Unter deutschen Betten
Stunden lang Fotos am See, am Schloss, im Park, auf der Wiese, vor dem Rathaus. Insgesamt bekamen wir 60 professionelle Fotos. Inklusive Album kostete uns das 450 Euro. In Deutschland hatten wir uns ein Angebot für die standesamtliche Hochzeit eingeholt:
6 Fotos für 600 Euro.
Die Wahl fiel uns nicht schwer.
Um 17 Uhr begann die große Party.
Mit dem Mittagsessen.
In Polen isst man sehr spät zu Mittag, wenn man weiß, dass der Abend lang wird.
Unser Restaurant hieß »Toscana« und sah aus wie ein italienischer Palast. An den Wänden Landschaftsmalereien und überall Steinvasen mit Pflanzen. Der Gastraum war neu renoviert, und die Farben strahlten in voller Leuchtkraft.
Für die Feier hatten wir eine Band organisiert: eine Sängerin, Klavier und Gitarre. Sie spielten den ganzen Abend polnische Schlager, und die Stimmung war großartig. Auf den mit Silberbesteck eingedeckten Tischen standen pinke Rosen auf weißen Tischdecken.
So hatte ich es mir immer gewünscht.
Das Essen wird bei uns nicht als Menü oder in Buffetform serviert, sondern auf großen Platten direkt auf die Tische gestellt.
Sie werden so lange nachgefüllt, bis der Letzte gegangen ist.
Es gibt immer alles: Rindfleisch, Schweinefleisch, Hähnchen, Fisch, Klöße, Reis, Kroketten, Kartoffeln, Nudeln, verschiedenste Gemüse, Salate, Soßen, Brot – und Wodka.
Man rechnet einen Liter pro Gast.
Bevor die Platten kommen, wird eine traditionelle Hochzeitssuppe serviert, die ähnlich ist wie eine deutsche Nudelsuppe mit Fleischeinlage.
Die Party beginnt vor dem Restaurant. Dort versammeln sich erst einmal alle Gäste mit dem Brautpaar, denn das muss den Saal »öffnen«.
Der Mann trägt die Braut über die Schwelle, die Hochzeitsgesellschaft folgt, die Band beginnt zu spielen.
Alle Gäste stellen sich im Kreis auf, und jeder bekommt ein Glas Sekt. Dann singen alle dem Brautpaar ein Ständchen, und jeder stößt mit ihnen an.
Danach setzen sich alle, und das Essen wird eröffnet.
Wenn der erste Hunger gestillt ist, kommt der Hochzeitstanz.
Ich weiß nicht, ob es an der Aufregung oder am Essen lag, aber mir war plötzlich ganz schlecht. Auch mein Mann schwitzte wie ein Stier, als wir uns auf die Tanzfläche begaben.
Mit vollem Magen tanzen.
Und alle schauten zu.
Furchtbar.
Die Band hob an.
Die ersten Walzertakte ließen wir verstreichen.
Erst einmal die Musik spüren.
Das hatten wir gelernt.
Wir standen uns gegenüber und versuchten, in den Augen des anderen Beruhigung zu finden.
Plötzlich atmete mein Mann tief ein, hob seine Arme auf Schulterhöhe, spannte den Rücken und hob den Blick. Ich legte meine Hand in seine, bog den Oberkörper leicht nach hinten und ließ mich in die Musik fallen.
Ein Raunen ging durch den Saal.
Wir sahen gut aus.
In regelmäßigen Kreisen umwirbelten wir die Tanzfläche und wurden immer gelöster. Im Gesicht meines Mannes konnte ich ein triumphierendes Lächeln erkennen.
Es war wie im Traum.
Nach einigen Minuten kamen weitere Paare auf die Tanzfläche und schlossen sich uns an, bis schließlich alle Gäste im Takt der Musik wiegend mitschwangen.
Unser Hochzeitswalzer war ein voller Erfolg.
Nach dem Tanz kamen wir an frisch eingedeckte Tische zurück, auf denen diesmal kalte Speisen standen: Fisch in Aspik, Salate, Brot, Käse, Wurst, Schinken.
Die wurden später wieder abgelöst von Kaffee, Tee und Kuchen.
Das Essen nahm kein Ende.
Der Wodka floss in Strömen.
Ich bin kein besonderer Wodka-Fan, aber heute kam ich nicht umhin, ihn reichlich zu trinken.
Denn jedes Mal, wenn ein Gast das Glas auf das Brautpaar erhebt, muss dieses ihm zuprosten, mittrinken und sich anschließend küssen.
Manche Gäste machen sich einen Spaß daraus, diese Sitte bis zum Exzess zu strapazieren: »Wenn die so weitermachen«, raunte ich meinem Mann zu, »ist mein ganzes Make-up verschwunden. Aber das macht nichts, ich liege sowieso gleich unterm Tisch …«
Um Mitternacht kommen die Spiele. Unter anderem wird bei uns in Polen der Schleier geworfen. Dazu stellen sich die unverheirateten Frauen in einem Halbkreis auf, und die Braut wirft ihren Schleier blind in die Menge. Wer ihn fängt, wird – wie beim Brautstraußwerfen – als Nächstes heiraten.
Meine Schwester fing den Schleier.
Danach wirft der Bräutigam seine Krawatte für die Männer. Praktischerweise fing die der Freund meiner Schwester.
So gab es keine Probleme.
Nach diesem Prognose-Werfen tun
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