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Unter Den Augen Tzulans

Unter Den Augen Tzulans

Titel: Unter Den Augen Tzulans Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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erfüllte.
    Dennoch eröffnete sie ihm einen Teil seines Schicksals.
    ›Ihr werdet der Nachfolger eines sehr großen, gefürchteten Herrschers werden und über viele Untertanen regieren,‹ sprach sie. ›Ihr werdet viele Kinder haben. Eines von der Frau, die Euch liebt. Drei von der Frau, die Euch verachtet. Und eines, von dem Ihr nicht wissen werdet, dass es nicht von Euch ist.‹ Und sie sah noch einen anderen besonderen Knaben, der seinen Lenden entstammen sollte. Dessen Existenz verschwieg sie ihm aber.
    DAS BUCH DER SEHERIN
    Kontinent Ulldart, Inselreich Rogogard, drei Meilen vor Ulvland, Winter 444 n.S.
    Ich hätte niemals gedacht, dass wir mit dieser Konstruktion bis nach Ulvland kommen«, rief Torben Rudgass lachend und schlug dem Steuermann erleichtert auf den Rücken.
    Der Mann mit den leicht geschlitzten Augen nickte ausgiebig und fiel ein wenig halbherzig in die Heiterkeit mit ein, obwohl er kein Wort von dem verstand, was der Freibeuter sagte.
    Durch das dichte Schneetreiben kämpfte sich die Lerrán Woge für Woge in Richtung der ersten rogogardischen Inseln im äußersten Westen. Tief lag der Rumpf der Dharka im Wasser, die unteren Räume des Schiffes hatten sich mit Wasser gefüllt, nachdem sie auf ein Riff aufgelaufen war, aber glücklicherweise nur geringe Schäden davontrug. Ohne den rogogardischen Seemann, den die Unbekannten aus den eiskalten Fluten gefischt hatten, wären die Fremden verloren gewesen.
    Torben kniff die Augen zusammen und versuchte, durch die wirbelnden Flocken hindurch das Land zu erkennen. Wenn alles gut verlief, müssten sie bald schon den Leuchtturm des Hafens sehen, der ihnen den Weg wies.
    »Das würde mir noch fehlen«, sagte der Rogogarder mehr zu sich selbst. »Auf den letzten Metern abgesoffen, weil wir einen Felsen übersehen haben.«
    Er sprang hinab auf das Deck, um nach dem notdürftig zusammengezimmerten und -gebundenen Großmast zu schauen. Die Männer hatten ihn unter seiner Anleitung nach sechs Seiten abgestützt und mit zusätzlichen Verstrebungen gesichert, damit er nicht durch den Druck des Segels ein weiteres Mal barst. Sollte er dennoch brechen, müsste man den Rest der Strecke mit den Beibooten zurücklegen. Nicht das Schlimmste, aber er wollte die Lerrán nicht aufgeben.
    Sie war das letzte der vier Schiffe ihrer einstigen Verfolger und nur deshalb noch übrig, weil es damals im Sturm seine Hauptmasten verloren hatte und zurückgefallen war. Ein Glücksfall, zumindest für Torben, denn die Fremden zogen ihn an der Unglückstelle, wo die Klapok und die Grazie in der Tiefe versunken waren, heraus, bevor er restlos erfrieren konnte oder die Ungeheuer der Tiefesee ihn fraßen. Sie steckten ihn abwechselnd in heißes Wasser und unter warme Pelze, bis er die Nachwirkungen seines Aufenthalts in der beinahe gefrorenen rogogardischen See überstanden hatte. Von den anderen Passagieren fehlte dagegen jede Spur. Außer Wrackteilen fanden sie nichts.
    Während er so dastand, eine Hand an das raue Holz des Mastes gelegt, beschäftigten sich seine Überlegungen mit dem Schicksal von Waljakov, Norina und den übrigen. Ihnen rechnete er keine Aussichten auf Überleben ein. Außer den Fremden war zu dieser Zeit mit Sicherheit niemand auf dem Meer gewesen, der sie hätte aufnehmen können. Schwer atmete Torben aus. Und dennoch wollte er sich so etwas wie Hoffnung bewahren, so unwahrscheinlich sie auch war.
    »Mein Lob und meine Anerkennung«, sagte eine Frauenstimme in seinem Rücken. Der Freibeuter drehte sich zu Varla um und schüttelte die wenig frohen Gedanken ab. Sie trug einen dicken Pelzmantel, Handschuhe und Fellstiefel, um sich gegen den beißenden Wind und die Kälte zu schützen. Um die Hüfte geschnallt baumelten Degen und Langdolch. »Wir scheinen es wirklich geschafft zu haben.«
    »Nun stell dir vor, du hättest mir damals die Kehle aufgeschlitzt, als ich mich in deine Kabine stahl«, sagte Torben. »Niemand hätte dich und deine Leute sicher hierher gebracht.«
    »Ich danke der Allmächtigen Göttin.« Die Kapitänin des Schiffes reichte ihm einen Becher Grog, den der Freibeuter dankbar entgegennahm. »Eine Woche länger, und wir wären voll gelaufen bis zur Bordwand. Das verdammte Leck ist einfach nicht zu stopfen.«
    »Wir kümmern uns an Land darum.« Torben nippte an dem heißen Getränk und musterte sie durch den Dampf hindurch, der aus der Tasse aufstieg. Sie hatten so etwas wie einen Burgfrieden geschlossen. Zwar war es nach wie vor seine Schuld,

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