Unter deutschen Betten
Schmuck.
Wir Polinnen würden so was höchstens am Strand anziehen.
Es sieht für uns zu einfach aus, zu wenig feierlich, nicht aufwendig genug. Immerhin geht es um eine (hoffentlich) einmalige Angelegenheit.
Normalerweise geht man das Hochzeitskleid mit Freundinnen oder der Mutter kaufen. Frauen unter sich.
Bei mir hingen dagegen mein völlig gelangweilter Vater und mein Zukünftiger vor der Umkleidekabine herum und wurden immer genervter, je öfter ich zum Umziehen verschwand.
Und das war nicht wirklich oft, denn schon das vierte Kleid war perfekt: Reich verziert, aber nicht kitschig. Korsett mit Glasperlen und Glockenrock.
Ich fand, ich sah schon auf dem Standesamt aus wie eine Prinzessin.
Dass ich keine war, wurde mir jedoch schlagartig bewusst, als mein Handy den Eingang einer SMS verzeichnete.
Ich hatte meine Kunden frühzeitig davon unterrichtet, dass ich an jenem Mittwoch leider nicht zum Putzen kommen konnte.
Weil ich eine Familienfeier besuchen müsse.
Kurz vor der Trauung erhielt ich von einem besorgten Kunden folgende SMS:
Hallo, kommen Sie heute? Wenn ja, bitte alle Mülleimer rausbringen!
Ein schöner Hochzeitsgruß …
Und so aufmerksam …
Aber es war trotzdem ein schöner Tag.
Einen Monat später machten wir uns wieder auf den Weg nach Polen, diesmal zur Hochzeitsparty.
Die kirchliche Trauung schenkten wir uns.
Der Grund ist mir fast ein bisschen peinlich.
Es mag abergläubisch klingen, aber ich finde, eine kirchliche Hochzeit geht nur einmal im Leben. Eine Chance.
Und die wollte ich noch nicht aufbrauchen.
Wer weiß, was noch passiert. Nicht, dass ich mir nicht sicher wäre, dass ich meinen Mann liebe und wir zusammengehören. Aber kirchlich zu heiraten ist für mich, als wäre Hungersnot und ich hätte nur noch ein Stück Brot. Das hebe ich mir lieber für später auf.
Und ich kann ja meinen Mann auch noch mit 60 kirchlich heiraten.
Ein bisschen gaga, ich weiß …
Aber ich kann es nicht ändern.
Eines Freitags im Juni fuhren wir also los, acht Tage vor der Party. Unser kleiner Flitzer war so vollgepackt, dass wir im Rückspiegel nichts mehr sehen konnten. Schon im März hatten wir alles geplant, gebucht und reserviert: das Restaurant, das Essen, die Musik, Dekoration und Blumenschmuck.
Einen Tanzkurs hatten wir auch schon angefangen.
Heimlich.
Denn meine Familie hatte sich über das nicht existente Tanztalent meines Freundes lustig gemacht. Vor allem meine Mutter. Auf der Hochzeit wollte er es allen zeigen. Nur musste es natürlich so aussehen, als könne er plötzlich und ohne große Anstrengung total gut tanzen … Männer.
Zweimal die Woche arbeiteten wir hart am Walzer, ohne dass jemand davon wusste.
Und wir wurden richtig gut.
Nach zehn Tanzstunden in Deutschland nahmen wir uns in der Woche vor der Party noch einen polnischen Tanzlehrer, der uns den letzten Schliff verpasste.
Ein Staatsakt wäre weniger aufwendig gewesen.
Bevor wir unseren Starauftritt hatten, mussten wir aber noch den Polterabend hinter uns bringen. Wie in Deutschland ist es auch in Polen üblich, am Vorabend der Hochzeit zum Brautpaar zu gehen und Scherben zu produzieren.
Allerdings benutzen wir dazu kein Porzellan, sondern leere Glasflaschen.
Die Botschaft dahinter ist klar:
Gebt uns was zu trinken!
Ab 18 Uhr steht das Brautpaar also vor dem Haus und schenkt Wodka aus.
Natürlich gibt es auch alkoholfreie Getränke, Cola, Fanta und Tonic. Zu essen gibt es den traditionellen frischen Streuselkuchen. Unserer war noch herrlich warm.
Daneben sind Tische mit kalten Platten aufgebaut: Schinken, Wurst, Käse, Oliven, Tomaten, Brot. Das isst man in der Hand, trinkt Wodka, steht vor dem Haus und feiert.
Der polnische Polterabend ist hauptsächlich ein Fest für den weiteren Freundes- und Bekanntenkreis. Oft kommen auch völlig Fremde, die mitbekommen, dass es Essen und Trinken umsonst gibt.
Angehörige des engsten Familienkreises kommen meistens nicht, weil sie Angst haben, beim Hauptfest am nächsten Tag noch erschöpft zu sein und nicht mehr voll mitfeiern zu können.
Da lässt man das Vorfest, den Polterabend also, lieber aus.
Wir Polen sind pragmatisch.
Gegen Mitternacht waren die letzten Gäste fort. Wir räumten noch kurz auf und legten uns dann schleunigst ins Bett, denn am nächsten Tag mussten wir mittags gut aussehen.
Für die Hochzeitsfotos.
Eine polnische Hochzeit
U nser Fotograf scheuchte uns durch den ganzen Ort. Wir machten drei
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