Unter feindlicher Flagge

entfernt fuhr. Wenn er je nach England zurückkehrte, mit den Meuterern in Eisen und der Themis im Schlepptau, dann bestand vielleicht noch eine geringe Möglichkeit, seine Karriere zu retten. Sein Blick wanderte an der französischen Uniform hinab. Wenn Philip Stephens ihn jetzt sehen könnte! So viel zu dem Plan, als Harts Aufpasser zu fungieren.
    »Dieses Schiff fliegt ja fast, Sir«, sagte Wickham erfreut. Er stand auf der Reling und hielt sich an den Wanten fest.
    »Mr Wickham«, mahnte Hayden, »nichts gegen Ihre Begeisterung, aber wenn Sie jetzt ins Meer fallen, ist das französische Signalbuch verloren. Also, wenn ich bitten darf, Sir ...«
    Wickham sprang von der Reling und landete mit dumpfem Aufprall auf den Planken.
    »Ist es nicht eigenartig, Sir, dass wir ausliefen, um die Franzosen zu bekämpfen, und uns jetzt auf einem französischen Schiff befinden, gekleidet wie französische Offiziere, die im Begriff sind, Engländer anzugreifen?«
    »Absolut eigenartig. Mr Dryden?«, rief er dem Mann am Steuerrad zu. »Wie geht es Ihnen?«
    »Es geht, Kapitän«, antwortete er. Dryden war einer der Wenigen, denen die Anrede »Kapitän« leicht über die Lippen kam.
    »Kapitän Bournes Kanoniere schießen das Rigg der Themis so schnell in Fetzen, dass die Männer drüben mit dem Ausbessern kaum nachkommen. Das bedeutet, dass wir weiter aufholen. Ich möchte, dass Sie auf das Heck der Themis zusteuern, aber halten Sie sich bereit, anzuluven, wenn die anderen es auch tun. Am Heck vorbei und dann längsseits gehen, Mr Dryden.«
    Der Maat des Masters wandte für einen Moment den Blick von der Themis und schaute Hayden ein wenig verdutzt an. »Und das unter vollen Segeln, Sir?«, fragte er skeptisch.
    »Aye, wir machen nicht mehr als vier Knoten. Wir werden in das Feuer ihrer Heckgeschütze geraten, aber das müssen wir in Kauf nehmen. Sobald wir längsseits kommen, werden beide Schiffe Breitseiten abfeuern, doch dann sind Entermesser und Pistolen gefragt. Dennoch ist es möglich, dass wir sie noch zur Kapitulation überreden können, es sei denn, sie erkennen, dass wir hoffnungslos unterbesetzt und keine Franzosen sind. Aber deshalb ändern wir nicht unsere Taktik. Wir bringen unser Schiff längsseits, ist das klar?«
    »Aye, Sir.«
    Hayden stand neben Landry und Wickham auf dem Quarterdeck und verfolgte gespannt, wie sich die Schiffe auf der weiten, nebligen See näher kamen. Der achterliche Wind ließ etwas nach und machte die Schiffe noch langsamer. Hayden ordnete an, dass die Besatzung etwas essen solle, eine Geschützbedienung nach der anderen. Danach die Männer an Deck, in kleinen Gruppen. Er selbst, Landry und Wickham ließen sich Teller an Deck bringen und aßen im Freien, wobei sie in all der Anspannung kaum registrierten, was sie da zu sich nahmen.
    Die Sonne stieg höher, aber der kalte Nebel widersetzte sich der Wärme noch und schwebte in silbrig schillernden Schwaden über dem Wasser. Als sie sich der Themis näherten, richteten die Heckgeschütze der Meuterer größeren Schaden an. Die Männer an Deck und in den Wanten wurden zusehends unruhiger.
    Tristram Stock erschien auf dem Quarterdeck, nachdem er in schnellem Tempo über die Gangway gelaufen war. »Kapitän Hayden, der Geschützführer vorn bittet um Erlaubnis, auf die Heckgeschütze der Themis feuern zu dürfen.«
    »Ein gutes Vorhaben, zumal er einige Erfolge vorzuweisen hat. Geben Sie ihm die Erlaubnis, Mr Stock, aber sagen Sie ihm auch, dass ich ihm leider nicht noch eine halbe Krone zahlen kann, wenn er trifft.«
    Stock lächelte. »Er hat schon jedem von seinem Halben-Kronen-Schuss erzählt und scheint mächtig stolz drauf zu sein.«
    »Das will ich glauben, aber ich kann nicht jedem Geschützführer eine halbe Krone für einen guten Treffer zahlen.«
    »Keine Sorge, Sir, die Männer haben ihr Prisengeld und sind damit sehr zufrieden.« Stock salutierte und eilte wieder zum Vorderdeck.
    Das Buggeschütz begann nun mit einer gnadenlosen Kanonade des Hecks der Themis, wobei Bournes Geschützbedienung ihre Schnelligkeit und Treffsicherheit unter Beweis stellte. Schon bald war die Heckgalerie der Meuterer vollkommen zertrümmert, das Quarterdeck ein lebensgefährlicher Ort. Allerdings wurde es in den Rauchschwaden immer schwieriger, den Überblick zu behalten, doch schließlich verstummten die Kanonen an Bord der Themis. Die Männer der Dragoon jubelten.
    Mit ernster Miene reichte der junge Perse seinem Herrn die Pistolen und das lange