beweisen, wie sehr er sich irrte, und ging m it jeder Frau in dem Ense m ble, die ich dazu kriegen konnte, ins Bett. Natürlich fanden sie es heraus, und am S c hluß haben m ich beinahe alle im Theater 22 geschnitten. Nur ausgerechnet Jean-Pierre fand es ungeheuer ko m isch. Ich glaube, er hat noch auf dem ganzen Weg zum Bahnhof ge l acht. Dieter m einte, wenn sie m i ch jetzt nicht in den Zug setzten, würde sich eine Lynchschwadron for m ieren.«
Carla schob ihren leeren Eisbecher beiseite, stützte beide Ellenbogen auf den Tisch, faltete die Hände ineinander, legte ihr Kinn darauf und betrachtete ihn. Er nannte das bei sich ihre Charlie-Chaplin-Haltung.
»Lach ruhi g «, seufzte Robert, »oder willst du wissen, was Jean-Pierre gesagt hat ? «
»Später. Jetzt bin ich auf etwas g a nz anderes neugierig, du Held, und wenn du m i ch gerade nicht wie d er angelogen hast, wirst du es m ir verraten können.« Ihre a m üsierte Pose brach zusam m en, und sie fragte offen neugierig: »Macht es m ehr Spaß m it einem Mann oder m it einer Frau?«
Roberts Gelächter rief einen der K ellner auf den Plan, der sich schon näherte, um ihn um etwas Rücksicht auf die anderen Gäste zu bitten, als er sich wieder beruh i gte. » W ir sind immer noch Jungfrau, wie ? «
» W as hat denn das…«
»Sonst m üßtest du nicht f ragen. Aber bitte«, e r s e tzte s e ine ü b erl e genste Miene auf, und Carla trat ihn hei m lich unter dem Tisch, »es m acht m it beiden Sp a ß. Obwohl i h r Frauen dazu neigt, hinterher noch endlos reden zu w ollen, und es einem übelneh m t , wenn m an gleich verschwindet.«
»Kein W under, daß sie dich au f hä n gen wollte n «, m ur m elte Carla. Auf d e m Weg in einen der riesigen Berliner Kinopaläste begegneten s ie einem Paar, das Unter s chr i f ten f ür eine Petition s a mmelte, deren Ziel die Begnadigung eines gewissen Max Holz war. Robert kannte den N a m en nicht, doch Carla brachte er eine ganze Artik e l serie in Erinnerung, die Käthe geschri e ben hatte; es handelte sich, soweit s i e w u ßte, um ei n en Soziali s ten, der als Führer des Arbeitslosenrates in Falkenstein m it der Reichswehr a n einandergeraten war, während des Kapp-Putsches Arbeiter zum K a mpf gegen die Putschisten bewaffnet hatte und schließlich in einem u m strittenen Prozeß wegen Mordes an einem Gutsbesitzer zum Tod verurteilt worden war. Seit fünf Jahren kä mpfte er um eine Revision des Urteils, und nun hatte, wie die beiden Petition i sten erklärten, der Hauptbelastungszeuge seine Aussage wiederr u fen und ein gewisser Friehe gestanden, er selbst habe d e n Gutsbesitzer erschossen.
»Und noch immer sitzt Holz im Zuchthaus! Es war von Anfang an ein politischer Prozeß, und jetzt erkennt wohl auch der blindeste Bürger, daß m an Max Holz seiner Gesinnung wegen eingesperrt hat, während reaktionäre Verbrecher wie Ehrhardt oder Hitler sich längst wieder in Freiheit befin d en! Freih e it f ür Max H o lz! Frei h eit f ür alle politischen Gefangenen!«
Weil die beiden sie m it ihrem Engage m ent so an Käthe erin n erten, untersc h rieb Carla. Sie ver m ißte Kathi, aber s ie brachte es nicht fertig, ihr das zu schreiben oder gar nach München zu fahren. Kathi änderte ihre Ansicht über den Schauspielerberuf bestim m t nicht, und die ganze Z eit gewogen und für zu leicht befunden zu werden war etwas, von dem sie wirklich genug hatte. Robert unt e rschrieb, weil sie untersc h rie b ; er hatte kein großes Interesse für Politik und fand, daß Linke wie Rechte die Sache v i el zu er n st nah m en. T r otzdem überraschte es ihn, vor dem Kino in dem Zuschauerstrom einige Männer in brauner Uniform zu sehen.
»Gibt’s die auch hier? Ich dachte, das
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