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Unter deutschen Betten

Unter deutschen Betten

Titel: Unter deutschen Betten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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Bin ich der Patient oder Sie?
Sie: Entschuldigung.
Er: Was gibt’s?
Sie: Ich habe am Backenzahn unten links starke Zahnschmerzen. Ich glaube, es ist die Füllung.
Er: Sie müssen besser putzen.
Sie: …???
Er: Meine Sprechstundenhilfe gibt Ihnen ein paar Schmerztabletten und eine Zahnbürste. Einen schönen Tag noch.
    Da stand er schon an der Tür und streckte meiner Schwester die Hand zur Verabschiedung hin.
    Es geht doch nichts über eine eingehende Untersuchung und eine genaue Diagnose.
    Seitdem putzt meine Schwester unglaublich oft ihre Zähne mit der Gratisbürste vom Doc. Und es tut ihr richtig gut. Die Zahnschmerzen sind wie weggeblasen.
     
    Ob das allerdings am magischen Putzgerät liegt oder an den neuen Füllungen, die ihr ein anderer Zahnarzt dann eingesetzt hat, lässt sich nicht eindeutig entscheiden …
     
    Pingeliger als bei der Diagnose ist der Herr Doktor aber zu Hause.
    Seine Schließanlage ist ein wahres Wunderwerk: Sie lässt sich auch als Stechuhr verwenden. Es wird nämlich genau dokumentiert, um welche Uhrzeit ich auf- und abschließe.
    Ich muss sie benutzen, damit er genau kontrollieren kann, wann ich komme und wann ich gehe.
    Damit ich ihn nicht betrüge.
     
    So hat man schon für ein paar Euro genaue Kontrolle über die Putzfrau.
    Und damit das auch was bringt, hat er mir am ersten Arbeitstag genau erklärt, wie er nach jedem meiner Arbeitseinsätze die Zeiten abliest und mit denen vergleicht, die ich aufgeschrieben habe.
»Damit Sie nicht auf dumme Gedanken kommen. Höhöhöh!«
    Auch »höhöhöh«, Herr Doktor.
     
    Während eines Putzeinsatzes beim Herrn Doktor ließ ich in einem unbedachten Moment ein Glas fallen. Es war kein wertvolles Glas. Nur ein altes Senfglas, das im Doktorenhaushalt als Trinkglas wiederverwendet wurde.
    Als es auf dem Küchenboden zerschepperte, sammelte ich die Scherben auf, wischte den Boden, saugte und warf die Überreste in den Müll.
    Ich schreibe bei solchen Missgeschicken normalerweise immer einen Zettel oder berichte gleich davon, aber in diesem Fall hatte ich es am Ende der Arbeit schlichtweg vergessen. Denn ich muss gestehen, ich hatte dem zerborstenen Senfglas keine Bedeutung zugemessen. Ein grober Fehler …
     
    Beim nächsten Mal stellte mich der Herr Doktor zur Rede:
Er: Justyna, warum haben Sie beim letzten Mal ein Glas in die Mülltonne geworfen?
Ich: Weil es dreckig war. Hahaha.
Er: Wie bitte?
Ich: Das war ein Witz. Es ist mir leider runtergefallen. Entschuldigung.
Er: Justyna! Wenn Ihnen etwas kaputtgeht, ist das kein Problem. Ich werde es Ihnen diesmal nicht vom Lohn abziehen. Aber sagen Sie es mir in Zukunft bitte sofort, damit ich ein neues Glas kaufen kann.
    Kaufen? Vom Lohn abziehen?
    Das war ein leeres Senfglas!
     
    Aber kein Problem.
    Beim nächsten Mal rufe ich sofort in der Praxis an. Oder ich lege die Scherben am besten auf die Arbeitsplatte – auf ein weißes Blatt. Damit man sie sofort sieht und keine Zeit verschwendet, Ersatz zu besorgen.
    Immerhin sind gute Gläser extrem knapp, und manchmal dauert es Wochen, bis man eines bekommt.
    Aber wer Geschmack hat …
     
    Apropos Geschmack. Der ist bei Herrn Doktor auch sonst ganz exquisit. Auf der Gästetoilette liegt ein Teppich aus Plastikgras, wie man ihn sonst nur auf Balkonen kennt.
    Über dem Waschtisch prangt ein Spiegel mit einem kleinen eingebauten Glasregal, auf dem kleine Glasvasen mit Hirtenmalerei stehen, wie man sie in Tunesien oder in der Türkei in Touristenfallen kaufen kann.
    Über dem Toilettenpapier liegt ein gehäkeltes Deckchen. Ein Tirolerhut ist zur Zierde auf dem Handtuchschränkchen plaziert.
    In jedem Zimmer liegen zwei, manchmal drei alte Perserteppiche.
     
    Der Mann ist 36 …

Zeit ist Geld
    A uch, wenn er ein wenig pedantisch war, konnte der Herr Doktor doch sehr nett sein. An Weihnachten fand ich einen kleinen Plastikweihnachtsbaum mit meinem Namen. Daran hatte er viele kleine Geldscheine mit Geschenkband befestigt, so dass dieser über und über damit bedeckt war. Ich fand das rührend.
    Zwar dachte ich erst, das sei mein Weihnachtsgeschenk und fand beim Zählen heraus, dass es »nur« mein Lohn war, der mir aber immerhin mit Achtsamkeit präsentiert wurde.
     
    Wie bei einigen anderen Kunden auch, ist das Geld für Herrn Doktor ein heikles Thema.
    Letzten Sommer flog ich mit meinem Mann nach Ägypten in den Urlaub. Zwei Wochen Hurghada. Meine Mutter war als Vertretung eingesetzt und vom Herrn Doktor abgesegnet worden. Wir machen es immer so,

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