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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Byrgten aus einer mittlerweile schiefen Nase und Mund, die Lippen waren aufgeplatzt, die Augen waren zugeschwollen, und über der rechten Augenbraue klaffte eine breite Platzwunde. Der Schnee um den Liegenden herum färbte sich rot.
    »Das wird dir in Zukunft blühen, wenn du dein Schandmaul noch einmal öffnest«, drohte Lorin dem Kontrahenten, der kurz vor der Bewusstlosigkeit stand.
    Sicherheitshalber zerrte der Waljäger den Jungen vom Oberkörper herunter und überprüfte den Puls des Verletzten. »Bringt ihn zum Bürgermeister und lasst ihn heilen«, riet Blafjoll. Die Jungen stellten ihren Anführer auf die Beine und schleppten ihn davon. Aus eigener Kraft konnte Byrgten nicht gehen.
    Schnaufend stand Lorin in der Gasse und schaute dem Zug hinterher, aus dem ihm hin und wieder ein ängstlicher Blick zugeworfen wurde. Sein Knöchel brannten wie Feuer, aber fühlte sich gut. Sehr gut sogar.
    »Ist bei dir alles in Ordnung?«, erkundigte sich der Walfänger und betrachtete das Gesicht seines kleinen Freundes aufmerksam. »So habe ich dich noch nie erlebt.« Mit Verwunderung glaubte er zu bemerken, wie das Blau in den Augen des Jungen schwach leuchtete, als habe man eine Kerze hinter ein buntes Fenster gestellt. Dann wirkten sie wieder normal.
    Lorin beruhigte sich allmählich. »Das ist ein verdammter Tag«, ärgerte er sich. »Heute geht aber auch alles schief.«
    »Komm, es ist Zeit, dass du ins Bett steigst. Die Aufregung wird sicherlich morgen nicht mehr so groß sein.«
    Blafjoll lieferte den schweigsam gewordenen Jungen bei seinem Ziehvater ab und erstattete in aller Kürze Bericht.
    »Es tut mir Leid, Blafjoll«, sagte Matuc voll Mitleid. »Nun gehörst du durch unsere Schuld auch zu den Ausgestoßenen. Aber wenn du möchtest, dann vertraue dich Ulldrael an.«
    »Vielleicht tue ich das auch«, meinte der Walfänger zögerlich und schritt zur Tür. »Sei nicht zu hart zu dem Jungen. Er kann nichts dafür.«
    Er verschwand in dem Schneetreiben, das durch die Gassen und Straßen Bardhasdrondas fegte, als würde Kalisstra ihre Wut deutlich zum Ausdruck bringen wollen.
    Matuc betrachtete den niedergeschlagenen Lorin nachdenklich. »Du hättest diesen anderen Jungen, diesen Byrgten, beinahe zu Tode geprügelt, weißt du das?«
    »Aber er hat mich herausgefordert«, sagte der Knabe leise und senkte das Haupt. »Er hat mich so oft verprü­gelt, dass ihm das recht geschehen ist.«
    »Ulldrael der Gerechte ist nicht unbedingt ein Freund von Gewalt«, begann der Geistliche. »Und Kalisstra ist nicht die Göttin des Krieges oder der Schlägerei. Du hättest diesen Fischersohn mit Verachtung strafen können. Und wenn du vorbei gegangen wärst, ohne ihn eines Blickes zu würdigen, wäre das alles nicht passiert.« Offensichtlich stufte der Mönch die Prügelei höher ein als die Tötung eines Gamurs, was Lorin ein wenig wunderte. »Du wirst das nächste Mal nicht auf die Schreierei dieses Byrgten hören.«
    »Wenn er überhaupt noch etwas sagen kann«, murmelte der Junge mit grimmiger Schadenfreude.
    »Das«, sagte Matuc laut und mit bösem Gesicht, »ist nicht die richtige Einstellung, junger Mann. Ulldrael der Gerechte mag es nicht, wenn sich die Menschen einander Leid antun.«
    »Dann geh doch zu Byrgten und sage es ihm«, protestierte Lorin, sein Kinn reckte sich trotzig in die Höhe. »Ich habe nicht damit angefangen, und wenn er nicht aufhört, muss ich ihm eben zeigen, dass ich mich endlich wehren kann.«
    »Endlich wehren kann?«, wiederholte der Geistliche alarmiert. »Was heißt das, Lorin?« Er kam auf den Knaben zu und blickte ihm ins Gesicht. »Unterrichtet dich etwa jemand darin?« Lorin wich dem forschenden Braun aus und schaute zur Decke. »Ich habe dich etwas gefragt!« Der Junge presste die Lippen zusammen. »Es ist dieser glatzköpfige Leibwächter, nicht wahr? Er bringt dir bei, wie man sich schlägt und wie man Schwerter in Menschen stößt, habe ich Recht?« Er packte den Knaben bei den Schultern. »Das ist nicht rechtens.«
    »Sein Unterricht hat mir mehr geholfen als deine Gebete an Ulldrael«, rutschte es Lorin heraus.
    Die Hand des Mönchs ruckte in die Höhe und wollte zuschlagen, aber er besann sich. »Lorin, siehst du nicht, wohin dich diese Kunst, in der Waljakov dich unterweist, führt?«
    »Sie führt dazu, dass ich denjenigen, die mich verspotten, Respekt einbläue«, grummelte er uneinsichtig.
    »Momentan ist es noch Respekt, aber was ist, wenn du besser und besser wirst?«, fragte

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