Unter Den Augen Tzulans
zu und schritt zur Tür, an der die Bewaffneten unschlüssig herumstanden. Hulalia warf ihnen einen Beutel mit Münzen vor die Füße, und sofort ging ein Leuchten über die Gesichter der Wachen. Ihr Anführer bückte sich nach dem Bestechungsgeld und befahl den Abmarsch, packte Soscha im Genick und zog sie mit nach draußen.
»Keine Zeit für lange Erklärungen. Das holen wir alles nach, wenn Ihr in Freiheit seid«, flüsterte Fiorell und raffte das Kleid nach oben, um an die Korsage zu gelangen. Aus den Seitenverstrebungen des Miederstückes zog er zwei schmale Stilette, eines davon reichte er Stoiko. »Ihr werdet eine der Wachen töten müssen. Seid Ihr dazu in der Lage?«
»Wie sieht der Plan aus?«, verlangte der Mann aufgeregt zu wissen.
Fiorell grinste breit. »Ihr hättet nicht gedacht, dass Ihr die alte Hulalia noch einmal sehen werdet, was?« Die schmale Klinge verschwand im Ärmel des Kleides, der Griff zeigte nach vorne. »Wir werden die Wachen überwältigen, während draußen ein Feuer in den Stallungen ausbricht. Im allgemeinen Durcheinander werden wir entkommen, Helfer stehen außerhalb des Gefängnisses bereit.« Er schlug Stoiko auf die Schulter. »Es wird alles gelingen.«
Der einstige Vertraute überlegte kurz. »Wir müssen das Mädchen mitnehmen. Sie kann Magie erkennen. Und die Männer hier benötigen wir auch.«
»Das wird nicht gehen.« Der Hofnarr schüttelte den Kopf. »Zu viele Menschen, zu viel Aufsehen, zu viel Gefahr. Ihr und nun auch das Mädchen müsst unbedingt entkommen.«
»Fiorell, das sind wichtige Leute.« Stoiko blieb beharrlich. »Bleiben sie hier, werdet auch ihr mich nicht von der Stelle bewegen.«
Ärgerlich stieg der schlanke Mann aus dem Kleid, warf die Korsage zu Boden und legte den Unterrock weg. »Na schön. Änderung des Plans. Aber beschwert Euch nicht, wenn wir wegen denen in Schwierigkeiten geraten.«
Der Hofnarr zog kleine Haken und Metallblättchen aus dem Miederstück und begann, an den Schlössern der ersten Zelle zu arbeiten. Ungefähr in der selben Geschwindigkeit, in der die Wache vorhin mit dem Schlüssel die Sperrvorrichtungen geöffnet hatte, knackte Fiorell die Verschlüsse.
Ein Adliger nach dem anderen wurde befreit, und zu Stoikos großer Erleichterung wollte der Duellist die undankbare Aufgabe mit dem Stilett übernehmen.
Als der Spaßmacher an der Kerkerzelle des »Schweigers« angelangte und die Tür aufschwang, sahen alle gespannt in diese Richtung. Die anderen kannte man, nur das Gesicht dieses eines Mannes hatte sich allen neugierigen Blicken entzogen.
Ein blasser, eher schmächtiger Mann trat heraus und betrachtete mit zusammengekniffenen Augen die anderen. Dann nickte er in Richtung des Ausgangs.
»Wie gewöhnlich«, meinte der Ehebrecher ein wenig enttäuscht. »Ich hatte irgendwie mit mehr gerechnet. Aber der große Unbekannte ist nichts Besonderes, wie schade.«
»Also los«, befahl Fiorell, bevor es weitere Verzögerungen gab. »Wir brechen nun aus. Wir schlagen uns gemeinsam durch, draußen werden wir erwartet. Unsere Freunde haben nicht mit so viel Gefangenen gerechnet, daher kann es sein, dass wir improvisieren müssen.«
Die Adligen verteilten sich rechts und links des Eingangs, bewaffneten sich mit Ketten und Mobiliar aus ihren Zellen. Die Stimme des Spaßmachers änderte sich, schraubte sich in unangenehme Höhen.
»Ach herrje! Herr Wachmann, Herr Wachmann, ich habe mir das Kleid an der Tischkante zerrissen. Würdet Ihr es wohl bitte zusammenhalten?«
Die Tür flog auf, und die Soldaten stürmten in der Hoffnung herein, eine entblößte Frauenbrust zu sehen. Stattdessen hagelte es Prügel, die Stilette waren nicht einmal notwendig, so schnell gingen die Männer zu Boden.
In aller Eile wechselten die Uniformen die Besitzer, die restlichen Adligen wurden scheinbar gefesselt und zur Verlegung bereit gemacht.
»Und wie kommen wir nun aus diesem Labyrinth heraus?«, wollte Stoiko wissen. »Ihr hattet doch die Augen verbunden?«
Fiorell grinste und tippte sich an den Kopf. »Ich mag vielleicht ein Narr sein, aber auf meinen Grips kann ich mich verlassen. Mir nach.«
Mit traumwandlerischer Sicherheit führte sie Fiorell durch die Korridore, gelegentlich blieb er stehen, um nachzudenken, dann ging es auch schon weiter. Soscha lief neben Stoiko her und hielt seine Hand. Sie zitterte ein wenig, die Aufregung war enorm.
Doch allen schlimmsten Befürchtungen zum Trotz, die der einstige Vertraute des Kabcar hegte, es lief
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