Unter Den Augen Tzulans
Seine Miene verfinsterte sich. »Ihr erzählt zuerst.«
Gehorsam kam Matuc der Aufforderung nach. Fatja brachte den aufmüpfigen Lorin in seine Schlafkoje, der lieber noch ein wenig bei seinen Freuden geblieben wäre und gelauscht hätte, was dieser seltsame Glatzkopf berichtete. »Und bis heute haben wir nichts herausbekommen. Niemand scheint zu wissen, wo seine Mutter abgeblieben ist. Seit die Lijoki sie vermutlich mitnahmen, fehlt jede Spur von ihr«, endete er.
Waljakov schaute dorthin, wo das Kind verschwunden war. »Und das ist also das schreiende Bündel, das wir vor mehr als vier Jahren in einer Truhe über Bord der Grazie warfen.« Er blickte hinüber zu dem Mönch. »Als ich seine Augen sah, kam mir ein Verdacht. Aber nach so langer, erfolgloser Suche gab ich die Hoffnung fast auf. Er weiß nichts von seiner wahren Geschichte, wer seine Mutter und sein Vater sind?«
»Ich wollte damit warten, bis er groß ist«, erklärte der Ulldraelgläubige. »Er hat es so schon schwer genug in Bardhasdronda.«
»Was erwartest du von einem Dieb?«, lautete die geringschätzige Antwort.
»Wieso Dieb?« Matuc wirkte irritiert, dann verstand er. »Hat er schon wieder …«
»Zuckerhörnchen«, meinte der Leibwächter knapp. »Zwei Dutzend. Ich bekomme noch einige Münzen von dir.«
Der Mönch seufzte und zählte den verlangten Betrag aus seiner Börse. »Und nun erzähle, wie es dir ergangen ist.« Fatja erschien wieder, schenkte Tee aus und setzte sich dem Hünen gegenüber.
»Ich stürzte zusammen mit Rudgass ins Wasser, nachdem wir diese Furie mit den roten Augen unschädlich gemacht haben. Nach einer Weile verlor ich das Bewusstsein, erwachte an einem Strand und war umlagert von Kalisstri. Sie brachten mich in die Stadt Vekhlathi zu einem Cerêler, ein Palestaner übersetzte für mich. Ich habe wenig erzählt, die wahre Geschichte kennt niemand. Nachdem ich einigermaßen auf die Beine kam, begann ich nach euch zu suchen. Aber offensichtlich war ich in der falschen Richtung unterwegs. Ich schloss mich ein paar fahrenden Jägern an, verdiente somit meinen Unterhalt und leistete mir nach und nach meine Ausrüstung.« Der Kämpfer hob die neue mechanische Hand. »Die hier habe ich erst seit wenigen Wochen. Eine Meisterleistung. Besser als die alte.«
Matuc pochte auf sein künstliches Bein. »Da war ich besser dran als du. Echte Walknochen, geschnitzt von einem Freund.«
»Ich habe mit dem Verkauf von ein paar Fellen Geld gemacht und bin seit dem Frühjahr wieder auf der Suche nach euch gewesen.« Er nippte an seinem Tee. »Wenn ich gewusst hätte, wie nah ich euch am Anfang war.«
»Wir haben die Hoffnung auch nie aufgegeben«, sagte die Borasgotanerin. »Aber wir konnten nur immer wieder Händler befragen. Mit dem kleinen Bruder wollten wir nicht durch die Gegend ziehen, zumal wir hier ein gutes Haus haben.«
»Von was lebt ihr?«, erkundigte sich Waljakov.
»Ich bin eine sehr gute Geschichtenerzählerin«, erklärte Fatja. »Und das lassen sich die Kalisstri einige Münzen wert sein. Es reicht aus, um uns alle zu versorgen.«
Der Hüne musterte sie von oben bis unten. »Aus der kleinen Hexe ist eine richtige Frau geworden«, sagte der Leibwächter. »Aber der Mönch hier, der wurde nur alt und grau.«
»Das kommt von den vielen Sorgen«, beklagte sich der Geistliche. »Der Junge macht, was er will, nimmt keine Lehren an. Die Kalisstri lehnen mich und meinen Glauben ab, den ich so gerne in Kalisstron verkündet hätte. Aber ich verleugne Ulldrael den Gerechten nicht.« Er schaute ein bisschen vorwurfsvoll zu der Schicksalsleserin.
»Was erwartest du?«, verteidigte sie sich. »Mir ist Kalisstra näher. Wenn ich mich im Gegensatz du dir altem Sturkopf nicht zu der Bleichen Göttin bekennen würde, säßen wir schon lange vor den Stadttoren. Du weißt sehr genau, wie eigen die Menschen hier sind.« Matuc schwieg beleidigt. »Stell dir vor, er hat einen Krieg mit der Hohepriesterin angefangen. Er hat ihre Kette kaputt gemacht. Seitdem ist er bei den Bewohnern in Bardhasdronda unten durch. Was auch meinen kleinen Bruder nicht unbedingt beliebter macht. Der arme Junge weiß nicht einmal, zu wem er beten soll. Hier drinnen wohnt ein eifriger Ulldraelgläubiger, draußen erwarten die Kalisstri, dass man Opfergaben bringt.« Ihr Gesicht zeigte ihr Missfallen deutlich. »Wenn Kiurikka mitbekommt, dass du heimlich ein Ulldraelstandbild in unserer Hütte angefertigt hast, werden wir alles verlieren. Ganz zu schweigen
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