Unter die Haut: Ein romantischer SM-Roman (German Edition)
bemerkt es als Erster, sein entsetzter Schrei „Weg vom Seil!“ schallt über die Küstenlinie, mit einem gewaltigen Hechtsprung wirft er sich seitlich in die Böschung. Alle tun es ihm nach. Juliette bekommt gerade noch Michel zu fassen, der den Ernst der Lage nicht sofort richtig einschätzt. Sie hält seinen Arm und reißt ihn mit sich zur Seite, wirft sich schützend auf das Kind.
Der dunkle Schatten schießt in rasender Geschwindigkeit dicht an ihnen vorbei, schlägt noch einmal im Sturzflug auf dem steinigen Lehm auf und kommt mit einem ohrenbetäubenden Krachen auf dem überfluteten Strand zur Ruhe.
Juliette hält den überwältigt schluchzenden Jungen im Arm, tröstet ihn, flüstert: „Alles gut, Michel, es ist vorbei.“
Hinrich kriecht mit Georg und Robert dichter heran. Alle drei Männer haben blutende Verletzungen an den Armen und im Gesicht.
Fernando steht oben im Hang und sieht fassungslos zu seinem wellenumspülten Auto hinunter.
Keiner sagt ein Wort, bis sie alle die Steilküste erklommen haben.
„ Ich hatte die Handbremse angezogen und den Gang eingelegt, Freunde, seht mich nicht so an“, ergreift der Argentinier das Wort. „Hätte ich das nicht getan, hätten wir die Kiste schon beim Abstieg ins Genick bekommen!“
„ War das Auto abgeschlossen?“, möchte Robert wissen.
„ Nein, wozu soll ich an dieser einsamen Stelle meines eigenen Grundes mein Auto abschließen?“
„ Und du bist sicher, dass der Gang vollständig eingelegt war, nicht womöglich herausgesprungen sein kann, die Handbremse bis zum letzten Raster hochgezogen war?“
„ Ja, Robert, ich bin mir sicher, obwohl das vermutlich nicht beweisbar ist. Was für mich als einzige Erklärung in Frage kommt, ist, dass wir sabotiert worden sind. Vielleicht war das Päckchen gestern durchaus kein alberner Streich, sondern nur der Auftakt zu einer noch unsichtbaren Bedrohung, die auf uns zukommt.“
Georg wischt sich mit dem Hemdärmel das Blut aus der Augenbraue und wendet sich an die Freunde, die dicht im Kreise stehen, wie um Unheil aus dem Rund zu bannen: „Wenn uns irgendjemand Böses will, ist er uns nah, ganz nah in diesem Moment. Dann werden wir beobachtet. Was mir nicht ganz klar ist: Ich habe nicht die geringste Ahnung, was wir verbrochen haben könnten, das jemanden auf die Idee bringt, uns alle mit einem derartigen Anschlag in Lebensgefahr zu bringen. Ich für meinen Teil habe ein reines Gewissen, Vater und Mutter erschlagen habe ich nicht, die erfreuen sich bester Gesundheit, geklaut, gemordet oder vergewaltigt habe ich auch nicht, keinen in den Ruin getrieben. Ich gehe davon aus, dass das auf uns alle zutrifft, insbesondere Michel ist die Unschuld in Person. Aber wenn der Täter noch alle Tassen im Schrank hat, muss er ja ein Motiv haben, das uns alle eint, falls er uns alle miteinander umbringen möchte. Das gälte es herauszufinden!“
Alle nicken zustimmend.
„ Mist“, flucht Hinrich plötzlich, „mein Handy ist hin, das hat den Sturz nicht überlebt! Und so was nennt sich dann 'Outdoor-Modell', nicht zu fassen. Ich hätte ja gern Bärbel alarmiert, dass sie uns holen soll, nun müssen wir zu Fuß nach Hause.“
„ Soll ich vorlaufen und Mama Bescheid sagen?“, fragt Michel, der sich längst beruhigt hat.
„ Oh nein, mein Sohn, du bleibst schön bei uns, irgendwo läuft hier jemand herum, der uns etwas tun will! Lasst uns losmarschieren, das Auto ziehen wir später mit dem Schlepper herauf.“
Juliette bemerkt erst beim Gehen, dass sie sich bei ihrem Sturz und der hektischen Aktion, Michel aus der Gefahrenzone zu ziehen, am Knie verletzt hat. Viel Aufhebens will sie allerdings nicht machen und bemüht sich, mit den anderen Schritt zu halten.
Zwischendurch bleibt sie kurz stehen. Georg sieht sie besorgt an.
„ Mein Knie! Ist scheinbar doch was passiert. Ich habe das noch gar nicht richtig gemerkt. Muss wohl eine Menge Adrenalin im Kreislauf sein“, erklärt sie.
„ Liebe Güte, deine Hose ist ja voller Blut!“ Georg ist entsetzt und zwingt sie, sich auf einen umgestürzten Baum am Wegesrand zu setzen. Unter dem aufgerissenen Stoff zeigt sich eine ausgedehnte, noch immer blutende Wunde.
„ Das bedarf ärztlicher Versorgung, Juliette, das muss geklammert werden. Röntgen wird nötig sein, um zu sehen, ob deine Kniescheibe etwas abgekriegt hat. Und völlig verdreckt ist die Wunde auch noch.“
Die Männer stehen alle mit so bedenklichen Gesichtern über sie gebeugt, dass Juliette lachen muss.
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