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Unter den Linden Nummer Eins

Unter den Linden Nummer Eins

Titel: Unter den Linden Nummer Eins Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Ebertowski
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Villa ertönte Applaus.
    »Goebbels spricht«, sagte die Küchenmamsell mit verklärter Stimme.
    Karl verkniff sich einen bissigen Kommentar über den Berliner Gauleiter und gab ihr sein leeres Glas. »Mehr vertrage ich nicht davon, sonst bekomme ich Bauchgrimmen.«
    Der Küchenmamsell entging die Doppeldeutigkeit. »Soll ich Ihnen einen Kräutertee machen?«
    »Nein, danke. Aber geben Sie dem Herrn da noch ein Bier. Ich vertrete mir mal kurz die Beine.«
    Auf dem Parkplatz begegnete Karl seinem alten Regimentskameraden, der gerade Udets Mercedes aus der Parklücke fuhr. »Hab mir schon fast gedacht, daß du nicht weit vom Schuß bist, wo Udet aufkreuzt. Wohin des Wegs ohne den Chef?«
    »Sieh an, der Karl! Du krauchst aber auch überall rum. – Wohin? Nach Tempelhof, Goebbels Maschine startklar machen, oder besser gesagt: Hitlers. Die fliegen gleich, wenn das hier vorbei ist, wieder zum Wahlkampf nach Süddeutschland. Hab dich drinnen übrigens gar nicht gesehen.«
    »Die Einladung erging an Führer der Wirtschaft, nicht an Fahrer für die Wirtschaft. – Außerdem bin ich mir sicher, daß die Herrschaften mich nicht lange da drinnen zulassen würden. Ich würde garantiert meine Klappe nicht halten können. Diese Bonzenfressen kotzen mich an.«
    »Ich liebe sie auch nicht sonderlich, das kannst du mir glauben. Aber nimm’s nicht so tragisch, Karl. Mach’s wie ich. Ich kümmere mich nicht um Politik. Gib mir einen Steuerknüppel zwischen die Pfoten, und laß mich mit dem restlichen Dreck zufrieden, dann bin ich der glücklichste Mensch.«
    »Gott schütze deine Naivität, lieber Hajo, aber vielleicht machst du es richtig.« Galgon winkte Karl zu und brauste davon.
    Karl setzte sich in den Wagen. Aus der Villa erschollen tosender Beifall und laute Heil-Rufe.

23.
    B ODENKAMPF MIT B ENNO UND AN DER B LAUEN L AGUNE
    Vera und Karl sahen sich, sooft es ihre Zeit erlaubte. Die Venduras hatten das Engagement im Oriental bekommen. Karl arrangierte sich mit seinen Kollegen und legte seinen freien Tag auf den Mittwoch, an dem der Nachtklub Ruhetag hatte. Mittwochs war bei Rahn kein reguläres Training, aber Karl und Benno hatten Schlüssel und trafen sich vormittags zum Üben. Benno hielt Karl weiterhin über Kassners Oriental -Besuche auf dem laufenden.
    »Er taucht mit eijenartijen jestalten uff, kann ick dir flüstern. Meestens sin’s Ausländer. Italiener und so. Janz jemischt. Mal schleppt er feine Pinkel an, die bloß so nach Penunzen stinken, mal sin’s ’n paar Visagen, denen ick keene zwee Meter übern Weg traun würde. Aber Kohle scheint er bis zum Abwinken zu haben. Oft is ooch dieser Naziheini dabei, dieser Doktor. Neulich haben sie in der Nische neben der Bar jesessen. Nur Kassner und der Kerl. Roswita hat sie bedient. Der Kassner hatte ein Köfferchen dabei, so eens wie für Akten. Die beeden haben uffjeregt miteinander jetuschelt, und als Rosi ihnen die Jetränke jebracht hat, hat Kassner sein Köfferchen janz schnell untern Tisch geschoben. Dabei is ihm wat rausjefallen. Rosi hat so jetan, als würde se nischt jesehn habn, hat se aber doch. Rat mal!«
    »Mach’s nicht so spannend, Benno. Schieß los!«
    »Losschießen, jenau det war’t! Dem Kerl is ’ne Knarre runter jepoltert. Er hat zwar noch schnell den Fuß druffjestellt, aber Rosi is ja nich blöd. Sie hat so jetan, als wäre nischt. Als sie jejangen sind, hat der Naziheini die Tasche jetragen. Ick schwör dir, Karl, so wie det halbe Handtuch an dem kleenen Köfferchen herumjeastet hat – der war randvoll mit Pusteröhrchen!«
    »Hat Rosi gehört, worüber sie geredet haben?«
    »Nee, die warn zu vorsichtich.«
    »Vera hat mir erzählt, rechts neben der Bühne wäre jetzt ein japanischer Paravent vor den Vorratsräumen. Kannst du es nicht einrichten, daß Kassner das nächste Mal da einen Tisch kriegt?«
    »Und ick hock ma hinter die nackichten Geishas und spiel den Lauscher?«
    »Unsinn. Rosi. Wenn ein Gast, sagen wir mal zum Beispiel, eine von den ganz teuren Zigarren will, muß sie doch hinter dem Paravent lang zur Lagerkammer, oder?«
    »Hm, läßt sich vermutlich deichseln«, sagte Benno. »Weeßte wat, Karl, langsam hab ick det Jefühl, daß de da besser bei uns auskennst als ick mir selbst.«
    »Bringt mein neuer Beruf mit sich«, sagte Karl. »Man muß halt überall seine Leute haben.«
    Benno grinste. »Du meenst doch nich etwa damit een junget Frollein in engsitzendem Glitzertrikot, dat dir zu Willen is?«
    Karl lachte und griff mit dem

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