Unter Den Augen Tzulans
nennt«, lachte Perdór und schickte die Diener los, um den Bewusstlosen aus dem Teich fischen zu lassen. »Ich will ihn nicht ersaufen lassen. Dafür ist sein Unterhaltungswert einfach zu groß.«
»Das wollte ich nicht. Ich hoffe, es ist ihm nichts geschehen«, meinte Soscha, die sich vor Schreck die Hände vors Gesicht geschlagen hatte.
»Nichts, was er nicht schon gewohnt ist.« Der grau gelockte König winkte beschwichtigend ab.
Kontinent Kalisstron, Bardhasdronda, Winter 456/57 n.S.
Waljakov wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Wie war ich?«, wollte Lorin neugierig wissen und fuchtelte mit dem Holzschwert durch die Gegend, Paraden und Attacken gegen einen imaginären Gegner ausführend.
»Du bist schnell und ziemlich wendig«, urteilte der Leibwächter. »Aber deine Schläge sind zu locker. Du musst mehr essen und mehr mit dem Schmiedehammer arbeiten, damit dein Körper kräftiger wird. Und du wirst die Übungen, die ich dir gezeigt habe, von nun an regelmäßig jeden Tag machen, Knirps.«
»Ich bemühe mich«, versprach der Junge, stellte die Spitze der Übungswaffe auf den Boden und stützte sich auf den Griff. »Obwohl ich denke, dass ich mit meinen anderen Kräften besser wäre.«
»Sicherlich.« Waljakov nickte. »Aber bevor du an die Kombination von beidem denkst, beherrsche die Schlagtechniken. Du musst nachts aufwachen und sie vor Augen haben. Irgendwann hat sie dein Geist so verinnerlicht, dass du nicht mehr daran denken musst. Deine Arme reagieren von selbst. Das ist wichtig, wenn du einen Kampf überleben willst, denn zum Grübeln bleibt dir wenig Zeit.«
Er nahm dem Jungen das Holzschwert aus der Hand und legte es zusammen mit seinem auf den Tisch. Danach bereitete er ihm eine Schüssel mit Haferflocken und Milch. »Hier, iss das.«
Gehorsam schaufelte sich Lorin das Essen in den Mund und sah dabei aus dem Fenster, um den fliehenden Wolken nachzuschauen. Weil er die gequetschten Getreidekörner als zu trocken empfand, öffnete er seine Hand, und der Milchkrug rutschte über die Tischoberfläche genau in seine Finger. Erst jetzt schaute der Knabe nach dem Gefäß, übergoss die Flocken mit der weißen Flüssigkeit und aß weiter.
»Wie hast du das gemacht?«, wollte der Leibwächter wissen, der Lorins Tun mitverfolgt hatte.
Die blauen Augen wirkten ein wenig überrascht. »Ich wollte den Krug haben, und dann habe ich ihn mir genommen«, erklärte er selbstverständlich.
»Wenn ich etwas haben möchte, muss ich aufstehen und es mir holen. Du dagegen machst das wohl mit Magie?«
»Ich weiß nicht, ob man es Magie nennen kann. Es ist irgendwie anders als das, was Kalfaffel und seine Frau können.« Der Junge schob sich einen Löffel Haferflocken in den Mund und kaute zufrieden. »Aber es ist sehr nützlich. Ich benutzte es jedenfalls nur selten. Die meisten Leute schauen mich dann immer so seltsam an. So wie du eben.«
»Kein Wunder«, knurrte der Glatzkopf, während er mit Hilfe eines kleinen Kännchens Öl in die Gelenke der Hand gab. »Was kannst du eigentlich alles machen?« »Keine Ahnung.« Lorin zuckte mit den Schultern.
»Normalerweise lasse ich Sachen fliegen. Wenn ich noch mehr kann, habe ich es noch nicht bemerkt. Aber es reicht, um einem Angreifer im Kampf den Helm ins Gesicht zu ziehen oder die Hose rutschen zu lassen.« »Das kannst du gerne tun, wenn du die Bewegungen beherrschst«, empfahl sein Lehrer. »Vorher wirst du das schön lassen.«
Der Junge schluckte geräuschvoll, die Augen wurden ein wenig verträumt. »Meinst du, ich kann eines Tages in der Miliz dienen?«
»Ein Fremdländler darf nicht zur Stadtgarde, das weißt du.« Waljakov schüttelte den blanken Schädel.
»Du könnest noch so gut sein.«
»Vielleicht machen sie eine Ausnahme, wenn ich etwas Großes vollbringe«, hoffte er. Er setzte den Tellerrand an den Mund und schlürfte den Rest der Milch und Flocken aus dem flachen Gefäß. »Ich werde Bardhasdronda eines Tages retten, und dann müssen sie mich aufnehmen«, nuschelte er mit vollem Mund.
Waljakov lachte dröhnend. »Genau, Knirps. Du wirst die Stadt retten. Ein guter Plan. Und wie ich gehört habe, wartet der neue Kommandant der Miliz, Rantsila, nur darauf, dass sich Fremdländler mit heroischen Absichten bei ihm melden.«
»Du schwindelst mich an, richtig?« Der Teller klapperte auf den Tisch zurück. Ein weißer Rand war an der Oberlippe des Jungen haften geblieben.
»Genau, Milchbart«, sagte Waljakov und deutete zur Tür. »Und nun
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