Unter Den Augen Tzulans
er sich einmischte.
Schwitzend versuchte der junge Herrscher nun, den Griff mit aller Gewalt nach oben zu stemmen, aber auch das misslang. Ein kräftiger Schlag in die Nieren ließ ihn in die Knie brechen, ein Stoß gegen die Brust beförderte ihn im hohen Bogen vom Tisch weg. Hart prallte er auf die Marmorplatten.
Ein dunkles Grollen kam aus seiner Kehle. »Was glaubt ihr, wer ihr seid?«, schrie er wütend und sammelte seine magischen Energien in sich. »Ich bin der Hohe Herr! Ihr werdet mir dienen, wie es alle anderen tun!«
Ohne ein Ziel zu haben, flutete er den Raum mit blauen Blitzen, ein Ausbruch jagte den nächsten. Die feinen Strahlengespinste zuckten über die Steinwände, dann lenkte er sie gegen den Tisch, der unter der Kraft der Magie explodierte, Holztrümmer und -splitter stoben nach allen Seiten davon.
Klirrend fiel das Henkersschwert auf die Steinplatten, die Bannsprüche verloren augenblicklich ihr Leuchten. Das allgegenwärtige Wispern, Stöhnen und Rufen erstarb im selben Moment.
»Licht«, befahl Lodrik. Die Dochte der Kerzen entflammten sich und beleuchteten das Chaos, das im Studierzimmer herrschte. Fluchend stand er auf, ordnete die blonden Haare wieder zu einem Zopf und nahm seine Waffe auf. Sie wirkte so harmlos wie ein Stück Metall nur aussehen konnte.
Er verstaute das Schwert in der Scheide, hob das Büchlein auf und warf die Uniformjacke über. »Und wenn ich verstanden habe, wie man euch zu fassen bekommt, werde ich euch Respekt lehren«, brüllte er in den leeren Raum. »Ich weiß genau, dass ihr mich an eurem Ort der Essenzen hören könnt. Freut euch auf den Tag.«
Er schritt zum Ausgang und machte sich auf den Weg zu seinen Gemächern, um sich zu erfrischen und die Kleider zu wechseln. Aber immerhin hatte er den, wenn auch nicht befriedigenden, Beweis erhalten, dass das Beschwören von Seelen kein Hirngespinst war.
Lodrik nahm sich vor, aus den Gerichtsakten Granburgs herausschreiben zu lassen, wer der geheimnisvollen Klinge alles zum Opfer gefallen war. Grinsend pochte er auf die Hülle. »Na, Jukolenko, das wird noch ein gewaltiger Spaß für uns beide.«
In aller Eile zog er sich um und ließ sich den Brustharnisch über die graue Uniform schnallen, während er sich die weißen Handschuhe überstülpte. Ein letztes Wischen über die blanken Reitstiefel und er war zufrieden mit seinem Äußeren. Seine Untertanen sollten einen beeindruckenden Kabcar zu Gesicht bekommen. »Tue Gutes und rede darüber«, sagte er zu seinem Spiegelbild.
Mortva streckte den Kopf zur Tür herein. »Hoher Herr, hättet Ihr einen Moment Zeit für Euren bescheidenen Ratgeber?«
»Es gibt wirklich keinen Grund, bescheiden zu sein.« Der Kabcar wandte um. »Bei den Erfolgen.«
»Dennoch, es kleidet sich besser in Bescheidenheit denn in Angeberei«, meinte der Konsultant und trat ein. In der linken Hand hielt er eine große Pergamentrolle, die mit einer ruckartigen Bewegung ausbreitete. »Das sind die Pläne für die neue Kathedrale.«
Etwas amüsiert betrachtete Lodrik den Entwurf. »Und Ihr möchtet mir etwas von Bescheidenheit erzählen, Vetter? Das hier«, er tippte auf die Zeichnung, »ist mehr als Angeberei.«
»Ein Gott sieht es gerne, wenn man ihn schätzt. Und das wird eine Wertschätzung sein, wie sie ihm gebührt«, hielt der Mann mit den silbernen Haaren dagegen.
»Na ja, er hat genug für mich in letzter Zeit getan«, sagte der junge Herrscher einsichtig. »Ich kann mich wahrhaftig nicht beschweren. Bauzeit und Kosten?«
»Rund zehn Jahre Arbeit für die Steinmetze, vielleicht auch nur acht, wenn es keine unvorhergesehen Unterbrechungen gibt. Das Material liegt größtenteils herum«, lächelte Mortva. »Daher reduzieren sich die Kosten auf ein Minimum. Zweihunderttausend Waslec.«
»Einverstanden«, gab Lodrik ohne ein Zögern sein Einverständnis. Ein Punkt erregte seine Aufmerksamkeit. »Wer hat die Pläne eigentlich angefertigt? Sie sehen großartig aus. Und was ist das, im hinteren Teil, wo sich einst das Ulldraelstandbild befand?«
»Ihr habt sehr gute Ingenieure, Hoher Herr. Ich gab ihnen ein paar Anhaltspunkte, und sie legten los.« Der Konsultant tat zunächst so, als fände er auf dem Plan das nicht, was der Kabcar wissen wollte. »Ach, das. Nun, ich dachte mir, es sei eine gute Gelegenheit, diese alte Vertiefung im Boden wieder zur Geltung zu bringen.«
»Diese alte Vertiefung, Vetter, diente damals Sinured, um dem Gebrannten Gott Menschen zu opfern«, sagte der
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