Unter den Sternen von Rio
bisschen kenne ich mich also aus, was die weiblichen Bedürfnisse angeht.«
»Wie auch immer: danke«, presste Caro hervor. »Lies ruhig weiter deine Zeitung, ich mache mich jetzt ein wenig frisch.«
Grinsend ging António nach nebenan und schloss die Verbindungstür hinter sich.
Caro kroch unter der Decke hervor, schnappte sich alles Nötige und verschwand ins Bad. Es war sehr luxuriös, flauschige Badetücher und dicke Frotteemäntel lagen bereit. Bei den Dingen, die António ihr besorgt hatte, fand sie alles, was sie brauchte, sogar ein Fläschchen mit Badesalz war dabei. Sie ließ Wasser in die Wanne laufen und legte sich hinein. In dem heißen Wasser schienen alle Sorgen von ihr abzufließen, und so genoss sie ihr Bad ausgiebig, bis das Wasser merklich abkühlte. Der ganze Raum war von Dampfschwaden erfüllt, als sie aus der Wanne stieg. Dennoch erkannte Caro in dem großen beschlagenen Spiegel, dass sie ganz rot war von der Hitze. Sie schlüpfte in die Wäsche, die António ihr mitgebracht hatte. Sie passte perfekt. Dann streifte sie sich das Kleid über, und auch das saß wie angegossen. Bemerkenswert.
Als sie die Tür zum Schlafzimmer öffnete, schlug ihr kühlere Luft entgegen, die sie, erhitzt, wie sie war, als erfrischend empfand. Sie schaute noch einmal in den Spiegel, diesmal in den Wandspiegel im Schlafzimmer, und fand, dass sie António nun gegenübertreten konnte. Ihr Haar war noch feucht und straff nach hinten gekämmt, sie trug keinerlei Schminke oder Schmuck. Dennoch war sie mit ihrem Aussehen zufrieden. Der Schlaf hatte ihr gutgetan, und von dem langen Bad hatte sie rote Wangen und gut durchblutete, kirschrote Lippen. Sie sah jünger aus, als sie sich fühlte.
Sie ging in den Salon.
António ließ die Zeitung sinken und starrte sie an. »Du siehst hinreißend aus.«
»Danke.« Sie ging zu der Anrichte, nahm sich ein Glas und goss es mit Wasser aus einer bereitstehenden Karaffe voll. Sie trank es im Stehen aus und goss sich erneut ein. Dann ging sie zu der Sitzgruppe und nahm in einem Sessel Platz, der mit dem Sofa über Eck stand. »António, das geht so nicht weiter.«
»Was?«
»Wir führen uns auf wie ein altes Ehepaar. Ich halte meinen Mittagsschlaf, du kaufst intime Dinge für mich ein, wir sitzen hier barfuß, und du liest in halboffenem Hemd die Zeitung. Wie lange willst du diese Farce noch aufrechterhalten?«
»Du hältst es für eine Farce?«
»Für was denn sonst? Wir sind einander nur wenige Male begegnet. Ich stand noch heute Morgen im Begriff, einen anderen Mann zu heiraten. Wir können doch nicht so tun, als kennten wir uns ewig und seien, ich weiß nicht, langjährige Geliebte.«
»Nein? Ich liebe dich aber seit langen Jahren.«
Was? Hatte sie richtig gehört? Das alles konnte doch nicht wahr sein.
»Seit wir uns in Paris das erste Mal begegnet sind«, erklärte er überflüssigerweise.
Caro erhob sich wieder und schritt unruhig in dem Raum auf und ab. »Hör zu. Ich bin dir dankbar dafür, dass du mich heute von meiner eigenen Hochzeit entführt hast. Ich bin froh, dass wir hier sind und unsere Ruhe haben. Und ich genieße es, mit dir zusammen zu sein. Aber ich fürchte, ich muss mich der Realität stellen. Ich muss nach Hause. Sie sind bestimmt alle schon in heller Aufregung, weil ich verschwunden bin. Das kann ich nicht machen, António, mich hier verkriechen und mir einreden, alles sei in Ordnung. Nichts ist in Ordnung.« Bei den letzten Worten zitterte ihre Stimme bedenklich. »Weißt du, was das für einen Skandal geben wird? Die Hochzeit von Dona Vitórias Tochter ist geplatzt. Es wird die Klatschspalten auf Wochen füllen.« Nun traten Tränen in Caros Augen.
António stand auf und ging zu ihr. Er stellte sich ganz nah vor sie, dann legte er einen Finger unter ihr Kinn, um es mit sanftem Druck anzuheben und sie zu zwingen, ihm in die Augen zu sehen. »Denk doch mal an dich«, sagte er mit samtweicher Stimme. »Henrique wird sozial geächtet werden, wenn man ihm ein Verbrechen nachweisen kann. Dona Vitória wird die Schmach ertragen müssen, dass die glanzvolle Hochzeit, die sie ausgerichtet hat, geplatzt ist. Aber dir kann das alles doch wenig anhaben. Du hast dir nichts zuschulden kommen lassen. Die angereisten Gäste können dir doch in Wahrheit alle den Buckel herunterrutschen, und …«
»Das tun sie aber nicht. Wenn ich mir nur vorstelle, wie meine arme Großmutter sich grämen muss.«
»Ach was, ich habe sie in der Kirche gesehen. Sie wird
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