Unter Den Augen Tzulans
Perdór.
»Aber leider ebenso kompliziert«, seufzte Soscha. »Wir wissen nämlich leider nicht, warum ausgerechnet Sabin magisch begabt ist. Seine Eltern sind beide tot, und wenn er es vererbt bekam, können wir es nicht mehr nachvollziehen. Er ist der älteste Sohn, die übrigen acht Geschwister sind nicht magisch.«
»Der Kabcar dürfte seine Portion Magie wohl durch den Blitzschlag in Granburg erhalten haben, oder? Der kam dann ja von Tzulan persönlich. Die spannende Frage ist, in welcher Farbe leuchtet der Kabcar?«, überlegte Fiorell. »Wenn wir also die Farbe kennen, können wir uns ungefähr einen Eindruck verschaffen, was uns von unserem Gegner blüht.«
Die junge Frau entdeckte ihren Ball, holte schwungvoll aus und rammte das Eisen mit Wucht in den Rasen. Ein sanfter Ruck, und der Schläger war wieder frei, aber voller Dreck. Soscha lächelte verlegen und berichtete schnell weiter. »Der Kabcar leuchtete orange, silbern, schwarz und blau, so ähnlich wie ein Regenbogen, völlig durcheinander. Ich erinnere mich noch sehr gut an das eindrucksvolle Spektakel, weil ich so etwas noch nie vorher gesehen habe.« Diesmal beförderte sie den Ball in ein kleines Wäldchen, wortlos reichte ihr der Narr einen Ersatzball. »Als er wütend wurde, wechselten sich Blau und Orange ganz schnell miteinander ab.« Das neue Leder verschwand auf der anderen Seite der Bahn in einem kleinen Teich. »Ich glaube, das ist nicht mein Spiel«, entschuldigte sie sich errötend und reichte einem der Livrierten den Schläger zurück. »Ich belasse es beim Zuschauen, wenn es recht ist.«
»Aber natürlich«, sagte Perdór und klaubte eine Praline vom Teller. »Um auf den Kabcar zurückzukommen, er schillerte also bunt? Wie unangenehm. Das bedeutet im Umkehrschluss, er hat Zugriff auf verschiedene Magiearten?«
»Nicht zu vergessen ist Nesreca«, warf Stoiko ein. »Er leuchtet, wie übrigens sein Gehilfe, dem wir beim Ausbruch aus der Verlorenen Hoffnung begegneten, in einem beinahe schon schwarzen Rot und verschluckte mehr das Licht, wie Soscha berichtete.« Der einstige Vertraute des Kabcar blinzelte in die schwach wärmenden Sonnen. »Zudem scheint es Unterschiede in der Handhabung zu geben. Lodrik hat mitunter Gesten eingesetzt, um etwas zu bewirken, oftmals aber benutzte er sie ohne Worte und Zeichen. Darin scheint ein weiterer Schlüssel zum Tor der Magie zu liegen. Um die Verwirrung perfekt zu machen: Als Hetrál ihn mit einem Pfeil töten wollte, reagierte seine Magie offensichtlich von selbst, um sein Leben retten.«
»So viele Möglichkeiten machen die Erforschung wirklich nicht eben leicht. Wenn wir das alles zusammenfassen, kommen wir zu dem Schluss, dass der Kabcar ein Vielfachtalent ist, und diese anderen Gestalten um ihn herum mächtiger als er sind«, resümierte der König.
Stoiko und Soscha schauten sich verblüfft an. »Um ehrlich zu sein, von dem Standpunkt aus habe ich es noch nicht betrachtet«, räumte der einstige Vertraute ein. »Ich war immer der Meinung, Nesreca braucht Lodrik wegen dessen starker Magie. Es scheint aber etwas anderes dahinter zu stecken.« Nachdenklich hob er ein welkes Blatt auf und spielte damit.
»Bravo, Majestät!« Der Spaßmacher applaudierte. »Ein scharfer Verstand in einem weichen Körper.« Haarscharf pfiff das Eisen an seiner Fußspitze vorbei und bohrte sich ins Gras.
»Andererseits, diese Beobachtungen sind schon Jahre her«, schränkte Soscha die Schlussfolgerung des Herrschers ein. »Mittlerweile dürfte er weitaus fähiger im Umgang mit den Kräften geworden sein.«
»Vorausgesetzt Nesreca schult ihn so, dass er besser wird«, meinte der dickliche König und versenkte seinen Ball im Loch. »Ich habe so allmählich das sichere Gefühl, dass sich der Kabcar im Irrglauben befindet, wenn er annimmt, er könnte seinen Konsultanten und dessen Gefolge samt Sinured einfach simsalabim vom Kontinent zaubern, wenn er möchte.« Er zwirbelte eine graue Bartlocke um den Finger.
»Genau davor haben wir damals warnen wollen«, sagte Stoiko verzweifelt und warf die Fetzen des Blattes in die Luft. »Aber der Junge hörte nicht auf uns. Dabei war er doch auf einem so hoffnungsvollen Weg.«
»Wir müssen eine Möglichkeit finden, den guten Sabin auszubilden«, beschloss der ilfaritische König.
»Ich tue mein Bestes«, sagte die Ulsarin, die in der Bemerkung versteckte Kritik an ihren Methoden vermutete. »Ich lasse ihn täglich mehrmals Energien freisetzen, ich überwache den Ablauf
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