Unter Den Augen Tzulans
Bedienstetenunterkunft warf, blieb er stehen. Er hatte eine der neuartigen Feuerwaffen gesehen, die an der Wand gelehnt stand.
Das würde ihm noch gefallen. Aber zuerst musste er Treskor holen.
Das Wiedersehen mit seinem Hengst ließ nicht lange auf sich warten. Der Schimmel wieherte und schnaubte freudig, als er den Geruch des Knaben wahrnahm.
Tokaro legte ihm stöhnend den Sattel und die Packtaschen an. Zwischendurch musste er seine Arbeit mehrmals unterbrechen, um die Schmerzen abklingen zu lassen. Nach einer scheinbar endlos langen Zeit führte er den Hengst über den Hof und erwartete bei jedem Klappern eines Hufs, dass sich die Türen und Fenster öffneten und Knechte heraussprangen. Aber Ulldrael musste mit ihm sein und die Menschen im Palast mit Taubheit geschlagen haben.
Er lotste Treskor in den Eingang des anderen Stalles hinein und stellte ihn in den Schutz der Schatten, bevor er zum Haus zurückkehrte, in dessen Fenster er die Büchse gesehen hatte. Ein Blick durch das Glas zeigte ihm, dass niemand in dem Zimmer war.
Zögerlich trat er ein, immer auf der Hut und bereit, wie der Blitz zu seinem Hengst zu spurten und zu flüchten. Der hintere Teil des Raumes war mit einem Vorhang abgetrennt, von wo heftiges, lustvolles Stöhnen eines Mannes und einer Frau erklang. Der Wachsoldat nahm seine Aufgabe offenbar nicht allzu ernst, und das war Tokaro gerade Recht.
»Macht nur weiter«, flüsterte der Junge und pirschte sich zur gegenüberliegenden Wand, an der alle zehn Büchsen lehnten.
Zuerst eignete er sich die Uniformjacke des Soldaten an, die auf dem Stuhl ruhte, und warf sie sich über. Knirschend pressten sich seine Zähne aufeinander, die verbrannte, empfindliche Haut rebellierte gegen die Berührung des groben Stoffs.
Er nahm eines der Pulverfässchen an sich, hing sich einen Sack Kugeln an den Gürtel und stahl eine der Büchsen samt des dazugehörigen Gurtes, an dem alle Utensilien angebracht waren, die man für den Umgang mit der Waffe benötigte. Beinahe hätte er die Büchse fallen lassen, so überrascht war er von ihrem Gewicht.
Auf leisen Sohlen und mit zusammengebissenen Zähnen verließ er das Wachhaus. Seine Beute verstaute er in den Packtaschen, die Feuerwaffe klemmte er wie eine kleine Fahnenstange mit dem Lauf nach oben dazu.
Danach stieg der Junge unter Aufbietung aller körperlichen Reserven auf und hielt sich mehr schlecht als recht auf dem Rücken des Schimmels. Dann lenkte er Treskor vom Hof in Richtung des Eingangstores.
An dem riesigen Gitter standen zwei Soldaten und Unterhielten sich leise. Als sie das merkwürdige Duo im diesigen, schwachen Licht des anbrechenden Tages bemerkten, kamen sie neugierig näher.
»Wohin des Wegs?«, erkundigte sich einer. »Was muss denn der hoheitliche Rennreiter schon so früh erledigen, dass er vor Morgengrauen den Palast verlässt?«
Am Tonfall und der freundlichen Art erkannte Tokaro, dass seine Amtsenthebung wohl noch nicht offiziell bekannt gegeben worden war. Er riss sich zusammen, drückte das Kreuz durch und zwang sich zu einem Lächeln. »Der Morgen ist der beste Zeitpunkt, um mit Pferden auszureiten. Da sind sie noch frisch, das Blut läuft besser in ihren großen Körpern.«
»Das hätte ich nicht gedacht«, staunte der Soldat und bedeutete seinem Kameraden, das Gittertor zu öffnen. »Wann wollt Ihr denn wieder an einem Rennen teilnehmen?«
»Mal sehen«, meinte der Knabe angestrengt, eine Schmerzwelle rollte über seinen Rücken. Wieder ächzte er auf.
Die Wache sah besorgt zu ihm und griff nach den Zügeln. »Ist alles mit Euch in Ordnung?« Sein Blick fiel auf den Lauf der Büchse. »Soll ich Euch nicht lieber zurückbringen?«
Der andere Mann am Tor hielt mit seinem Tun inne, nur ein mannsbreiter Spalt tat sich auf.
»Nein, nein«, widersprach Tokaro ein wenig zu schnell und drückte Treskor sachte die Fersen in die Flanken, um den Hengst zum Gehen zu bewegen.
Der Soldat nahm die Hand nicht weg. »Was ist denn dieses Ding in Eurer Packtasche? Darf ich mir das mal ansehen?«
»Aber sicher«, erlaubte der Junge und wartete nur darauf, dass der Mann die Lederriemen losließ. Kaum gab er sie frei, um nach dem Büchsenlauf zu langen, stieß Tokaro einen anfeuernden Ruf aus. Der Schimmel schoss los und raste durch den schmalen Ausgang, bevor auch nur eine der Wachen handelte.
Wie ein nasser Sack hockte der Knabe im Sattel, während der Hengst durch die sich allmählich mit Menschen füllenden Gassen Ulsars preschte. Im
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